Die besten Orthopädie-Schuhmacherinnen

Von Andrea Pauly
Die Bayreuther Orthopädie-Schuhmacherinnen zählen zu den Besten ihres Fachs: Hannah Knott (links) ist Bayerns beste Gesellin, Ulrike Kamphausen hat eine der besten Meisterprüfungen in Deutschland abgelegt. Foto: Andrea Pauly Foto: red

Eigentlich wollte Hannah Knott ein Praktikum in einer Facharztpraxis für Orthopädie machen. Sie schaute  nicht genau hin und bewarb sich unabsichtlich beim Orthopädie-Schuhmacher. Es gefiel ihr so gut, dass sie sich für eine Ausbildung entschied, die sie als Beste in Bayern abgeschlossen hat. Parallel dazu legte ihre Kollegin Ulrike Kamphausen eine der besten Meisterprüfungen in Deutschland ab.

 
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In der kleinen Werkstatt im ersten Stock des Hinterhauses am Hohenzollernring arbeiten die beiden jungen Frauen Seite an Seite. Sie helfen Menschen, die Gelenkschmerzen haben, wegen Verletzungen oder Behinderungen nicht richtig laufen können, unter Haltungsschäden oder deformierten Füßen leiden. Hannah Knott und Ulrike Kamphausen sind Orthopädie-Schuhmacherinnen im Betrieb von Martin Kistner.

Reaktion: "Bitte was?"

Wenn Hannah Knott erzählt, was sie beruflich macht, lautet die Reaktion meistens: "Bitte was?". Orthopädie-Schuhmacherin zählt nicht unter jungen Leuten zu den gefragten Ausbildungsberufen. "Es ist schwer, Auszubildende zu finden", sagt Martin Kistner, in dessen Betrieb Hanna Knott und Ulrike Kamphausen gelernt haben und angestellt sind.

Glückliche Kundin gibt den Ausschlag

Das war auch für Hannah nicht anders: Als sie merkte, dass sie sich bei einem Orthopädie-Schuhmacher beworben hatte, "war es schon zu spät". Sie trat das Praktikum an. "Es hat Riesenspaß gemacht." Die Entscheidung fiel endgültig, als die Kundin, an deren Schuh sie eine Woche lang mitarbeiten durfte, mit strahlendem Lächeln den Laden verließ. "Sie war so glücklich. Da habe ich mir gesagt: Das will ich machen." Sie weiß: Eine Industriekauffrau verdient mehr. "Aber das ist nicht ausschlaggebend", sagt die 20-Jährige. "Der Beruf muss Spaß machen. Man macht das schließlich ein Leben lang."

Sieg auf Landesebene

Die Hummeltalerin hat im Februar ihre dreieinhalbjährige Ausbildung abgeschlossen. Mit ihrem Gesellenstück - einem Paar Lederstiefel samt Versteifungen und Verkürzungsausgleich für einen Patienten mit Sprunggelenksfraktur - hat sie erst den Sieg in der Handwerkskammer Oferfranken und nun auch den Besten-Titel auf Landesebene erreicht. Im November steht der Bundesentscheid an. 

"Unser Chef ist ein Perfektionist"

Ein bisschen Lernen hat schon dazugehört. Aber weil ihr der Beruf so viel Spaß macht, fällt ihr das leicht. Zudem habe sie im Betrieb immer Anleitung und Hilfe bekommen. "Es gab andere Lehrlinge, die waren sich selbst überlassen." Vor allem aber färbte eines ab: "Unser Chef ist ein Perfektionist." Wenn immer alles hundertprozentig sein müsse, werde man gut.

Alles ganz genau nehmen

Auch Ulrike Kamphausen nennt die Perfektion im Betrieb Kistner als Grund für ihren Erfolg bei der Meisterprüfung: In der Meisterschule in Siebenlehn bei Dresden sei sie von manchen Kommilitonen belächelt worden, weil sie alles ganz genau nahm. Aber eben das machte den Unterschied: Sie schloss die Meisterprüfung als Beste ihrer Schule ab. Deutschlandweit gibt es nur vier Meisterschulen für Orthopädietechnik. Im November findet in Dresden eine Freisprechung für 400 Meister unterschiedlicher Handwerksberufe statt. Im Vorhinein hat die 27-Jährige erfahren, dass sie zu den zehn Besten dieser 400 Jungmeister zählt.

Begeistert von der Vielfalt

Anders als Hannah war die Bayreutherin nach dem Abitur ganz bewusst auf der Suche nach einem handwerklichen, aber kreativen Beruf: Goldschmiedin, Geigenbauerin oder Schreinerin wären ebenfalls in Frage gekommen. Und genau wie ihre jüngere Kollegin genießt es auch die 27-Jährige, mit ihrer Arbeit Menschen helfen zu können. Die Mischung aus traditionellem Handwerk, Medizin, modernen Werkstoffen und Kreativität bei der Lösung von individuellen Sonderfällen - das ist es, was die beiden Orthopädie-Schuhmacherinnen begeistert.

Sowohl Hannah Knott als auch Ulrike Kamphausen wollen jetzt erst einmal Berufserfahrung sammeln und ihr Wissen vertiefen. Beide bleiben im Betrieb Kistner. Und ihr Chef Martin Kistner ist stolz, die beiden erfolgreichen jungen Frauen in seinem Team zu haben. Für ihn ist das Geheimnis einer erfolgreichen Ausbildung nicht nur die Perfektion, sondern auch die Motivation: "Wenn sie motiviert sind, haben sie Spaß. Und dann können sie auch Höchstleistungen bringen."

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