Klinikum: 2022 erste OP in neuen Sälen

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Ein Datum steht fest: 2022 soll die erste OP in neuen Sälen stattfinden. Foto: Wittek/Archiv Foto: red

Seit Jahren stehen Millionen bereit für Umbau und Erweiterung des Klinikums Bayreuth. Jetzt nennt Klinik-Chef Joachim Haun erstmals ein Datum: Spätestens 2022 soll im neuen Trakt die erste Operation stattfinden. Damit geht ein zähes Ringen zuende. Das Ringen um Fachpersonal geht dagegen weiter. Es wird härter. Und trickreicher.

 
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42,87 Millionen Euro, so viel kann die Bayreuther Klinik beim Freistaat für den ersten Bauabschnitt abgreifen, um größer und moderner zu werden. Aber gebaut wird nicht. Noch nicht. Bereits vor sechs Jahren legte ein Planer ein erstes Konzept vor, wie das Haus aus- und umgebaut werden sollte. Geplant war ein abschnittsweiser Neubau, gegen den sich vor allem aus dem eigenen Haus Kritik richtete. Mitarbeiter warnten vor Staub, Lärm und Erschütterungen und kritisierten die  damals geplante Reihenfolge und Lage der Bauabschnittet, die Folge: Die Planungen wurden gestoppt, das Konzept „überarbeitet“, sagt Haun. Aber Stillstand? „Nein.“ Hätte man sich an die alten Pläne gehalten, sei auch nicht sicher, ob jetzt schon die Bagger rollten.

Hetze wäre auch nicht nötig, denn das Geld steht immer noch bereit. Und es werde sogar mehr, weil die Baukosten von Jahr zu Jahr teurer würden und der Fördergeber dies mit einem Index berücksichtige, sagt Frank Schmälzle, Sprecher des Klinikums.

Planung ist überarbeitet

„Die Planung ist jetzt überarbeitet“, sagt Schmälzle. Die Abfolge des Neubaues sei geändert. Kinderklinik und Geburtshilfe ist nicht mehr der erste Bauabschnitt, sondern neue Operationssäle. Bereits in dieser Woche träfen sich die Bauexperten, nächste Woche seien die künftigen Nutzer des ersten Bauabschnitts, unter ihnen Ärzte und Pfleger, an der Reihe. Ziel sei es, einen Raum- und Funktionsplan aufzustellen. Erst danach werden die genauen Pläne erstellt.

Fest steht allerdings. „2021/22 soll der erste Bauabschnitt fertiggestellt sein“, sagt Haun. Nach den OP-Sälen kommen die neuen Pflege- und Funktionsbereiche an die Reihe, die neu gebaut werden. Dieser Bauabschnitt soll 2022 beginnen.

Tricks im Kampf um Pflegekräfte

Vom Pflegenotstand bleibt auch das Klinikum Bayreuth nicht verschont. Damit Betten in Zukunft nicht leer bleiben müssen, greift Klinik-Chef Joachim Haun zu einem Trick: mehr einstellen als nötig. Das klappt aber nicht bei Fachärzten.

 „Die Zahl der budgetierten Stellen in der Pflege war noch nie so hoch wie heute“, sagt Joachim Haun.  Im Jahr 2013 sah das Budget für den Pflegedienst etwa 733 Vollzeitkräfte vor. Zum 31. Dezember 2016 waren  es genau 787,70. Damit hat das die Klinikum Bayreuth GmbH die Pflege um mehr als 50 Vollzeitkräfte aufgestockt.  „Diese Aufstockung liegt deutlich über der Ausweitung des Leistungsniveaus“, sagt Haun und meint: Die Zahl der der Pflege-Mitarbeiter stieg stärker als das, was zusätzlich auf die Pflege zukam. „Eine Entlastung“, sagt Haun, „die aber nur dann funktioniert, wenn die Stellen tatsächlich besetzt sind. Und wenn sich nicht durch Krankheit oder Urlaub die Personalsituation wieder zuspitzt.“ Der Redaktion des Kuriers liegen zwei Schreiben vor, in dem sich Mitarbeiter des Klinikums über die Arbeitsbelastung beschweren. Haun verweist darauf, dass bei vorübergehenden Engpässen „immer wieder von verschiedenen Bereichen Personal-Bedarf vorgetragen“ werde. Dem werde nachgegangen – und man steuere nach, wenn dauerhafter Personalmangel vorliege. Das sei aber nicht bei jeder solchen Meldung der Fall.

Extra-Geld für Extra-Leistung

Pflege ist schon jetzt deutschlandweit zur Mangelware geworden. Auch am Klinikum Bayreuth sinkt die Zahl der Bewerbungen von Jahr zu Jahr. Weil es zu wenige Pflegekräfte gibt, müssen Krankenhäuser phasenweise sogar Betten sperren. Auch das Bayreuther Haus.

Etwa die Station 18, die sogenannte operative Intensivstation. Deren 16 Betten waren im vergangenen Jahr nicht immer vollständig belegt. Weil zu wenig Personal da war. Nach Angaben der deutschen Krankenhaus-Gesellschaft fehlen deutschlandweit 1600 Pflegekräfte auf Intensiv-Stationen. Etwa zehn bis 15 sind es in Bayreuth. Wobei das Klinikum Glück im Unglück hatte, denn die Betten waren nicht notwendig. Alle Patienten konnten auf der Intensiv behandelt werden. Für Haun gilt das „Qualitäts-Versprechen“: „Wir wollen das Beste oder gar nichts.“ Oder anders: Lieber Betten sperren, als faule Kompromisse bei der Patientenversorgung eingehen.

