"Kaputtsparen kann genauso wenig die Lösung sein wie allzu großzügiges Investieren"

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Haushaltsrede von Christa Müller-Feuerstein, Fraktionsvorsitzende SPD

 
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Sehr geehrte Frau Oberbürgermeisterin,
sehr geehrte Damen und Herren,

an diesem Haushalt sind 3 Dinge ungewöhnlich:

1.    der Haushalt wird sehr spät eingebracht. Wenn es nach der Bayer. Gemeindeordnung geht, 7 Monate zu spät. Die Stadt gibt damit sicherlich kein gutes Vorbild ab. Die SPD-Fraktion hat das mehrfach kritisiert.

2.    Ursache für die späte Verabschiedung ist allein die Umstellung auf die kommunale Doppik, das wurde uns immer  wieder  glaubhaft versichert. Inwieweit sich die Umstellung auf die Doppik als gute Entscheidung erweist, bleibt abzuwarten. Zunächst überwiegt noch die Negativbilanz. Die Umstellung ist mit einer Kostenbelastung von 3 Mio Euro verbunden und mit einer hohen Anzahl von 10 neu geschaffenen Planstellen und einer verspäteten Haushaltsvorlage.

Ob sich die Doppik letzt Endes als vorteilhaft erweist, auch für das Stadtratsgremium, muss abgewartet werden.

3.   Der Haushalt wird von Oberbürgermeisterin Merk-Erbe eingebracht, obwohl diese erst seit 2 Monaten im Amt ist. Der Haushalt 2012 ist somit in weiten Teilen von OB a.D. Hohl zu verantworten, der in den letzten Wochen seiner Amtszeit immer wieder angekündigt hat, die Haushaltszahlen würden sehr günstig ausfallen, was jetzt nach der Vorlage des gesamten Zahlenwerkes nicht bestätigt werden kann. 134 Mio Euro Schuldenlast sind keinesfalls günstig. Von einem Schuldenabbau in der Ära Hohl kann ebenfalls nicht gesprochen werden. Schon alleine deshalb, weil die übernommenen Haushaltsreserven, die Hohl 2006 in Höhe von 8,3 Mio übernommen und aufgebraucht hat, bei der angeblichen Erfolgsbilanz immer wieder völlig „vergessen“ werden.

Mit 134 Mio Euro ist der Schuldenstand der Stadt Bayreuth auf einem Höchststand, der möglicherweise noch anwächst. Eine Schuldenlast, die bedrückender nicht sein könnte und für unsere kommenden Generationen eine Riesenbelastung darstellt.

Erschreckend ist dabei insbesondere, dass dieser Schuldenberg entstanden ist, obwohl die Wirtschaftslage in den letzten Jahren nicht besser hätte sein können.
Es wurde versäumt, in den letzten „fetten“ Jahren, die Schulden in Angriff zu nehmen.

Dass wir jetzt bei dem diesjährigen Haushalt faktisch keine Nettoneuverschuldung hinnehmen müssen, liegt einzig daran, dass wir auf erhebliche Haushaltsausgabereste von ca. 20 Mio Euro zurückgreifen können, weil weniger verbaut wurde und noch erhebliche Kreditermächtigungen zur Verfügung stehen. Kaum vorstellbar, was geschehen wäre, wenn die Konjunktur stagniert hätte oder gar, wie 2009, eingebrochen wäre.

In den nächsten Jahren werden uns derartige Haushaltsausgabereste nicht mehr zur Verfügung stehen. Wir sind also aufgefordert, auf die Investitionsbremse zu treten. Wünschenswerte Projekte und Investitionen werden dann warten  und Prioritäten gesetzt werden müssen.

In diesem Jahr ist die Investitionssumme von 38 Mio Euro so hoch wie noch nie. Diese gigantische Größe ist gerade noch verantwortbar, weil auf der Einnahmenseite bei der Gewerbesteuer ebenfalls eine Höchstmarke von 52,7 Mio Euro aus dem Jahr 2011 erreicht wird und weil die schon genannten Haushaltsreste eingesetzt werden können.

Fraktionsübergreifend müssen wir in der Zukunft den goldenen Mittelweg finden, nicht nur unsere Pflichtaufgaben zu erfüllen und die Stadt leistungsfähig zu erhalten sondern auch die Attraktivität weiter zu steigern und dennoch die Schulden zu reduzieren.

Kaputtsparen kann genauso wenig die Lösung sein wie allzu großzügiges Investieren.
Richtlinie für Investitionen kann dabei nur die Einnahmesituation sein. Wir können nur soviel ausgeben, wie wir Geld zur Verfügung haben und nicht weiter über unsere Verhältnisse leben.

Ein wesentlicher Faktor aller künftigen Entscheidungen müssen auch die Folgekosten aller geplanten Projekte sein, um den Handlungsspielraum der Stadt nicht weiter einzuengen.

Dabei gilt für die SPD-Fraktion: Investitionen sollten in erster Linie den Bürgern zugute kommen, um die Lebensqualität für die Bürgerinnen und Bürger in Bayreuth zu erhalten bzw. zu steigern. Schließlich wollen wir auch künftig ein Anziehungspunkt, das heißt eine Stadt sein, in der alle Generationen gerne leben.

Zu einem lebenswerten Bayreuth gehören für die SPD-Fraktion die Sanierung der Stadthalle, der Ausbau der Wirtschaftsschule, die Rückkehr zu den ungekürzten freiwilligen Leistungen, die überfällige Sanierung  der sanitären Einrichtungen des Kreuzsteinbades ebenso wie der Erhalt der Jugendwerkstatt „Horizonte“ oder der Wilhelm-Leuschner-Einrichtungen – um nur einige wenige Beispiele zu nennen. Eine Dauerforderung unserer Fraktion, die Sanierung der Schulsportanlagen im Hans-Walter-Wild-Stadion, ist auch in diesem Jahr, trotz des beschämenden Zustandes der Anlagen, nicht zum Zuge gekommen.
 
