Großbrand, Verkehrsunfall, Tote und Verletzte: Die Einsatzkräfte der Feuerwehr müssen viel aushalten Jeder erlebt jeden Einsatz anders

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Die Feuerwehr Creußen ist im vergangenen Jahr 26-mal zu Einsätzen gerufen worden. Das waren 16 Notfälle weniger als im Vorjahr. Und es ist immer alles dabei, von der Ölspur über die Absicherung bei Veranstaltungen bis zu Bränden und Verkehrsunfällen. Und jeder hat es über die Jahre anders erlebt.

 
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26. Oktober 1999, Brand Backhaus Küffner: Harald Heidler war damals mit Gerhard Küffner beim Bauamt im Rathaus beschäftigt. Bei einem zufälligen Blick aus dem Fenster sahen die beiden, wie schwarzer Rauch aus dem gegenüberliegenden Gebäude kam. „Mein Kollege hat sofort einen Notruf abgesetzt und ist dann zur Feuerwehr gestürmt, denn er ist ja Aktiver“, erinnert sich Heidler. Danach hat er versucht, mehr schlecht als recht weiter zu arbeiten. Raus gegangen ist er nicht, er wollte den schnell anrückenden Hilfskräften nicht im Weg stehen.

Es ist schon lange her, genau kann sich Heidler gar nicht mehr erinnern, nur dass da ganz viel Feuerwehr in der Bahnhofstraße aufgefahren war. Im Rathaus war damals Peter Busch Bürgermeister. Heidler weiß noch, dass man sich mal kurz unter den Kollegen unterhalten hat, über das, was draußen passierte, aber sonst hat man versucht, seine Arbeit zu erledigen. „Ich war nur passiver Beobachter, hab nur ab und zu mal den Kopf bewegt“, sagt Heidler.

22. Februar 2003, Bahnunfall Hagenohe: Paul Reichstein (30), jetzt stellvertretender Kommandant der Creußener Feuerwehr, kann sich an diesen Nachmittag noch gut erinnern. Er war damals im Zug als 15-jähriger Schüler unterwegs, es war ein sonniger Wintertag. Etwa 40 bis 50 Leute waren mit dabei, aber er kannte niemanden. Beim unbeschrankten Bahnübergang bei Hagenohe ruckte der Zug auf einmal kräftig, man hörte es splittern, merkte dann wie der Zug bremste und irgendwann zum Stehen kam. „Ich dachte erst, dass wir auf einen Baum aufgefahren sind“, sagt Reichstein. Auskunft bekamen die Reisenden im Zug nicht.

Durch die Fenster beobachteten sie, wie die Feuerwehren eintrafen. „Als Erstes habe ich Kreisbrandmeister Uwe Jacobs und einen Rüstwagen gesehen“, sagt Reichstein, der damals bei der Jugendwehr war. Nach etwa einer halben Stunde wurde der Zug evakuiert. Erst da sah er, dass der Zug mit einem Auto zusammengestoßen war. Über ein Feld wurde er mit den anderen Reisenden zur nahe gelegenen Straße gebracht. Ein Bus brachte die anderen dann nach Pegnitz.

„Ich wollte da bleiben, beobachten, wie die Arbeiten ablaufen. Mich hat das einfach interessiert“, sagt Reichstein. Und es war schon eine gewisse Betroffenheit da, als er realisierte, was wirklich passiert war, dass ein Mensch umgekommen war. „Für die Feuerwehr sind solche Einsätze nicht einfach, wenn es nichts mehr zu retten gibt“, sagt Reichstein. Seit er bei der aktiven Wehr ist, hat er das selbst schon erlebt.

6. Juli 2010, Verkehrsunfall Hörhof: Renate van de Gabel-Rüppel wird den Nachmittag nicht mehr vergessen. Sie war gerade auf der Bundesstraße von Bayreuth kommend unterwegs. Bei der Senke vor Hörhof stand die Sonne sehr tief. „Ich bin irgendwie auf die Gegenfahrbahn gekommen“, erinnert sich die 61-Jährige. Dort stieß sie mit der Fahrerseite mit einem VW-Bus zusammen. „Zum Glück hatte die Fahrerin nur leichte Verletzungen“, erzählt sie. Ihr Auto – ein grüner Golf – kam auch zum Stehen.

An was sich van de Gabel-Rüppel dann erinnern kann, ist Franziska Böhm von der Feuerwehr Creußen. „Sie hat mich angesprochen, gefragt, wie ich heiße, wie alt ich bin“, sagt sie. Dann wurde van de Gabel-Rüppel doch bewusstlos. Die Feuerwehr hat mit der Rettungsschere ihr Auto aufgeschnitten und sie rausgeholt. „Ich bin heute noch dankbar, dass die so schnell da waren“, sagt van de Gabel-Rüppel.

