An diesem Dienstag feiert Eva Wagner-Pasquier ihren 70. Geburtstag Knapp neben dem Rampenlicht

Von Florian Zinnecker
Letzter Schlussvorhang nach dem "Tannhäuser" bei den Richard-Wagner-Festspiele in Bayreuth 2014: Eva Wagner-Pasquier (links) mit der Sängerin Katja Stuber. Foto: Peter Kolb Foto: red

Sie scheue das Rampenlicht, heißt es in fast allen Porträts, die zu Eva Wagner-Pasquiers Geburtstag erscheinen. Ganz so, als wäre der natürliche Lebensraum einer Intendantin eigentlich die Bühne – und nicht der Ort, an dem Eva Wagner-Pasquier für gewöhnlich anzutreffen ist: direkt daneben. An diesem Dienstag wird sie 70.

 
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Eva Wagner-Pasquier scheut das Rampenlicht nicht. Sie misstraut der Öffentlichkeit. Und wer sie auch nur ein bisschen kennt, der merkt schnell: Sie hat allen Grund dazu.

Da ist zum Beispiel die Geschichte mit dem Rücktritt. Im Spätherbst 2013 wurde Eva Wagner-Pasquier ins Kunstministerium nach München gebeten. Zu Toni Schmid, Ministerialdirigent – und zwar nicht Eva Wagner-Pasquiers Vorgesetzter, aber der Vorsitzende des Gremiums, das in Bayreuth seit neuestem die Festspielleiter einstellt. Schmid erklärte ihr, dass ihr Vertrag als Festspielleiterin nach der Saison 2015 enden werde. Danach werde ihre Schwester Katharina allein weitermachen. Eva bat darum, wenigstens als Beraterin eingebunden zu bleiben – sie ist seit 2008 zuständig für die Besetzungen, das Versprechen ihrer Expertise war ihr schon 2008 vorausgeeilt. Durch Kurier-Recherchen wurde der Vorgang öffentlich, Eva Wagner-Pasquier bestätigte das alles mit dem Satz: „Ich habe die Gesellschafter gebeten, mich künftig als Beraterin einzubinden.“ Mehr sagte sie nicht, und so verbreitete sich in den überregionalen Feuilletons alsbald die Geschichte, Eva Wagner-Pasquier habe freiwillig verzichtet – sie wolle nicht mehr. Und nicht die Wahrheit, dass Eva gerade zum zweiten Mal in ihrem Leben vom Grünen Hügel vertrieben wird.

Die Geschichte mit dem Rücktritt

Heute, zu ihrem 70. Geburtstag, wird die Geschichte mit dem Rücktritt wieder erzählt. „Die Eva hat im Laufe ihrer Biografie ja wirklich schlechte Erfahrungen gemacht. Sie ist eine ganz wunderbare Frau, hat sehr viel Herzenswärme“, wenn die durch das Haus geht, merkt man auch: Die geht mit den Leuten super um“ – das hatte Schmid ein halbes Jahr vorher noch über sie gesagt. Hohen Beamten, so ist zu hören, misstraut Eva seit ihrem Termin in München auch. „Noch bin ich da“, sagt sie nur, wenn sie sich äußern muss, wütend darüber, dass alle schon so tun, als wäre sie es nicht mehr. Über Dinge, die in der Zukunft liegen, äußert sich Eva Wagner-Pasquier aber eigentlich grundsätzlich nicht.

Ihre Expertise in der Branche, die heute „Kulturmanagement“ heißt, erwarb sie sich vor allem an der Seite ihres Vaters Wolfgang Wagner. Sie gilt als die Entdeckerin des Startenors Peter Hofmann, war verantwortlich für die Besetzung des Chéreau-„Rings“. Dann trennte sich ihr Vater von ihrer Mutter Ellen Drexel, heiratete seine Sekretärin Gudrun Mack – und Eva fand eines Morgens, kurz vor Beginn der Festspiele 1976, ihre persönlichen Gegenstände in einem Wäschekorb vor ihrer verschlossenen Bürotür. Gekündigt wurde ihr per Brief. Zwei Jahre später wurde Katharina geboren. „Ich erinnere mich, dass einmal das Telefon klingelte und sie unseren Vater sprechen wollte“, sagte Katharina in einem Interview. „Über meine Schwester wurde nie viel geredet, vor allem wegen meiner Mutter. Mein Vater hatte kaum Kontakt zu ihr, und ich leider gar nicht. Es hieß immer, wenn ich groß bin, könne ich mir ein eigenes Bild von ihr machen.“ In den Jahren, die Eva nicht in Bayreuth verbrachte, arbeitete sie für Leo Kirchs Firma Unitel, bereitete mit Daniel Barenboim die Eröffnung der Bastille-Oper in Paris vor und leitete das Festival in Aix.

Ein zweites Mal gewählt

Im Sommer 2001 wählte die Richard-Wagner-Stiftung Eva zur Nachfolgerin ihres Vaters, aber gegen dessen Willen und damit folgenlos. Im Sommer 2008, nach dem Tod Gudrun Wagners, wählte sie der Stiftungsrat ein zweites Mal, diesmal zusammen mit ihrer Schwester Katharina. Seitdem leiten beide gemeinsam die Festspiele.

Wie lange sie als Beraterin der Festspielleitung eingebunden bleiben wird, ist offen. Klar ist, dass sie die Festspielleitung aber nicht tatsächlich beraten wird – um Besetzungsfragen kümmert sich bereits jetzt vor allem Christian Thielemann. Bei der Versammlung der „Gesellschaft der Freunde“ im vergangenen Jahr hatte Thielemann bereits angekündigt, Bayreuth müsse sängerisch endlich wieder an die Spitze. Für Eva „müsse man noch eine Aufgabe finden“, sagte damals der Vorsitzende der „Freunde“, Georg von Waldenfels. Die ist nun gefunden: Eva soll bei den Wagner-Verbänden, denen der Verwaltungsrat 2012 die Kartenkontingente strich, die Wogen glätten – und also das Abo-Publikum der Festspiele zurückgewinnen. Sie hat damit schon begonnen. Es läuft gut, wie man hört.

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