Klinikum: Ein Neubau auf Raten

Von Frank Schmälzle
 Foto: red

Für Joachim Haun ist klar: Eine schrittweise Erneuerung des Klinikums am jetzigen Standort ist der richtige Weg, sagt der Geschäftsführer des Bayreuther Krankenhauses im Stadtrat. Weil so gut wie alle Argumente dafür sprechen. Stadträte der CSU und der Unahhänigen bleiben dabei: Sie wollen ein Gutachten, das klären soll, ob ein Neubau nicht doch der bessere Weg ist.

 
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Im öffentlichen Teil der Stadtratssitzung stellt Haun vor, was er zu dem Antrag der CSU, einen kompletten Neubau erneut zu prüfen, zu sagen hat. Eines vorab: Haun spricht nicht von einer Sanierung des Klinikums. Das klingt nach Dreck und Lärm, möglicherweise nach Hygieneproblemen und Umsatzeinbußen während der Umbauzeit. Haun sagt: Was in den nächsten vier bis sechs Jahren am Klinikum geschehen soll ist ein „abschnittsweiser Neubau“. Ein Teil wird neu gebaut, danach verschwindet ein alter. Das sind seine Argumente für diese Lösung.

Der Standort: Wer neu bauen will, muss einen Standort finden und ein Gelände kaufen. Das kostet Geld

Der Abriss: Das Klinikum hat in den vergangenen Jahren eine neue Notaufnahme und neue Intensivstationen bekommen. Für Haun nur zwei Beispiele, die Investitionen der jüngeren Vergangenheit summieren sich seinen Worten nach auf über 30 Millionen Euro. Bezahlt zu einem beträchtlichen Teil aus Fördermitteln des Freistaates Bayern. Zudem werde das Klinikum auf 50 Jahre abgeschrieben, es ist aber erst 30 Jahre alt. „Wer das jetzt plattmachen will, muss damit rechnen massiv Fördergelder zurückzahlen zu müssen.“ Und dann wäre noch kein Neubau bezahlt.

Die Kosten: Die Bau- und Entstehungskosten von Gebäuden unterscheiden sich bei einem schrittweisen oder kompletten Neubau kaum, sagt Haun. Der Unterschied liegt in der Förderung. Eine neue Apotheke, eine neue Küche oder eine neue Verwaltung – dafür würde der Freistaat keine Unterstützung leisten. Und: Der von der CSU angeführte Vergleich mit der Klinik in Villingen-Schwenningen, die für 250 Millionen Euro komplett neu entstanden sein soll, hinkt. Weil die tatsächlichen Kosten im Jahr 2012 laut Haun bei 263 Millionen Euro lagen. Rechnet man die Baukostensteigerung hinzu, käme heute eine Summe von 282 Millionen Euro heraus. Und: In Villingen-Schwenningen hätten das Krankenhaus, eine Bank und die Gesellschafter 61 Prozent der Kosten aufgebracht. Die Förderquote lag seinen Worten bei 39 Prozent. Für das Klinikum Bayreuth strebe er bis zu 80 Prozent an. Eine Finanzierung, wie sie in Villingen-Schwenningen stattgefunden habe, könne er sich für Bayreuth nicht vorstellen. Das Bayerische Gesundheitsministerium habe keinen Zweifel daran gelassen, dass es eine schrittweise Erneuerung einem Neubau vorziehe.

Der Nutzen: „Wir haben mit Ärzten und Mitarbeitern gesprochen“, sagt Haun. Und die ursprünglichen Planungen verändert. So werden die Kinderklinik und die Geburtshilfe tatsächlich in einem neu zu bauenden Gebäude untergebracht sein. Der Operationstrakt wird an einem Ort in der Nähe der Intensivstationen entstehen, der Erweiterungsmöglichkeiten bietet. Und mit Aufstockungen sollen Pflegebereiche verändert werden. Am Ende würden drei der fünf Pflegebereiche übrig bleiben, die das Klinikum nutzen kann statt sie abzureißen. Zum Beispiel für Angehörigen-Zimmer. Haun: „Günstiger kommen wir nicht zu mehr Quadratmetern.“ Die überarbeiteten Plänen, die aus sieben Bauabschnitten vier gemacht haben, will Haun dem Gesundheitsministerium vorlegen. Mit der sinkenden Anzahl an Bauabschnitten habe sich das Volumen jedes einzelnen erhöht.

Der Umsatzrückgang: „In diesem Punkt haben wir Erfahrungen aus der Betriebsstätte Hohe Warte“, sagt der Klinikum-Geschäftsführer. Dieses Krankenhaus ist in den vergangenen Jahren fast vollständig saniert worden. Von Größenordnungen zwischen fünf und zehn Prozent Umsatzeinbußen, wie sie im CSU-Antrag genannt sind, könne er nicht berichten. „Unsere Chefärzte sagen, dass nicht einmal ein Prozent nachweisbar sei.“

Das Gutachten: „Man könnte ja sagen, ein externes Gutachten über einen schrittweisen oder kompletten Neubau würde nicht schaden“, sagt Haun. Aber es schade doch: Es koste Zeit und Geld. Voraussichtlich etwa 100 000 Euro. Im vergangenen Jahr hat das Klinikum bei einem Umsatz von 200 Millionen Euro knapp sieben Millionen Euro Verlust ausgewiesen. „Wir kämpfen in diesem Jahr um die schwarze Null.“

"Das Haus ist eine funktionale Katastrophe"

DU-Stadtrat und Arzt Wolfgang Gruber hat jahrelang im Klinikum gearbeitet. Er sagt: „Das Haus ist eine funktionale Katastrophe“ – eine Fehlplanung. Nicht umsonst hätten sich Chefärzte und Pflegekräfte bereits 2014 für einen Neubau stark gemacht. Auch Beratungsunternehmen hätten schon zu diesem Zeitpunkt einen Neubau bevorzugt. Dass Haun mit der Höhe der Förderung argumentiert, nennt Gruber „ein Angstargument“. Die Aufsichts- und Verbandsräte der Klinikum GmbH hätten den Informationsstand, dass es dem Ministerium eher egal sei, ob es einen schrittweisen oder einen kompletten Neubau fördere. „Am Ende müssen die wirtschaftlichen Zahlen stimmen.“ Gruber fordert einen konkreten und nachvollziehbaren Kostenvergleich.

Zustimmung bekommt Gruber von den CSU-Stadträten Prof. Werner Grüninger und Thomas Ebersberger. Grüninger sagt: „Ein stringenter Kostenvergleich liegt nicht vor.“ Und Ebersberger: „Es ist egal, ob das Projekt ein halbes Jahr früher oder später beginnt. Es geht um die beste Lösung.“

Der Leipziger Gutachter, den die CSU beauftragen will, sei bereits vor zwei Jahren in den Gremien des Klinikums gehört worden, sagt Oberbürgermeisterin Brigitte Merk-Erbe. Die Entscheidung der Gremien sei bekannt: Sie waren für einen schrittweisen Neubau.

Im nichtöffentlichen Teil der Sitzung diskutierten die Stadträte am Mittwochabend weiter.

 

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