Ist derAngeklagte ein brutaler Schläger?

Von Gerd Emich
Symbolfoto: Daniel Karmann/dpa Foto: red

Weil er beim Trebgaster Beach-Clubbing einen 20-Jährigen grundlos angegriffen und verletzt haben soll, steht ein 26-Jähriger vor Gericht. „Das kann nur er gewesen sein“, waren sich mehrere Zeugen bei dem Strafprozess einig darin, dass auf der Anklagebank der Richtige sitzt. Der Angeklagte soll jener Mann in Schwarz sein, der den anderen Gast schwer verletzt hat. Er streitet das ab.

 
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Tatort war der Eingangsbereich gegen Ende der Veranstaltung kurz vor 3 Uhr. „Ich stand dort, habe noch etwas gegessen und telefoniert“, erinnerte sich ein 20-Jähriger aus Mainleus. Plötzlich habe er einen Schlag gegen den Kopf bekommen, sei zu Boden gegangen und später mit Prellungen, Schürfwunden und wegen des Verdachts einer Gehirnerschütterung in die Klinik eingeliefert worden. Von wem der Angriff ausgriff, konnte der Mann nicht sagen. Er habe in diesem Moment in eine andere Richtung geschaut. Den Angeklagten kennt der 20-Jährige nicht. Das gilt auch umgekehrt: auch der angebliche Täter war sich sicher, weder dem Opfer noch irgendeinem der Zeugen vorher schon einmal begegnet zu sein.

„Die Vorwürfe stimmen nicht“, beteuerte der 26-Jährige. Er sei zwar zu dieser Zeit am Ausgang des Seegeländes gewesen, habe aber nichts von einer Auseinandersetzung mitbekommen. „Ich wollte zum Bus und hatte es deswegen etwas eilig, damit ich ihn nicht verpasse“, berichtete er. Weit kam der Bayreuther allerdings nicht, schon nach wenigen Metern wurde er gestoppt.

Ein Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes hatte die Tätlichkeit zwar nicht gesehen, aber die Schläge gehört. „Ich bin dann sofort um die Ecke und als jemand auf mich zugelaufen kam, habe ich ihn erst einmal festgehalten“, erinnerte sich der 39-jährige Zeuge. Sonst sei außer dem Opfer auch niemand in der Nähe gewesen. Als einige Zeugen den Angeklagten mit ihren Aussagen belasteten, habe er ihn zuerst seinen Kollegen und später der Polizei als vermeintlichen Täter übergeben.

Ein junger Mann, ganz in Schwarz gekleidet, habe dem Opfer gegen den Kopf geschlagen und mit einem Tritt zu Boden gestreckt – viel mehr konnten die Zeugen über den Angreifer nicht aussagen. Dass er ein solches Outfit getragen hat, gab der Angeklagte zu, aber da dürfte er beim Beach-Clubbing wohl nur einer von vielen gewesen sein. Identifizieren konnte den 26-Jährigen im Prozess niemand, nicht einmal der Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes, der ihn festgehalten hat. Auch bei der Personenbeschreibung des „schwarzen Mannes“ passte nicht alles zusammen.

„Der Tatverdächtige hat an diesem Abend von allen, mit denen ich gesprochen habe, den sichersten Eindruck gemacht“, schilderte ein Polizist die Situation vor Ort. Auf die Vorwürfe habe er ganz ruhig reagiert, alle Fragen beantwortet und dem Verletzten sogar noch die Hand geschüttelt und „gute Besserung“ gewünscht.

Auch in dem Prozess machte der Angeklagte nicht unbedingt einen schuldbewussten Eindruck. Er schien sich ziemlich sicher, dass es sich bei der Anklage um ein Missverständnis handelt, das aufgeklärt werden könne. Kein erkennbares Tatmotiv und widersprüchliche Zeugenaussagen: Da wollte sich Richterin Sieglinde Tettmann in dieser Woche noch kein Urteil über Schuld oder Unschuld bilden. In drei Wochen soll der Prozess mit weiteren Zeugen, die vielleicht noch Licht ins Dunkel bringen können, in die nächste Runde gehen.

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