Gewaltige Eingriffe in die Landschaft

Von Stefan Linß

Die Bagger arbeiten im Dauerbetrieb. Sie befüllen einen Lkw nach dem anderen. Die Laster transportieren den Aushub durch die riesigen Baustellen, schütten die Erde zu Bergen auf und schaffen ganz neue Landschaften. Naturschützer haben lange vor dem Bau der Ortsumgehungen in Untersteinach und Melkendorf vor massiven Einschnitten in die Natur gewarnt. Dass die Erdbewegungen in Schorgasttal und Rotmaintal gewaltig sein werden, war in den Plänen und den animierten Vorschauen des Staatlichen Bauamts ersichtlich. Mittlerweile begreifen alle Beobachter die Dimensionen.

 
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Mit dem Ende des Winters arbeiten die Baukolonnen in Untersteinach wieder in größerer Stärke und erhöhen ihre Schlagzahl. Die drei Kilometer lange Neubaustrecke der B 289 wird über mehrere Brücken das Tal überwinden.

Tonne für Tonne an Aushubmaterial lässt künstlich angelegte Berge weiter wachsen. Wanderer, Radfahrer und ebenso die Anwohner staunen über das Ausmaß der Großbaustelle. Das Schorgasttal erhält ein völlig neues Gesicht.

Ein ganz ähnliches Bild zeigt sich im Rotmaintal bei Melkendorf. Dort schneidet sich die 2,8 Kilometer lange Trasse, die zur neuen Staatsstraße 2190 werden soll, durch die ehemaligen Felder und Wiesen.

Wertvolle Landschaft zerstört

Gegen beide Bauprojekte hat der Bund Naturschutz jahrelang gekämpft. Er bezeichnete sie als "nicht hinnehmbaren Eingriff in die Natur, Heimat und die Existenz landwirtschaftlicher Betriebe". Die wertvolle Landschaft werde zerstört, die Risiken für die Natur und die Lebensqualität der Menschen sei gar nicht abschätzbar. Die Naturschützer kritisieren den hohen Flächenverbrauch und forderten statt der neuen Umgehungsstraßen alternative Verkehrskonzepte.

In Melkendorf und in Untersteinach hatten sich Bürgerinitiativen formiert, die den Bau der Straßen verhindern wollten. Auf der anderen Seite war der Wille für die Ortsumgehungen groß. Nach langem Warten und etlichen Verzögerungen gehen die Bauarbeiten nun zügig voran.

Das Staatliche Bauamt hat nach eigenen Angaben die Bedenken der Naturschützer aufgegriffen und zugesichert, dass neue Lebensräume für betroffene Tiere, unter anderem für Feldlerchen und Rebhühner, geschaffen werden. Die sogenannten Ausgleichsflächen waren einst landwirtschaftlich genutzte Äcker und Wiesen und dienen fortan den Tieren als Rückzugsgebiete.

Flächenverbrauch über dem Durchschnitt

Je weiter sich die Bagger an der Schorgast und am Roten Main durch die Täler graben, desto größer wird im Kulmbacher Land die Siedlungs- und Verkehrsfläche. Gleichzeitig sinkt der Anteil der landwirtschaftlichen Nutzfläche.

2016 hat es nach Auskunft des bayerischen Landesamtes für Statistik im Vergleich zum Vorjahr bei den Siedlungen und Verkehrsflächen bereits einen Zuwachs um 37,8 Hektar gegeben. Umgerechnet sind das rund 53 Fußballfelder. Mit einer Steigerung um 0,5 Prozent liegt der zusätzliche Flächenverbrauch im Landkreis über dem gesamtbayerischen Durchschnitt von 0,4 Prozent und ist sogar doppelt so hoch wie der oberfränkische Schnitt von 0,26 Prozent. Die Zahlen haben die Statistiker vor wenigen Monaten bekannt gegeben.

Mit den neuen Großprojekten in Melkendorf und Untersteinach wird der Zuwachs an Siedlungs- und Verkehrsfläche weiter steigen. Dabei ist der Raum Kulmbach auch heute schon vergleichsweise reich an Straßen. Oberfrankenweit befindet sich im Landkreis bereits die viertgrößte Verkehrsfläche. Das geht aus der jüngsten Auswertung der Liegenschaftskataster hervor. Nur in den Landkreisen Bayreuth, Bamberg und Hof gibt es noch mehr Straßen. Dort übertrifft allerdings auch die jeweilige Gesamtfläche den Kreis Kulmbach bei weitem.

Jetzt geht es erst richtig los

Im Jahr 2016 waren im Landkreis Kulmbach schon 1642,92 Hektar nur mit Verkehrswegen überbaut. Verglichen mit dem Vorjahr lag die Steigerung bei 15,2 Hektar, das sind 0,9 Prozent. Im selben Zeitraum sind in ganz Oberfranken die Straßenverkehrsflächen um durchschnittlich 0,38 Prozent gewachsen. Das bedeutet, dass fast 22 Prozent aller Straßen, die 2016 im Regierungsbezirk gebaut wurden, im Raum Kulmbach entstanden sind.

Und seitdem hat die Bautätigkeit im Landkreis erst richtig Fahrt aufgenommen.

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