Betroffen sind vor allem Frauen in Bayreuth – Tipp: Wohngeld nachrechnen lassen Immer mehr Bayreuther sind im Alter arm

Von Katharina Wojczenko
Gerade bei Frauen ist das Risiko groß, mit der Rente nicht über die Runden zu kommen. In Bayreuth brauchen so viele Menschen Grundsicherung wie noch nie. Symbolbild/Archiv: Martin Ritter Foto: red

643 Bayreuther leben in Altersarmut. Das sind so viele wie nie zuvor. Und einige, die jetzt Anspruch auf Zuschuss hätten, wissen noch nichts davon.

 
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So sieht es in der Stadt aus: In Bayreuth waren Anfang März 643 Menschen auf Grundsicherung im Alter angewiesen, davon 363 Frauen. Die Tendenz ist seit Jahren steigend: Im Vergleich zu 2005 hat sich die Zahl mehr als verdoppelt. Damals waren es noch 314 Bürger. Im Vergleich zu 2015 sind 25 Menschen hinzugekommen. „Wir gehen davon aus, dass dieser Trend anhalten wird“, sagt Pressesprecherin Kerstin Dettlaff-Mayer.

Um diese Summe geht es: „Das ist schwierig zu sagen“, sagt Sozialamtsleiter Werner Köstner. Grundsicherung dient dazu, das Existenzminimum zu sichern. „Aber das ist individuell unterschiedlich“, sagt Köstner. Zwei Zahlen können als Anhaltspunkt dafür dienen, was arm bedeutet. Die eine ist die Mietobergrenze. Für die Wohnung für einen Alleinstehenden werden in Bayreuth ein Bedarf von maximal 381 Euro für Wohnung und Heizkosten anerkannt. Das legt jede Kommune selbst fest. Die zweite Zahl lautet 404 Euro. Diese Summe Grundsicherung bekommt ein Alleinstehender für den Lebensunterhalt.

Macht zusammen knapp 800 Euro in Bayreuth. Wer weniger Rente hat, tut sich in Bayreuth demnach schwer - und bekommt Unterstützung. Allerdings: „Manche brauchen mehr zum Leben, weil sie zum Beispiel behindert sind oder aus gesundheitlichen Gründen eine besondere Ernährung brauchen“, sagt Köstner. Wegen dieses individuellen Bedarfs erhalten sie auch mit mehr Rente Unterstützung.

Das verbessert sich für manche: Am 1. Januar haben sich die Grenzen fürs Wohngeld verändert. „Manche könnten nun wieder welches bekommen, wissen es aber noch nicht“, sagt Brigitte Schmidt-Blick, Sozialpädagogin Brigitte Schmidt-Blick von der Sozialberatung Kasa der Diakonie. Nachrechnen lohne sich. Auch denjenigen, die bereits 2015 Wohngeld bekommen haben, könnten mehr bekommen. „Wir sind dabei, das im Wohnamt in unserem Bestand zu überprüfen“, sagt der städtische Dienststellenleiter Werner Köstner.

Das ist knifflig: „Ganz viele Rentner sind an der Grenze zwischen Grundsicherung und Wohngeld“, sagt Schmidt-Blick. „Da muss man haarscharf rechnen“ - und kompliziert ist es auch. Grundsicherung und Wohngeld schließen einander aus. Wer Wohngeld bekommen kann, hat keinen Anspruch auf Grundsicherung. Schmidt-Blick beobachtet: „Es kommen vermehrt Leute in die Grundsicherung, die nur 600, 700 Euro Rente haben.“ Auch sie erwartet, dass sich die Lage zuspitzt, weil viele in Rente gehen, die in den 90ern arbeitslos waren. Und: „Es kommen immer mehr, die lange gearbeitet haben und wenig erwirtschaftet.“ Die künftigen Hilfsbedürftigen seien schon abzusehen: „Jeder, der derzeit weniger als 2.500 Euro brutto verdient.

Die Altersarmut bei Frauen spitzt sich zu: Bayerische Frauen bekommen im Schnitt 569 Euro Rente. Grund ist der rasante Anstieg von teilzeitbeschäftigten Frauen in den vergangenen Jahren, hat eine aktuelle Anfrage der SPD-Landtagsfraktion ergeben. 2014 waren doppelt so viele Frauen teilzeitbeschäftigt wie 1991. Wer weniger in die Rentenkasse einzahlt, bekommt im Alter weniger Geld. Von allen sozialversicherungspflichtigen Jobs entfielen zuletzt 46 Prozent auf teilzeitbeschäftigte Frauen. Bei den Männern waren es nur 8,5 Prozent. Die Folgen: In Bayern bekommen Frauen im Schnitt 569 Euro Rente, 433 Euro weniger als Männer. Das wird knapp.

Wer nicht profitiert hat: Einen Wermutstropfen gibt es für Sozialpädagogin Schmidt-Blick: „Jede Rentenerhöhung wird einem bei der Grundsicherung abgezogen.“ So seien wegen der Mütterrente manche ihrer Kunden aus der Grundsicherung oder dem Wohngeld herausgefallen. Finanziell habe sich für sie aber nichts verbessert. Es kann sogar sein, dass daran geknüpfte Vergünstigungen wie die ermäßigte GEZ-Gebühr wegfallen.

Info: Neben dem Sozialamt beraten die sozialen Dienste von Rotes Kreuz, Paritätischer, Caritas, Diakonie und VdK in Bayreuth Senioren.

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