Neun Tage lag sie im Koma, gebrochene Rippen hatten ihre Lunge durchbohrt, die völlig zusammenklappte. Ein Vierteljahr lag sie im Krankenhaus, war noch auf Reha. Sie fährt wieder Auto. Manchmal ist es etwas mulmig, wenn ihr jemand entgegenkommt oder wenn sie in der Zeitung von einem Unfall liest. Aber Angst hat sie nicht, ihre Familie hat ihr nach dem Unfall gut bei der Verarbeitung geholfen. Der Unfall hat ihr gezeigt, wie wichtig es ist, dass die Feuerwehren gut ausgestattet sind.

12. Mai 2011, Brand Seidwitz: Sebastian Bauer (35) ist stellvertretender Kommandant bei der Feuerwehr Tiefenthal, seit 2008 ist er außerdem bei der Feuerwehr Creußen, berufsmäßig bei der Autobahnmeisterei Trockau. „Da sind die Herausforderungen schon anders, als bei einer kleinen Wehr“, sagt er. Bauer ist Maschinist, Gruppenführer und Atemschutzträger. „Jeder Einsatz ist anders“, sagt er.

So auch der Einsatz damals. Er war als Zimmerer in Losau unterwegs, als der Alarm kam. „Auf dem Weg zum Creußener Feuerwehrhaus haben wir schon Flammen und Rauchwolken in Seidwitz gesehen“, erinnert er sich und sie wussten, dass es etwas Größeres ist. Die Mühle in Seidwitz stand in Flammen. „Wir waren gefordert zu verhindern, dass die Flammen auf die benachbarten Gebäude übergreifen“, sagt Bauer. Das hat auch geklappt. Rein ins brennende Gebäude konnten sie nicht mehr und so gab es nur von außen einen Atemschutzangriff. „Wir haben versucht, von außen zu löschen, haben Glutnester gesucht und die Wärmebildkamera eingesetzt“, erzählt er.

Zum Glück seien keine Menschen damals verletzt worden, so Bauer weiter. Auch Geflügel und Kleinvieh war von den Nachbarn schon vorher gerettet worden. „Wenn wir nur von außen löschen, ist der Adrenalinspiegel nicht so hoch“, sagt er. Anders sei das bei einem Innenangriff, wenn sie in ein verqualmtes Gebäude müssen, in dem vielleicht noch Leute sind und sie noch nicht wissen, wie sie wieder raus kommen. Trotzdem: „Die Feuerwehr ist mein Leben“, sagt Bauer. Vor allem das Technische und die Kameradschaft sind es, die den Reiz ausmachen.

4. bis 6. Juni 2013, Hochwasser Deggendorf: Auch Daniel La Faver (26) arbeitet bei der Autobahnmeisterei. Bei der Creußener Feuerwehr ist er seit 14 Jahren, ist Maschinist und Atemschutzträger. „Man hat damals mitbekommen, dass irgendwas im Laufen ist“, erzählt er. Damals war im Raum Deggendorf extremes Hochwasser und von Bayreuth sollte ein Hilfskonvoi starten. La Faver hat den Einsatzbefehl nicht mitbekommen, denn er war gerade in Bayreuth unterwegs.

Daheim hat ihn dann eine Kameradin angerufen, gefragt, ob er mitfahren würde. Das war für ihn keine Frage und flott hat er ein paar Sachen zusammengepackt und ist zum Feuerwehrhaus gefahren. „Wir sind dann mitten in der Nacht zur Wache in Bayreuth los und von dort weiter nach Deggendorf“, sagt La Faver. Am ersten Tag sollten sie Sandsäcke schlichten. „Aber das war zu gefährlich, denn der Damm drohte zu brechen“, sagt er.

Also sind sie zum Bauhof und haben dort Sandsäcke befüllt. Das war körperlich sehr anstrengend. Schon bei der Anreise haben die Creußener – zu acht waren sie – gesehen, dass stellenweise nur noch die Hausdächer aus dem Wasser schauten und die Sachen herumschwammen. „Das hat uns geprägt, zu sehen, wie die Menschen alles verloren haben“, sagt La Faver. Aber es war auch eine positive Erfahrung zu erleben, dass sich die Menschen dort gefreut haben, dass sie kamen, geholfen haben.

Drei Tage hat der Einsatz gedauert. „Alle haben zusammen geholfen, Einsatzkräfte und private Helfer. Das war schon beeindruckend“, sagt er. Das Ganze habe die Kameradschaft unter den Creußenern noch mal gefördert.

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