Internet der Dinge erleichtert Produktion

Von Marie-Christine Fischer

Alle reden vom Internet der Dinge. Auf der Entwickler-Messe Developer Week in Nürnberg war zu erleben, wie vernetzter Alltag und vernetzte Produktion konkret aussehen können. Drei Beispiele, die Lust auf die Zukunft machen:

 
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Die Datenbrille

Eine Ballerina tanzt auf einem der weißen, runden Tische im Konferenzraum, ein Astronaut fliegt durch die Luft, Zentimeter über ihm schwebt ein Satellit - allerdings nur für denjenigen, der die "Microsoft HoloLens" trägt. Die Datenbrille fügt virtuelle Objekte holografisch in die reale Umgebung ein, projiziert eine virtuelle Welt parallel zur realen. Man spricht von Augmented Reality.

Der Brillenträger kann um die Ballerina herumgehen, sie von allen Seiten betrachten. Auch ist es möglich, mit ihr zu interagieren. Ein gezielter Fingerzeig, ähnlich der Bewegung bei einem Mausklick, starte oder stoppt ihren Tanz. Mit einer anderen Handbewegung kann man weitere Objekte einblenden. Verschiedene Träger vernetzter Brillen können miteinander kommunizieren und sehen, was der andere sieht, ohne am selben Ort zu sein. Die Ballerina auf dem Konferenztisch ließe sich also auch von Australien aus betrachten.

Das Video vermittelt einen Eindruck davon, wie es ist, durch die Datenbrille zu schauen. Quelle: Daenet GmbH

Eine Ballerina, die auf dem Tisch eines Konferenzzimmers tanzt, braucht die Welt kaum. Aus unternehmerischer Sicht wird es interessant, wenn man sich vorstellt, dass ein Herzchirurg mit Hilfe der Brille während einer komplizierten Operation einen Experten am anderen Ende der Welt konsultieren kann. Dieser sähe den Patienten vor sich und könnte dem operierenden Arzt Hilfestellung geben.

Anderes Beispiel: Der hochqualifizierte Techniker muss zur Wartung einer Heizungsanlage nicht mehr selbst vor Ort sein, sondern kann einem schlechter ausgebildeten Mitarbeiter - oder gleich dem Kunden - über die Brille aufzeigen, was zu tun ist. Jeder Schritt ließe sich vorführen und einblenden.

Und dann ist da noch der Computerspiele-Markt. Die Vorstellung von Spielfiguren, die auf dem Teppich im heimischen Wohnzimmer umhertollen oder sich hinter der Couch bekriegen, lässt Zockerherzen höher schlagen. Ein Computerspiel ließe sich in völlig verschiedenen Umgebungen spielen, je nachdem, wo man sich gerade aufhält. Zu Hause, im Park, am Badesee. Microsoft kündigt an, die Figuren werden sich dabei verhalten, als seien sie tatsächlich beim Spieler vor Ort, würden also beispielweise einen Schrank als Hindernis erkennen.

Seit März liefert Microsoft die Brille für 3000 US-Doller pro Stück aus, allerdings nur an Entwickler. Sie sollen die Möglichkeit haben, Software für die Brille zu entwickeln. Erst wenn es ausreichend Software gibt, soll eine Version für den Endverbraucher in die Läden kommen. Damir Dobric von der Daenet GmbH aus Frankfurt am Main prognostiziert drei bis fünf Jahre bis zur Marktreife, "vielleicht auch zehn, aber Augmentet Reality kommt, das ist sicher". Eine Datenbrille wird dann für unter 500 Euro zu haben sein, schätzt er. Und deutlich leichter sein als derzeit. Mit rund 700 Gramm Gewicht ist die "HoloLens" bislang nämlich nicht gerade bequem.


Die vernetzte Kaffeemaschine

Vier Sensoren und einen Mini-Computer haben die Mitarbeiter der Conplement AG aus Nürnberg in einen handelsüblichen Kaffee-Vollautomaten eingebaut. Die Sensoren messen den Stand in den Behältern für Wasser, Milch und Kaffeebohnen sowie die Rotation des Mahlwerks. Die Daten liefern sie an eine Cloud. Ein paar Sekunden, nachdem der Cappuccino in die Tasse gelaufen ist, verändert sich die Anzeige am nebenstehenden Laptop entsprechend.