Auf der Interdisziplinären 28 standen zuletzt zwölf Betten bereit, sie sollen jetzt auf 14 erweitert werden. Dafür werden gerade die personellen und organisatorischen Voraussetzungen geschaffen. Haun sagt, wenn die Kapazität nicht da sei, könne nicht die volle Leistung gebracht werden. „Im Zweifel betreiben wir die Betten nicht.“ Lieber weniger Betten als schlechte Pflege.

Um an die begehrten Pflegekräfte zu kommen, werden Methoden diskutiert, die man bisher nur aus der freien Wirtschaft kannte: Wer eine Fachkraft vermittelt, könnte eine Provision bekommen. Oder eine Starprämie für neue Mitarbeiter, um sie ans Klinikum zu locken. Wer besonders viel leistet, dem soll eine Belohnungs-Zahlung überwiesen werden. Wer in einem personellen Engpass Extra-Arbeit  leistet, soll auch eine Extra-Zahlung bekommen. Wer eine der hauseigenen Berufsfachschulen besucht, hat die Zusage, übernommen zu werden. Die Besten dürfen sich sogar die Station aussuchen. Und: Haun gibt der Pflegedirektion weitgehend freie Hand, bei Einstellungen über das geplante Budget hinaus, bei unbefristeten Verträgen. Er sagt: Wenn Pflegekräfte auf diesem Weg ihren Urlaub nehmen können, wenn weniger Überstunden anfallen, haben alle etwas davon. Die Mitarbeiter und auch die Klinikum Bayreuth GmbH. Denn weniger Überstunden und weniger Urlaubsrückstellungen sparen der Klinik Geld.

Noch fehlen Chirurgen

All diese Methoden greifen bei den Ärzten, die fehlen, in dieser Form nicht. Die sind bereits jetzt echte Mangelware. Nicht nur, aber auch in Bayreuth. Es fehlen ein Handchirurg, ein Thorax-Chirurg und ein Facharzt für Hygiene. Es gebe Bewerber und bei allen liefen „gute Gespräche“, sagt Haun. Der Thorax-Chirurg war eigentlich schon Ende vergangenen Jahres angekündigt gewesen. Aber auch bei den Ärzten gelte das „Qualitäts-Versprechen“: Entweder der Beste oder gar keiner.

Schwierig wird es, einen Facharzt für Hygiene zu finden. Der ist ab 2019 gesetzlich vorgeschrieben für eine Klinik, die das Prädikat „Maximalversorger“ hat. Allerdings sieht der neue ärztliche Direktor, Thomas Rupprecht, die Gefahr, dass bis dahin viele Krankenhäuser schon allein deswegen noch keine Hygiene-Facharzt haben werden, weil es diese kaum gebe. Es könne sein, so Rupprecht, dass die Frist bis zur Einstellung dieser Ärzte deshalb verlängert werden müsse.

"Kein Problem mit Hygiene"

Allerdings verweist er darauf, dass die Klinik in Sachen Hygiene die gesetzlichen Vorschriften erfülle. Rupprecht zählt nach: Es gibt eine Ärztin, die sich in Vollzeit um Hygiene kümmere; dazu kämen sieben Fachschwestern, die sich nur um Hygiene kümmerten, 50 weitere Pflegekräfte und 30 Ärzte, zu deren Aufgaben die Hygiene gehöre. Macht unterm Strich: 81 Hygiene-Leute. Darüber hinaus kämen regelmäßig Prüfer Berater des Institutes Schwarzkopf aus Bad Bocklet ins Klinikum.

Alle Patienten werden getestet

Die größte Sorgen der Kliniken sind multiresistente Keime, also Krankheitserreger, gegen die gängige Antibiotika nicht mehr helfen, gegen die also sogenannte Reserveantibiotika eingesetzt werden. „Wir testen 100 Prozent der Patienten aus den Risikogruppen“, sagt Rupprecht, um jedes Risiko auszuschließen. „Damit gehen wir weit über die gesetzlichen Vorschriften hinaus. Schnelltest finden auch bei Patienten statt, die während einer Virusinfektionsphase Symptome zeigen. Von Noro-Virus bis Influenza. Damit sie andere Patienten nicht anstecken. Rupprecht lässt sogar einen ganzen OP-Bereich leer stehen, weil dort noch nicht alle möglichen Erreger eingedämmt werden konnten. Auf einer leerstehenden Fläche ist ein Saal für ambulante Operationen entstanden, der keine Verbindung zu den anderen OP-Sälen hat. Bislang ist der neue Operationsraum nicht in Betrieb genommen. Es könnten noch Schmetterlingsfliegen, die in vielen Gebäuden auch außerhalb von Krankenhäusern an feuchten Stellen oder in Lüftungsanlagen vorkommen, dort sein. „Wir haben definitiv kein Hygiene-problem im Bereich der OPs“, sagt Rupprecht.

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