Grüne Bakterien im Weißenstädter See

Von Andreas Gewinner

Die Weißenstädter haben ein Problem mit ihrem See: Blaualgen. Deswegen musste das Landratsamt eine Badewarnung aussprechen. Kein Badeverbot wohlgemerkt. Eine schnelle und einfache Lösung für das Problem gibt es nicht. Und die üblichen Verdächtigen, die Landwirte, sind diesmal nicht die Hauptschuldigen.

 
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Blaualgen sehen dem Namen zum Trotz nicht wie Algen aus. Es sind Bakterien, die sich als grüne Schlieren oder Klumpen auf der Wasseroberfläche zeigen. Sie sondern Giftstoffe ab, die zu Hautreizungen führen können. Beim Verschlucken größerer Wassermengen sind Durchfall sowie Leber- und Nierenerkrankungen möglich.

Eine, die sich von den grünen Bakterien vom Schwimmen nicht abhalten lässt, ist Jutta Jahreis (32) aus Weißenstadt. Bis zu dreimal am Tag schwimmt sie im See, wenn es warm genug ist. "Das Schwimmen in diesem Panorama ist mir wichtiger", sagt sie. Probleme hat sie deswegen noch nicht gehabt.

Schon letztes Jahr tauchten die grünen Bakterien namens Blaualgen im See auf, im August musste eine Badewarnung ausgesprochen werden. Und dieses Jahr bereits im Juni. Grund für die Stadt zu handeln. In der jüngsten Stadtratssitzung erläuterte der Diplom-Geoökologe Christoph Hartmann vom Bayreuther Fachbüro GeoTeam die Ursachen und möglichen Lösungen.

Der Hauptschuldige an den Blaualgen im See heißt: Phosphat. Phosphat wird vor allem nach starkem Regen über die in den See mündenden Bäche, vor allem die Eger, in den See geschwemmt. Kommen andere Faktoren hinzu - hohe Temepraturen, zuvor ein milder Winter mit wenigen Tagen Eisdecke auf dem See - passiert das, was dieses Jahr geschah: Algenblüte bereits früh im Sommer.

Wo kommt das Phosphat her? Rund um den See gibt es kaum noch Äcker, überwiegend Grünland, und wegen der Trinkwasserschutzgebiete wird auf vielen Flächen schonende Landwirtschaft betrieben. Aber seit der Flurneuordnung sind Bäche begradigt, die zudem tief liegen. Und bei starkem Regen und dann rasch fließenden Wasserläufen wird immer noch genug Sediment in den See gespült. Und Phosphat kommt auch aus dem Wald. Er wird aus Gestein ausgewaschen und nicht mehr in den Moorflächen zurückgehalten, die es früher mehr als heute gab.

Der Klimawandel arbeitet zusätzlich gegen den See: Höhere Temperaturen mit längeren Vegetationsphasen und weniger Tagen mit strengem Frost verbessern die Voraussetzungen für Algenwachstum. Hartmann hat sich Daten einer nahen Klimastation der vergangenen zwölf Jahre angeschaut und gemittelt. Der Befund ist deutlich. Die Vegetationszeit wuchs von 210 auf 230 Tage. Und die Zahl der Eistage auf dem See sank von 54 auf 29 Tage. Und die Zunahme von Starkregen verstärkt das Problem.

Was kann getan werden und läuft zum Teil schon?

- Moorrenaturrierung, die hilft Phosphat zurückzuhalten.

- Mulden auf landwirtschaftlichen Flächen, in denen das Phosphat zurückgehalten wird.

- Anbau von Becherpflanzen statt Mais, was die Bodenerosion verringert.

- Die Bachsohlen der begradigten Wasserläufe erhöhen. Das würde aber auch die Überschwemmungsgefahr erhöhen.

- Den Fischbesatz im See ändern: Mehr Raubfische, weniger Weißfische. Denn Raubfische fressen Weißfische. Dann bleibt mehr Plankton, das sonst die Weißfische fressen. Und Plankton frisst Algen.

- Als kurzfristige Sofortmaßnahme eine Belüftung des Seegrundes.

- Was auch ginge, aber teuer und keine dauerhafte Lösung ist: Die Algen mit Chemikalien oder mit Ultraschall zu neutralisieren.

"Maßnahmen im See allein helfen nicht weiter", fasste Hartmann zusammmen, der von "komplexen physikalischen und chemischen Prozessen" sprach. Oder, wie es Bürgermeister Frank Dreyer formulierte: "Die eine Tablette, die man in den See schmeißt, gibt es nicht."

Stattdessen sollen nun wieder Projekte aus der Schublade geholt werden, die vor über zehn Jahren am mangelnden Geld der Stadt und an fehlenden Zuschüssen scheiterten.

Und eine Sofortmaßnahme soll es doch geben, die Luft verschaffen soll, bis die längerfristigen Projekte umgesetzt sind und ihre Wirkung entfalten: Im Herbst soll der See, wie schon 2003 abgefischt und so weit wie möglich trockengelegt werden, damit man die auf ein bis zwei Meter Dicke angewachsene Schlammsohle zumindest teilweise abtragen kann. Die Erfahrungen der Vergangenheit zeigten, dass dies für zehn bis 13 Jahre Luft verschafft.

Und wer dieses Jahr trotzdem noch schwimmen will, macht es einfach wie Jutta Jahreis: "Ich achte beim Schwimmen darauf, kein Wasser zu schlucken. Und wenn mal zu viel grüne Klumpen im Wasser sind, schwimme ich eben nicht."

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