"Es ist eine große Freude" - "i. V." auf Attest entscheidend Gustl Mollath kommt sofort frei

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Der in der Bayreuther Psychiatrie sitzende Gustl Mollath kommt sofort frei. Das Oberlandesgericht Nürnberg hat am Dienstag die Wiederaufnahme des Strafverfahrens beschlossen. Grund: der Vermerk "i. V." auf einem Attest.

 
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„Ich habe es als erster gewusst“, sagt Mollaths Anwalt Gerhard Strate (63). Für ihn ist es „die Wiederherstellung des Rechtsstaates“ in Bayern. Mollath selbst sagte seinem Anwalt, „es ist eine große Freude“.

"i. V" entscheidend

Mit der Entscheidung hob der 1. Strafsenat eine Entscheidung des Landgerichts Regensburg auf. Dieses hatte am 24. Juli 2013 die Wiederaufnahmeanträge von Staatsanwaltschaft und Verteidigung als unzulässig verworfen. Der Senat stützt seine Entscheidung auf einen Paragrafen der Strafprozessordnung. Danach ist die Wiederaufnahme eines rechtskräftig abgeschlossenen Strafverfahrens zulässig, wenn eine in der Hauptverhandlung zu Ungunsten des Verurteilten vorgebrachte Urkunde "unecht" ist. Als solche im juristischen Sinne "unechte Urkunde" wertet der Senat laut Pressemitteilung ein ärztliches Attest vom 3. Juni 2006. Dieses Attest wurde zwar von einem approbierten Arzt verfasst und ausgestellt, der zudem die zugrunde liegende Untersuchung persönlich durchgeführt hatte. Das Attest selbst nennt aber nur den Namen der Praxisinhaberin, so dass der Eindruck entstand, diese gebe ihre eigenen Feststellungen wieder. Durch übermäßige Vergrößerung der Urkunde könne zwar festgestellt werden, dass der Unterschrift ein Vertretungshinweis beigefügt war ("i. V."). Auf dem Attest in Originalgröße sei dieser Zusatz aber weder für den Senat noch für die Verfahrensbeteiligten im Ausgangs-verfahren erkennbar gewesen.

Gleichzeitig ordnete der Nürnberger OLG-Senat eine neue Hauptverhandlung an und verwies das Verfahren an eine andere Kammer des Landgerichts Regensburg.

Merk äußert sich zufrieden

Die bayerische Justizministerin Beate Merk (CSU) äußerte sich am Dienstag zufrieden mit der OLG-Entscheidung. Ihr Ziel, den Fall neu aufzurollen, sei erreicht. "Die Justiz hat nun Gelegenheit, in einem weiteren öffentlichen Verfahren zu klären, ob Herr Mollath zu recht untergebracht ist oder nicht - und damit auch die Zweifel, die viele Menschen an dieser Entscheidung haben."

ott/dpa

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