Seltsame Judenliebe
Sapir Heller lässt singen (ihre Texte in Töne gesetzt von Jonathan Huber und Leif Eric Young) und erlaubt sich Krawall. Harras klammert sich an einen Davidstern und schaukelt mit Liebschaft Diddo (Jörn Bregenzer) durch die Salonnacht und trällert: „Wenn ich jüdisch wär!“ Eine Zumutung das, und so ist das gewollt. Wie gesagt, es geht auch ums Publikum und die deutsche Gesellschaft, ihren seltsamen Philosemitismus, der oft in vergiftetem Boden wurzelt.
Das Drama ist gut gerafft, doch nicht jeder wird jede Musikeinlage für unkürzbar halten. Wem so ist, der kann sich zwischendurch am Gesehenen abarbeiten: Das Bühnenbild gehört zum Besten, was man in den vergangenen Monaten in weitem Umkreis sehen konnte. Ein Hakenkreuz als Revuetreppe, dahinter einander kreuzende Lichtkegel, fast wie ein Lichtdom von Speer, dieser Jägerstil und diese Lack- und Leder-Uniform von Harras, der unterm viel zu weiten Mantel doch nur diesen schepse Supermann-Overall trägt: Gaisböck hat einen fesselnden Raum geschaffen, ein Spielfeld, das sich ausdehnt und Abgründe offenbart.
INFO: In Bayreuth ist „Des Teufels General“ am Donnerstag, 23. April, zu sehen, ab 19.30 Uhr im Großen Haus der Stadthalle.