Elisabeth und Wolfgang Ziebell sind seit Dezember 2014 Pflegeeltern und haben schon 14 Kinder betreut Kinderseelen pflegen statt Motorrad fahren

Von Thomas Knauber
Zwei der vier Pflegekinder werden die Ziebells heute verlassen und kommen in eine feste Familie. Foto: Thomas Knauber Foto: red

Elisabeth und Wolfgang Ziebell sind sehr erfahren, was das Thema „Pflegefamilie“ betrifft. Denn seit Dezember 2014 sind sie Pflegeeltern, und zwar für einen speziellen Bereich: Sie sind die Auffangstation für Kinder aus schwierigen Verhältnissen, bevor diese nach einem kurzen Zwischenstopp bei ihnen zu einer festen Familie kommen. In diesen eineinhalb Jahren hatten die Ziebells schon 14 Kinder in der Obhut. Vier von ihnen sind noch im Haus. Aber zwei – es sind Zwillinge – ziehen heute nach Kemnath weiter.

 
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Elisabeth Ziebell (60) hatte die Kemnather Pflegefamilie schon eingeladen und fuhr auch hin, um sicher zu sein, dass „ihre Zwillinge“ in eine gute Zukunft kommen. Unterstützt wurden sie und ihr Mann Wolfgang (63) dabei von Rudi Winkler, einem Sozialpädagogen, der ihnen über das „Jugendhilfezentrum“ in Schnaittach die Kinder vermittelt hatte.

Winkler ist der eiserne Rückhalt für die Ziebells, sollten einmal Probleme auftauchen. Aber es gab noch keine. Alles läuft so glatt, lächelt Winkler, weil Wolfgang Ziebell ein Naturtalent ist, der geborene Vater, immer fröhlich.

Und Ziebell wagte sich an das Thema, weil eines seiner eigenen vier Kinder – sie sind zwischen 27 und 40 Jahre alt –, zwei Pflegekinder aufnahm, und das mit guten Erfahrungen.

„Wir machten es dann auch“, sagt er, „weil wir uns noch jung fühlen. Du brauchst zwar starke Nerven, aber du musst die Kinder nur anschauen: Sie geben so viel.“ Er streicht zwar alle seine Hobbys und das Ausschlafen, „aber ich bleibe frisch, ich verkalke nicht. Es ist mein Ausgleich. Andere fahren Motorrad oder gehen Segeln.“

Wolfgang Ziebel genießt es, wenn seine Pflegekinder lachen, wenn sie plötzlich Redewendungen können, obwohl sie – vier Jahre alt – ohne ein Wort ankamen, sprachlos. Sie konnten nur „Mama“ und „Papa“. „Wenn man sieht, wie sie sich entwickeln – das sind wirklich schöne Momente.“

Er lernte, dass diese Kinder trotz allem an ihrer eigenen Mutter hängen. „Sie wollen zu ihr zurück, ganz egal, was vorgefallen ist. Aber sie kleben auch an mir und haben Angst, allein gelassen zu werden. Sie können sich nicht allein beschäftigen. Sie brauchen als Wichtigstes Zeit und Zuwendung.“

Elisabeth Ziebell bestätigt: „Kein Kind sagt: Meine Mutter ist böse. Sie lieben ihre Mutter und würden alles für sie machen. Ich kann sie auch nicht ersetzen. Wenn sie von ihrer Mutter schwärmen, unterstütze ich das. Aber komischerweise kommen die Väter nie vor.“

Rudi Winkler erklärt, warum: „Die Väter sind nicht verkehrt und selten Monster. Aber es sind halt Patchworkfamilien. Der Grund, warum das Jugendamt die Kinder herausholt, ist oft, weil die Eltern ihren Alltag nicht hinbekommen. Eine Beziehung zu ihren Kindern ist meistens trotzdem da.“

Elisabeth Ziebell sagte beim Thema „Pflegeeltern“ auch deshalb „Ich probier’s!“, weil sie vorher mit einem Herrn telefoniert hatte, der noch älter ist als sie und fröhlich dabei war. „Außerdem war das schon immer mein Traum. Ich wollte immer viele Kinder. Meine Schwiegermutter hatte acht. Ich wollte immer etwas Junges um mich. Ich wollte auch schon SOS-Kindermutter werden. Aber meine Eltern hatten kein Geld. Ich musste nach der Schule arbeiten und konnte nicht Erzieherin werden. Dann kam jetzt dieser Zufall mit der Pflegefamilie. Aber das ist kein Zufall. Ich glaube fest an Gottes Fügung.“

Sie ist zwar nicht der Kindertyp wie ihr Mann, der stundenlang spielen kann, aber sie beruhigt innerhalb einer halben Stunde jedes Kind, das völlig verschüchtert ankommt. „Ich hab alle zum Lachen gebracht.“ Nie erlebte sie endlose Weinkrämpfe. „Die Kinder sind auch anders als unsere. Sie kommen aus einem anderen Umfeld. Sie stecken es leicht weg, weiter zu müssen.“

Wolfgang Ziebell beschreibt, wie sehr die Kleinen immer nach dem Abendgebet verlangen, wie sie ohne Protest zur Kirche mitgehen und dort alles aufmerksam verfolgen.

Sie sind auch am liebsten draußen beim Radfahren und Skaten. Vor wenigen Wochen genossen sie bei einem Winterurlaub den Schnee, den Skikurs und das Rodeln. „Das Fernsehen sagt ihnen nichts. Sie wollen raus!“