Trotzdem trägt die SPD-Fraktion die beschlossenen Investitionsmaßnahmen grundsätzlich mit, obwohl wir nicht alle Projekte gutheißen. Z.B. sind wir von dem akkustischen Umbau der Oberfrankenhalle nicht überzeugt. Die veranschlagten 650.000 Euro hätten nach unserer Ansicht sinnvoller investiert werden müssen, z.B. für die Sanierung der eben genannten Schulsportanlagen im Hans-Walter-Wild-Stadion.

Die Oberfrankenhallle ist und bleibt eine Sporthalle und wird auch mit diesen teueren Umbaumaßnahmen keine Veranstaltungshalle werden. Im Gegenteil: bei zunehmenden Veranstaltungen wird der Sport immer mehr das Nachsehen haben und die Zeiten, in denen die Oberfrankenhalle für ihre eigentliche Nutzung zur Verfügung stehen sollte, werden immer weniger. Die neue dringend benötigte Sporthalle, die ebenfalls noch auf der Wunschliste steht, muss deshalb möglichst schnell realisiert werden.

Für verzichtbar halten wir das Barockfest am Bürgerfest-Sonntag, immerhin für 45.000 Euro, soviel wie die vollständige behindertengerechte Ausstattung der Oberfrankenhalle mit einem Fahrstuhl kosten würde. Sollte das Opernhaus in der nächsten Woche zum Weltkulturerbe ernannt werden, worüber wir uns natürlich alle sehr freuen würden, könnte das Barockfest als einmalige „Jubel-Feier“ gesehen werden.

Für sinnvoll halten wir zum Teil die jüngsten Sparvorschläge beim Neubau des Richard-Wagner-Museums. Wir werden der Verlegung des Cafes zustimmen, allerdings werden wir weiterhin ein Automatencafe kategorisch ablehnen. Den beabsichtigten Wegfall des unterirdischen Verbindungsganges beurteilt die SPD-Fraktion unterschiedlich. Mehr als bedauerlich bleibt die Tatsache, dass das neue Richard-Wagner-Museum erst 2014 fertig gestellt werden kann.

Nicht aus den Augen verlieren dürfen wir, trotz aller Sparzwänge, Investitionen in Natur und Umwelt, weil sie dazu beitragen, die Lebensqualität in Bayreuth zu verbessern und die  Gesunderhaltung der Bürger zu sichern.  
Dazu gehören für uns der weitere Ausbau des Rad- und Fußwegenetzes, die „grüne Welle“ auf Bayreuths Straßen und die Renaturierung des Roten Mains im Stadtgebiet. Diese Maßnahmen würden helfen die Schadstoffbelastung zu senken.
Ein richtiger Schritt war die Entscheidung des Bauausschusses, den Bau der Studenten-wohnanlage im Aubachtal abzulehnen, um die Frischluftzufuhr nicht zu behindern.

Sorge bereiten uns die weiter drastisch gestiegenen Personalausgaben, die unter Oberbürgermeister a.D. Michael Hohl von 54,5 Mio im Jahr 2006  auf 64 Mio Euro Im Jahr 2012 gestiegen sind.
Für diesen Anstieg ist nicht alleine die Doppik verantwortlich oder die jüngsten Tarif-erhöhungen, sondern z.B. auch die Zunahme des Personals im Bereich der Wirtschaftsförderung oder auch  der BMTG, deren Verluste die Stadt auszugleichen hat, in diesem Jahr immerhin mit einem Betrag von 971.000 Euro, also fast 1 Mio Euro.
Einen weiteren Anstieg der Personalkosten gilt es unbedingt zu verhindern, zumal die ganz großen Erfolge sowohl bei der Wirtschaftsförderung wie auch bei der BMTG bisher nicht zu erkennen sind.

Insgesamt ist beim diesjährigen Haushalt ein zu geringer Sparwille erkennbar.
So sollten unbedingt weitere energetische Maßnahmen ergriffen werden, um die
Energiekosten deutlich zu senken.
Und letzt Endes ist nach wie vor ungeklärt, wie die Stadt Bayreuth künftig mit dem Flugplatz auf dem Bindlacher Berg verfahren will, bei dem Rödl & Partner zu dem Ergebnis kommt, er sei der einzige Flugplatz, der unter kommunaler Regie betrieben wird. Mit 400.000 Euro belastet der Flugplatz den Haushalt der Stadt jedes Jahr.

Fazit:
Obwohl dieser Haushalt unser Ziel der Nachhaltigkeit nicht erfüllt und der Schuldenstand zu hoch ist, stimmt die SPD-Fraktion der Vorlage zu unter der Voraussetzung, dass im nächsten Jahr, wieder Haushaltsreserven, wie in den Jahren vor 2006, angelegt werden und die Schuldenlast begrenzt wird.

Abschließend bedanken wir uns bei der Verwaltung für die überwiegend gute Zusammenarbeit. Besonders danke ich dem Kämmereiamt für die Erarbeitung der Haushaltsvorlage. Wir wissen, welche Anstrengungen während der schwierigen Umstellungsphase auf den doppischen Haushalt nötig waren und wir wissen auch, dass Sie letzt Endes den politischen Willen des Stadtrates umgesetzt haben.  

Christa Müller-Feuerstein, Fraktionsvorsitzende SPD

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