"Mittelständlern fehlt oft das Wissen und die Ideen, was sie mit solchen Daten anfangen könnten", sagt Kristian Mihailov von Conplement. Dabei liegen die Vorteile aus seiner Sicht auf der Hand. Ein Beispiel:  Zeigt das Mahlwerk erste Schwächen, kann das Gerät selbstständig den Servicetechniker bestellen, noch bevor das Mahlwerk kaputt ist und der Kunde eines Morgens ohne Kaffee wach werden muss.

Andere Daten sind zwar nicht für sich genommen, wohl aber in der Masse spannend. Die Erkenntnis, dass die Milch in der Kaffeemaschine mit jedem Cappuccino weniger wird, haut niemanden vom Hocker. Jedoch: Ist der Milchbehälter bei der Mehrzahl der Kunden immer als erstes leer, kann der Hersteller diesen in der neuen Version des Modells vergrößern. 

Umgekehrt kann die vernetzte Kaffeemaschine auch Daten empfangen. Ihr das Rezept für den Lieblingskaffee beibringen? Kein Problem. Und wenn der Kollege mal wieder alles verstellt hat, hält man einfach das Smartphone vor die Maschine und schon weiß diese, wie viel Milch und Zucker man gerne hätte.


Das vernetzte Fahrrad

Ein Mountainbike, ausgestattet mit sieben Sensoren und einem Minicomputer, präsentiert die PTC Gmbh aus Unterschleißheim. Die Sensoren erfassen unter anderem den Einschlag des Lenkers, die Geschwindigkeit der Räder und die Stellung der Federung der Gabel. Der Minicomputer sendet die Daten an eine Internetplattform.

Der Hersteller erhält so, was man einen digitalen Zwilling nennt: ein digitales Abbild seines Produkts, an Hand dessen er mögliche Umrüstungen und Weiterentwicklungen testen und den Lebenszyklus der Produkts simulieren kann. Nicht jede Idee muss realisiert werden, um herauszufinden, ob sie gut ist. Das spart Zeit und Ressourcen.

Mehr zu den verwendeten Begriffen:

Der Begriff Internet der Dinge, oft IoT (Internet of Things) abgekürzt, umfasst die Annahme, dass Computer, wie wir sie kennen, mehr und mehr von intelligenten Gegenständen ersetzt werden, sowohl in unserem Alltag als auch in der industriellen Produktion. In diese intelligenten Gegenstände sind Miniaturcomputer integriert, die mit dem Internet verbunden werden. IT-Analyst Gartner geht davon aus, dass das Internet der Dinge 2020 ein Marktvolumen von 1,7 Billionen US-Dollar haben wird, das entspricht in etwa den weltweiten Rüstungsausgaben von 2015. Neben sechs Milliarden Smartphones und Tablets werden dann 25 Milliarden weitere Geräte mit dem Internet verbunden sein, so die Schätzung. Bereits heute werden pro Tag über fünf Millionen neue Geräte mit dem Internet verbunden. "Jeder Gerätehersteller muss sich zumindest in Teilen zum Softwarehersteller wandeln", sagt deshalb Thomas Hemmer von der Conplement AG.

Augmented Realtiy, zu Deutsch Erweitere Realität, bezeichnet die computergestützte Erweiterung der menschlichen Wahrnehmung der Realität. Gemeint ist damit in aller Regel die Einblendung von Zusatzinformationen. Weil die menschliche Wahrnehmung und ihre Erweiterung dabei verschmelzen, spricht man auch von Mixed Reality. Die Augmented Reality unterscheidet sich deutlich von der Virtual Reality.

Virtual Reality, zu Deutsch Virtuelle Realität, schließt die Realität komplett aus, überlagert sie, optisch und akustisch. Der Betrachter taucht quasi völlig in die Virtuelle Realität ein. Was tatsächlich um ihn herum ist, sieht er nicht mehr.

Die Developer Week ist eigenen Angeben zufolge eine der größten Konferenzen für Softwareentwicklung in Europa. Sie richtet sich an Entscheider und Entwickler in IT- und Entwicklungsabteilungen. Die Messe fand vergangene Woche zum vierten Mal in Nürnberg statt. Mit dabei waren rund 50 Aussteller, 150 Referenten und 1500 Teilnehmer.

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