Heinz-Glas: Die zwölfte Generation

Von Roland Töpfer
Elfte und zwölfte Generation bei Heinz-Glas: Carl-August Heinz mit Tochter Carletta. ⋌Foto: Roland Töpfer Foto: red

Ganz oben in Oberfranken. Ein Dorf, hart am Rennsteig, mit knapp 600 Einwohnern. Und einem großen Unternehmen. Heinz-Glas, 3000 Beschäftigte weltweit, davon 800 in Kleintettau. Hersteller von Flakons für die großen, weltbekannten Parfüm- und Kosmetikanbieter. In dem Jahrhunderte alten Unternehmen findet gerade ein Generationenwechsel statt: Carl-August Heinz (66) übergibt nach und nach immer mehr Verantwortung an Tochter Carletta (32).

 
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Die zwölfte Generation des seit 1622 in Familienhand befindlichen Unternehmens geht an den Start, und für Carletta Heinz war dies schon immer klar: „Ich hab’ mir nie was anderes überlegt. Da wächst man so rein. Das ist so normal.“ Na gut. Zoodirektorin oder Primaballerina wäre für die kleine Carletta vielleicht auch mal eine Alternative gewesen. Aber nur ganz kurz.

Tochter hält 90 Prozent

Sie machte Abitur in Kronach, studierte Betriebswirtschaft an der Universität Erlangen-Nürnberg. Seit Ende 2013 ist die Diplomkauffrau im Unternehmen, kümmert sich um Marketing, IT, Nachhaltigkeit und pflegt Großkunden-Kontakte. Im nächsten Jahr wird sie in die Geschäftsführung wechseln, die im Moment aus drei angestellten Managern und Carl-August Heinz besteht. Die Firma hat der Vater bereits der einzigen Tochter übergeben, die rund 90 Prozent hält. Einen kleinen Anteil hat sich der Vater behalten, „damit ich etwas mitreden kann“. Auch zwei Schwestern sind noch beteiligt. „Das ist eine reine Weiberwirtschaft geworden“, sagt Carl-August Heinz. Zumindest auf der Eigentümer-Ebene ist Heinz-Glas jeder Frauenquote weit voraus.

300 Millionen Euro Umsatz

Wie laufen denn die Geschäfte? Mittelprächtig, sagt Carl-August Heinz. Die Tochter ist etwas optimistischer: „Ich hätte gesagt gut.“ Rund 300 Millionen Euro Umsatz werden für dieses Jahr erwartet, so viel wie im Vorjahr. Seit drei Jahren stagniert der Umsatz. Das soll sich nun wieder ändern. In fünf Jahren sollen es 350 Millionen sein. Vor allem in Südamerika und in Asien sieht Heinz-Glas gute Möglichkeiten.

Akademiker fehlen

Das Unternehmen verdient ordentlich, was Carl-August Heinz – wieder fränkisch zurückhaltend – als „mittelprächtig“ bewertet. Die normalen Investitionen werden aus der Firmenkasse bezahlt. „Nur bei Erweiterungsinvestitionen, da müssen wir uns einer Bank bedienen.“ Heinz-Glas hat weltweit 16 Produktions- und Vertriebsstützpunkte. In Polen, Peru und Tschechien werden Flakons fabriziert. Die Produktion in Polen wird 2018 mit einer zweistelligen Millionensumme ausgebaut. Das geplante Wachstum soll aber auch von Kleintettau und der umliegenden Region aus – im Radius von 20 Kilometern hat Heinz-Glas 1200 Beschäftigte – bedient werden. Einen Beschäftigtenzuwachs in der Region wird es kaum geben. Schon wegen des Mangels an Menschen, sagt Carl-August Heinz. Es sei sehr schwierig, die passenden Fachkräfte zu finden. Junge Leute fehlen ganz extrem, vor allem auch Akademiker.

Kein Schiedsrichter nötig

Die Tochter, frisch verheiratet, wohnt in Nürnberg und kommt zwei, drei Tage die Woche nach Kleintettau, wenn sie nicht auf Geschäftsreise ist. Väter verstehen sich mit Töchtern meist besser als mit Söhnen, glaubt sie. „Wir sind uns nicht immer einig, aber wir haben bisher immer einen gemeinsamen Weg gefunden.“ Der Vater ergänzt: „Und wir haben noch keinen Schiedsrichter gebraucht.“ Seine Frau ist schon vor zehn Jahren gestorben. Das hat Vater und Tochter noch mehr zusammengeschweißt. Seiner Tochter rechnet er hoch an, dass sie sich, damals noch im Studium, eindeutig zur Firma bekannt hat. Es gab eine attraktive Verkaufsoption – die für Carletta aber nie in Betracht kam.

Internationale Ausrichtung

Carl-August Heinz kam 1976 in die Firma und wurde nach dem frühen Tod seines Vaters 1977 Alleingeschäftsführer. Mit 700 Beschäftigten an zwei Standorten wurden damals umgerechnet 15 Millionen Euro Umsatz erzielt. Der Diplomkaufmann betrieb die systematische Internationalisierung der Familienfirma. Jetzt, da die Tochter an Bord ist, kann er sich kontrolliert zurücknehmen. Bisher war das allerdings mehr Theorie. „Mein Terminkalender ist voll wie nie.“

Für den ASV Kleintettau (immerhin in der Bezirksliga), den Heinz fördert, muss aber schon Zeit sein. Auch politisch will er mitreden, ist Gemeinde- und Kreisrat. Vor zwei Jahren dachte er noch: „Mit 70 hör‘ ich in der Firma auf.“ Das könnte sich nun wieder ändern. Sollte es Nachwuchs bei der Tochter geben, muss ihr Papa wohl noch etwas länger bleiben.