Harry G schimpft auf Isarpreussen

Von Wolfgang Karl
Eigentlich ist er gar nicht so mit erhobenem Zeigefinger unterwegs. Aber - egal: Harry G im Zentrum. Foto: Andreas Harbach Foto: red

Was fürchtet ein Bayer in Bayern eigentlich am meisten? Ein Abend mit Harry G, der Antworten liefert. Vor allem auf die Frage, ob es eigentlich schon zu viele Münchener gibt. Oder nur zu wenige echte. Ein Oberpfälzer, der Oberfranken über München herzieht: Den Menschen im Zentrum hat's gefallen.

 
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München ist das Paradies. Diese Aussage mag vielen Oberfranken bekannt wie befremdlich erscheinen, es bleibt dabei: Viele Menschen zieht es nach München. Dass auf Grund der guten Luft, der nahen Berge und der gutbezahlten Jobs allerdings zu viele Menschen nach München ziehen, das sagen die, die ohnehin schon da wohnen.

Harry G ist so einer.

Dabei wären es ja nicht die anderen Bayern, die ihm sein München vergällen. Nein, der dort heimisch gewordene deutsche Nicht-Bayer ist für ihn das „Arschloch“ per se. Man muss dazu sagen: Jenses Wort verwendet der Bayer an sich gerne für die Allgemeinheit – besonders dann, wenn sie  alle „narrisch“, also „irre“, sind. Wenn die Welt so recht spinnt, schüttelt der Bajuware gern sein Haupt und stellt resigniert fest, dass „doch die alle nicht ganz sauber sind“. Damit nimmt er sich natürlich auch selbst aus der Verantwortung. Ist es denn seine Schuld, wenn die Welt verrückt spielt? Wenn 35 Euro Miete pro Quadratmeter immer noch als "günstig" gelten? Wenn zur Besichtigung die Schlange bis um den Häuserblock reicht? Nein, Es ist die Schuld des Bayern nicht: War er doch schon da, gehört München quasi ihm.

Doch sein Paradies hat einen Parasiten: Den „Isar-Preißn“. Das ist der Norddeutsche, der die Lederhosn für 60 Euro kauft und mehr Yoga-Studios aufbaut, als es in München Kindertagesstätten gibt. Er ist auch der Typ in der Schlange – nicht nur vor der Wohnung, sondern auch beim Sonntagsausflug zum Tegernsee im geleasten Porsche. Kurzum: Für Harry G ist er der Typ, der die Stadt verstopft.

Quelle: Youtube

Natürlich wird einem geradezu schlecht bei der Vorstellung von diesen Polohemdgesichtern zu  Bootsschuhen, die der Regensburger da auf die Bühne bringt. Wenn man denn Zeit hat, Luft zu holen. Denn eigentlich ist man nur mit Gackern beschäftigt: Fast zwei Stunden lang führt einen Harry G, dessen Berühmtheit vor zweieinhalb Jahren ein Youtube-Clip über die Wiesn begründete, durch sein Leben mit dem Isar-Preussen. Die Pointen kommen im Fünf-Sekunden-Takt. Lustig ist er vor allem, weil er sich so schön aufregen kann. Ein Bayer, der ins kreative Schimpfen gerät, ist einfach herrlich.

Der Isar-Preusse breitet sich aus

Ein gutes Beispiel dafür ist seine Schelte auf Yoga-Mütter. Tun ja den ganzen Tag nichts anderes, als mit dem Chai-Latte in der Sonne herumsitzen und den anderen Müttern erklären, dass sie ihr Fleisch vom Bio-Bauern haben – wenn sie denn Fleisch essen. Doch Harry G hat dazu auch einen passenden Tipp – sozusagen Lebenshilfe in richtiger Perspektive: „Liebe Bio-Mama: Während du deiner Vegan-Freundin erklärst, wie biologisch wertvoll dein Futter produziert wird, denk daran, dass in Bangladesch Kinder für zwei Euro am Tag deine Yoga-Hosen zusammennähen, und red ned so gscheid daher.“ Lachen, Applaus und „Jawohl“-Rufe im Saal: Harry G, der Anwalt der Bodenständigen, findet Anklang beim Publikum.

Was er von München erzählt, das klingt in Bayreuth wie der Bericht von einem Ufo: Unbekannt und abgehoben wirkt sein München der Pseudo-Schickeria. Wer schon öfter da war, weiß aber: Das gibt es. Seine Analyse? Der Isar-Preusse ist, laut ihm, gefährlicher als ein regulärer Preusse. Der sei lediglich wie ein Joghurtfleck. Einmal angespuckt, verschwindet er. Aber der Isar-Preusse? Breitet sich aus wie ein Rotweinfleck auf einem weißen Hemd. Nur dass das Hemd, auf dem sich der Isarpreiß ausbreitet, eben München heißt.

Zum Thema Pseudo-Schickeria und zu anderen Münchner Albernheiten: Harry Gs sehenswerte Tirade über SUV. Quelle: Youtube

„Isarpreißn“ aus Ostdeutschland gibt es übrigens auch in der Monacho-Anthropologie des Harr G. Es sind „Zonen-Wolpertinger“. Das Fabelwesen Wolpertinger ist – so geht die Mär – einst erfunden worden, um Preussen vom Jagen in Bayern auszuschließen. Jagen, wohlgemerkt, vom Zuzug nach München war da noch gar nicht die Rede.

Heute zeigt Harry G selbst gar fabelhaft, warum ihn dieses Wesen wohl irgendwann aus München vertreibt. Ein gnadenlos komischer, ein sehr bayerischer Abend im Zentrum in Bayreuth.

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