Die Orgel der Stadtkirche wird gestimmt - Ein sicheres Zeichen, dass die Sanierung abgeschlossen wird Jetzt zieht der Intonateur alle Register

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Es klingt wie der Gesang der Wale. Hochfrequent. Melodisch. Außergewöhnlich. Kurze Töne, lange Töne. Dann schwillt brummend-tiefer Bass aus der Orgel, füllt das leere Kirchenschiff der Stadtkirche, durch das ab und an ein Handwerker eilt. Auf der Klaviatur der Orgel, vor der niemand sitzt, bewegen sich die Tasten. Wäre gespenstisch, wenn die Orgel nicht noch Baustelle wäre.

 
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Und wenn da nicht Christian Heiden wäre. Hinter der Orgel, zwei Stockwerke weiter oben am Schwellwerk des riesigen Kircheninstruments. Heiden ist der Intonateur des Orgelbaubetriebs Vleugels. Bei Vleugels in Hardheim „wurden die Pfeifen der Orgel der Stadtkirche gesäubert, ausgebeult und ihre Stimmrollen gerichtet“, sagt Heiden. In den vergangenen Wochen wurde die Orgel montiert, haben Heidens Kollegen die Erweiterung auf 70 Register vorgenommen. Zusammen mit der Chororgel, die 20 Register umfasst, hat die Orgel der Stadtkirche 90 Register. „Das ist eine richtig große, so viele Orgeln mit 90 Registern gibt es in Deutschland nicht.“

Mehr als 5000 Pfeifen

So wie die Orgel die Krönung einer Kirche ist, ist die Intonation des Instruments die Krönung der Sanierung einer Kirche. Dass Heiden im September angefangen hat, die rund 5000 Pfeifen auf ein rundes Klangbild abzustimmen, ist untrügliches Zeichen dafür, dass nach fast acht Jahren Sanierung ein Ziel erreicht ist. „Zur Einweihung am 30. November wird die Orgel auch spielen“, sagt Heiden. „Aber ganz fertig sind wir dann noch nicht. Es werden einige Register fehlen. Wir werden noch bis Weihnachten brauchen, um alles abschließen zu können.“

Einfach ist es nicht, was Heiden macht. „Es ist ja kein Neuinstrument – auch wenn die Orgel an sich in einem sehr guten Zustand war –, sondern eine Restaurierung, bei der man versucht, das Instrument zu optimieren.“ Die 1961 gebaute Steinmeyer-Orgel steht unter Denkmalschutz, es darf also nichts an ihr verändert werden. Die Erweiterung um zehn Register? „Reversibel“, sagt Heiden. Zum Einmessen der Pfeifen nach dem Einbau gibt es ein Messgerät. Die Intonation kennt nur ein Gerät: Heidens Gehör. „Das ist die Kunst, es muss alles zueinander passen. Wenn man mehrere Register zieht, muss alles wie eins klingen, darf keins aus der Rolle fallen.“ Ausgehend vom Grundregister und dem Ton C, hört Heiden den Klang im Raum ab, stimmt Register für Register darauf ab. Merzt Unschärfen aus – mit Fingerspitzengefühl und Handarbeit an der Pfeife, die aus der Reihe tanzt. Von der kleinsten mit zehn Millimeter Klangraum bis zur größten mit fünf Meter Länge.

Ähnlich wie bei der Orgel sieht es im großen Rest der Stadtkirche aus. Feine, finale Abstimmungsarbeiten. „Optisch ist alles relativ fertig“, sagt Michael Erhard vom Staatlichen Bauamt Bayreuth, der das Projekt Stadtkirche leitet. „Die Beleuchtung ist dran, inklusive der neuen Deckenleuchten. Es fallen noch einige Justierarbeiten an. Das gilt auch für die Akustik: Die Beschallungsanlage der Kirche muss noch eingestellt werden.“ Montiert sind inzwischen auch die beiden berührungsempfindlichen Bildschirme im neuen Vorraum der Markgrafengruft. „Hier suchen wir noch den richtigen Platz für die Lautsprecher, über die Besucher die Informationen zu den in der Gruft beigesetzten Mitgliedern der Markgrafenfamilie bekommen.“

Die Wiedereinweihung

Die Regionalbischöfin Dorothea Greiner, die die Wiedereinweihung der Kirche am ersten Advent zelebrieren wird, habe kürzlich die Kirche besucht, um sich einen Überblick über den Endspurt der Bauarbeiten zu verschaffen. Sie sei „ganz begeistert gewesen“, sagt Erhard. Dennoch werde man eine Punktlandung am 30. November – 400 Jahre nach der letzten Einweihung nach dem Wiederaufbau der Kirche – hinlegen. „Es nötigt einem Respekt ab, dass die Menschen damals die Kirche in drei Jahren komplett neu aufgebaut haben“, sagt Erhard. Ein Teil des Tempos damals war allerdings auch Grund für einige der Schäden, die vor fast acht Jahren dazu geführt haben, dass die Kirche kurz vor dem Einsturz stand.

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