Grünwald rechnet mit den Deppen ab

Von Gordian Beck
Foto: dpa Foto: red

Der Kabarettist Günter Grünwald leidet gewaltig unter den vielen Deppen, mit denen er zu tun hat. Am Freitagabend durften die Bayreuther an seiner Leidensgeschichte teilhaben - was sie mit großem Vergnügen taten.

 
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Nein, ein Misanthrop, ein Menschenfeind, ist Günter Grünwald nicht. Auch wenn er sich in seinem neusten Kabarett- und Comedyprogramm, mit dem er am Freitagabend in der fast ausverkauften Stadthalle gastierte, vordergründig als solcher präsentiert. Als „Deppenmagnet“, nämlich.

Als einer, der leidet. Als einer, der vom Leben gestraft ist. Weil er auf die Deppen der Welt eine „unerklärlich magische Anziehungskraft“ ausübe. Ssssssst – Klonk – und schon klebt der nächste an ihm. Und textet ihn zu. Ob er will oder nicht, das Schicksal kennt da kein Erbarmen. Dafür hat Grünwald wieder eine Geschichte, die er erzählen kann.

Einfacher geht es nicht, konzeptionell gesehen. Effektiver, allerdings, auch nicht. Denn die Schilderung des Absurdistans des Alltags, das ist die große Stärke Grünwalds. Dass die Menschen, denen er begegnet, die er beobachtet oder zitiert, dabei nicht sonderlich gut wegkommen, liegt in der Natur der Sache. Er hat es eben mit „Deppen“ zu tun.

"Born in Toulouse"?!

Mit einem Tätowierer, beispielsweise, der das gewünschte "born to lose" in ein "Born in Toulouse" verwandelt. Oder einer Fleischfachverkäuferin, die grandios an der Umrechnung von einem „Viertel Pfund Fleischwurst“ in Gramm scheitert.

Faszinierend ist, wie Grünwald dabei mühelos von einem Thema zum nächsten springt, beispielsweise über heilende Steine doziert, um wenig später über Blümchensex in "Fifty Shades of Schwachsinn" zu referieren.

Atempausen gibt es selten bei ihm, die Geschichten sprudeln nur so. Inklusive jener kleinen, versteckten Fouls, die bei ihm das Salz in der Suppe sind. Kein Wunder, dass da das Publikum begeistert mitgeht und auch die große Keule goutiert, die Grünwald regelmäßig auspackt, obgleich er das eigentlich gar nicht nötig hätte.

Ein Spott-Profi

Denn das, was er ebenso routiniert wie engagiert vorträgt, würde auch ohne zusätzliche verbale Pyrotechnik funktionieren. Andererseits ist gerade diese über die Jahre – Grünwald ist einer der alten Hasen in der Szene – zu seinem Markenzeichen geworden. Das kann man gut finden oder auch nicht, der Erfolg, jedenfalls, gibt Grünwald Recht.

In Bayreuth stand er über zwei Stunden auf der Bühne, ein ebenso dankbares wie enthusiastisches Publikum vor sich, das ihm wohl auch noch weitere Stunden gelauscht hätte, hätte er ihm diese zugestanden. Stoff, das darf man annehmen, hätte Grünwald genug. Dafür sorgt schon das Leben mit all seinen Absurditäten. Man muss nur genau hinsehen. Grünwald tut es, auch nach langen Jahren, immer noch.