Der Modellversuch Mittelstufe Plus und wie das Gymnasium Christian-Ernestinum ihn umsetzt GCE testet die gymnasiale Mittelstufe Plus

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Franz Eisentraut sagt, er setzt darauf, dass die Schüler mit mehr Zeit in der Mittelstufe Plus besser klarkommen. Foto: Archiv/Eric Waha Foto: red

Bayern probt wieder das neunjährige Gymnasium. Mittelstufe Plus heißt der Modellversuch, an dem 47 Gymnasien in ganz Bayern teilnehmen. Eines davon und das einzige aus Bayreuth ist das Gymnasium Christian-Ernestinum (GCE). Als wiederum einziges bayerisches Modell-Gymnasium gibt sich das GCE einen Tag in der Woche, an dem es nur ums Vertiefen des Stoffs geht. Für die schlechteren Schüler genauso wie die Besseren. 

 
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Vier Jahre Mittelstufe - also achte, neunte, neun plus und zehnte Klasse - statt drei Jahre. Seit wenigen Wochen ist der Modellversuch scharf gestellt. Seit März hatten die Schulen Zeit, ihr Konzept zu schmieden und einen Stundenplan für die Mittelstufe Plus zu schreiben. "Besonders für die Stundenplaner war das eine Herausforderung", sagt Franz Eisentraut, der Direktor des GCE. "Aber auch für die Fachschaften. Denn meine Vorgabe war, dass nicht nur das erste halbe Jahr in trocknen Tüchern ist, sondern dass sie sie ein klares Konzept für die ganzen vier Jahre liefern. Das war seit Mitte Juli fertig", sagt Eisentraut. Seitdem stehen die Lehrpläne und die Unterrichtsstruktur.

Viel Freiheit

Die Schulen hätten vom Kultusministerium vergleichsweise viel Freiheit bekommen, um die vier Mittelstufen-Jahre auszugestalten. "Es gibt Leitplanken. Innerhalb derer sind wir frei", sagt Eisentraut. Der Latein-Stoff der achten Klasse beispielsweise sei um die Hälfte gekürzt worden, Erdkunde und Kunst setzen in der achten Klasse ganz aus.  

Ein Alleinstellungsmerkmal

Ein Alleinstellungsmerkmal habe das GCE unter den 47 Modellschulen mit dem Lift-Modell geschaffen. Und damit die Stundenplaner vor die nächste Hürde gestellt: "Das ist der Lern- und individuelle Förder-Tag", sagt Eisentraut. An diesem Tag, der immer Mittwochs eingeschoben wird, "gibt es keine Leistungserhebungen. Ein reiner Tag zum Vertiefen, Üben. Mit ganz anderer Struktur als andere Schultage." Die drei Plus-Klassen mit 67 Schülern - nur eine achte Klasse mit 23 Schülern ist im Regelzug am GCE - haben an dem Tag in den Kernfächern Mathe, Englisch und Latein jeweils fünf Lehrer zur Verfügung. "Also beispielsweise drei reguläre Englischlehrer und zwei weitere, die unterstützend eingreifen. Das kann bedeuten, dass einer dieser Lehrer eine Gruppe leitet, die ein Projekt macht, weil die Schüler so gut in Englisch sind. Ein anderer arbeitet mit einer Gruppe Stoff nach. Oder man geht zu zweit in eine Klasse."

Für erste Ergebnisse noch zu früh

Für erste Ergebnisse, sagt Eisentraut, sei es nach drei Wochen Mittelstufe Plus noch zu früh. Aber: Zum einen sei die Motivation der Lehrer am GCE hoch, in der Mittelstufe Plus mitzuarbeiten - "ich habe mehr Meldungen bekommen als ich gebraucht hätte". Zum anderen sei durch den auf vier Jahre gedehnten Stoff mehr Zeit, "um sich Zeit nehmen können für die Kinder. Zeit für die Schwächeren. Zeit für die Besseren. Und das ist schon das, was man sich als Lehrer im Alltagsgeschäft wünscht", Zumal, wie Eisentraut sagt, die Kinder in der Mittelstufe in der nicht gerade einfachen Lebensphase der Pubertät sind. "Das System wird deutlich flexibler für die Kinder." Zudem sei es für die Kinder eine Frage des Selbstwertgefühls: "Wenn sie merken, es hakt in diesem oder jenem Fach weniger, weil sie mehr Zeit zum Verstehen und mehr Nachfragemöglichkeit haben, dann tut das gut", sagt Eisentraut. "Ich habe selbst zwei solche Kandidaten daheim, die eine Riesenfreude haben, wenn sie 80 Prozent der Vokabeln können, wenn ich sie abfrage." 

In den zwei Jahren, in denen der Modellversuch läuft, gehe es darum, "den pädagogischen Bedarf nach mehr Lernzeit ergebnisoffen zu ermitteln", sagt ein Mitarbeiter des Kultusministeriums auf Anfrage unserer Zeitung. Um die Erfahrungen auszutauschen finden regelmäßig Regionaltreffen der Schulen statt, die bei dem Modellversuch teilnehmen. Und Plenartreffen in München, bei denen Vertreter aller 47 Schulen dabei sind. Was nach zwei Jahren passiere, könne er nicht sagen. Allerdings: In zwei Jahren steht in Bayern die Landtagswahl an.

Eisentraut sagt, er setze darauf, dass der Modellversuch nach zwei Jahren "nahtlos weitergeht. Bayernweit liegt der Zuspruch bei über 60 Prozent. Das zeigt, dass Interesse und Bedarf da sind".

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