Dagmar Voß, die Geschäftsführerin der Landesgartenschau, spricht im Interview über den Umgang mit diesem und anderen organisatorischen Problemen Gartenschau-Chefin kritisiert Gastronom

Von Frank Schmälzle und
Die Kritik am Catering auf der Landesgartenschau reißt nicht ab: Die Landesgartenschau-Geschäftsführerin Dagmar Voß hat im Gespräch mit dem Nordbayerischen Kurier darauf hingewiesen: Sie habe die Probleme im Blick. Foto: Eric Waha Foto: red

Die Kritik reißt nicht ab: Immer wieder steht die Gastronomie der Landesgartenschau in Bayreuth im Fokus der Beschwerden der Besucher. Aber es ist nicht nur die Gastronomie von Caterer Matthias Polster. Der Nordbayerische Kurier sprach mit Dagmar Voß, der Geschäftsführerin der Landesgartenschau, über den Umgang mit den Problemen und Strategien für die nächsten drei Monate bis Ende der Gartenschau.

 
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Frage: Frau Voß, uns erreichen immer wieder Beschwerden, die den Eindruck verfestigen, es gebe grundsätzliche Probleme bei der Landesgartenschau. Sehen Sie angesichts der Beschwerden langsam den Ruf der Veranstaltung in Gefahr?

Dagmar Voß: Ich kann es schlecht einschätzen, wie viel Prozent der Besucher das tatsächlich so sehen. Im Verhältnis zu den Gesamtbesuchern ist es eine relativ kleine Zahl an Beschwerden. Aber man weiß nicht, ob die anderen sich nur nicht rühren. Natürlich wird die Gastronomie immer mit der Landesgartenschau in Verbindung gebracht. Auch wir haben höchstes Interesse dran, dass das gut läuft.

Macht es Ihnen denn noch Spaß?

Voß: Die Gartenschau? Na klar!

Welche Kritikpunkte kommen denn bei Ihnen direkt an?

Voß: Wir hatten am Anfang noch ein paar Kritikpunkte wegen der Beschilderung innerhalb der Stadt. Da haben wir ziemlich schnell reagiert und nachgerüstet. Was sehr gut gelaufen ist meiner Meinung nach, weil da gar keine Beschwerden kamen, war das Volksfest. Diesbezüglich hatten wir erst mal ein bisschen Bauchschmerzen, weil der Volksfestplatz für uns ein sehr großes Parkpotenzial hat. Die Beschwerden die uns sonst erreichen, gibt es bei anderen Gartenschauen auch: Der eine vermisst die Rosen, der andere beschwert sich, wenn er die Zeit erwischt, wo wir von Frühjahrs auf Sommerflor wechseln, weil er zu wenig Blüte sieht. Aber sonst: alles im normalen Rahmen.

Der Hauptpunkt ist die Gastronomie: Leute beschweren sich über lange Wartezeiten, dass die Gastronomie vor Ende der Einlasszeit schließt, dass Speisen, Getränke, Eis nicht in ausreichendem Maß vorhanden sind. Liegt das am Gastronom? Am Personal?

Voß: Da muss Ihnen der Gastronom Auskunft geben.

Aber das muss Sie doch interessieren?

Voß: Wir treffen uns regelmäßig, haben jede Woche einen Jour-fixe. Ich habe mich auch nach den letzten Beschwerden mit dem Chef der Gastronomie zusammengesetzt. Wir rüsten jetzt noch einmal ein paar Dinge nach. Das heißt: Wir versuchen, für die Spitzentage ein paar Plätze mehr zu schaffen. Etwa an der Sandsteinbrücke und auf der anderen Seite, wo die Junge Landesgartenschau ist. In der Oberen Röth wird der Gastronom eine weitere Pagode aufstellen, wir schaffen in dieser Woche dafür die Infrastruktur. Und wir haben uns darauf geeinigt, dass der Bierwagen bei der Hauptgastronomie ständig stehen bleibt.

Am Sonntag hat gerade der Wagen beispielsweise um 17 Uhr geschlossen.

Voß: Es kommt immer darauf an, wie viele Leute noch auf dem Gelände sind. Es muss uns gelingen, die Spitzen abzufangen. Aber wenn am Abend nichts mehr los ist, denke ich, muss nicht jeder Stand offen bleiben. Die Gastronomie soll sich nach dem Bedarf richten. Und man muss auch eines bedenken: Die Leute, die in der Gastronomie und auch sonst im Gelände unterwegs sind, sind jeden Tag viele Stunden auf den Beinen.

Der Gastronom hat doch auch ein bisschen was gut zu machen, oder? Müsste man jetzt nicht sagen, man macht besser zu viel Service als zu wenig?

Voß: Ja. Klar. dazu ist er aber, denke ich, auch bereit. Die letzten Gespräche liefen schon in diese Richtung. Er hat zugesagt, alles zu tun, um die Kunden zufrieden zu stellen.

Das haben wir allerdings auch schon mal gehört. Welche Mittel haben Sie denn, den nötigen Druck auszuüben, dass das auch funktioniert?

Voß: Er macht sich ja selber den Ruf kaputt. Das ist ein Gartenschau-Caterer. Und es gibt ja nicht nur uns, sondern auch andere Gartenschauen, bei denen er gerne wieder einen Auftrag bekommen möchte. Es ist in seinem Interesse, dass er seinen angeschlagenen Ruf rettet.

Das war nicht die Frage: Welche Möglichkeiten haben Sie denn, ihm zu zeigen, dass er liefern muss? Oder können Sie nur appellieren?

Voß: Wir können miteinander reden. Letztendlich müssten wir uns, wenn es nicht klappt, juristisch beraten lassen, ob es sich dabei um einen Vertragsbruch handelt.

Haben Sie darüber schon einmal nachgedacht?

Voß: Bislang haben wir es mit gutem Willen versucht. Denn es ist wie mit jedem anderen Partner auch: Man versucht, gut mit den Leuten zurecht zu kommen. Und es ist ja nicht das erste Mal, dass wir mit ihm zusammenarbeiten. Er hat beispielsweise Bamberg gemacht, dort ist mir so etwas nicht zu Ohren gekommen. Es kursieren leider auch viele Fehlinformationen: Es ist nicht so, dass er unser Haupt-Caterer ist und automatisch für jede Gartenschau den Auftrag erhält. Es ist seine dritte Veranstaltung in Bayern. Hessen hat schon viel mit ihm zusammengearbeitet und der Kollege dort war immer sehr zufrieden. Was wirklich schlecht war: Dass die Bewirtung an  Christi Himmelfahrt mit 16.000 Besuchern, der Tag mit den bis heute meisten Besuchern bei uns, nicht gut gelaufen ist.

Erfüllt er denn die vertraglichen Verpflichtungen?

Voß: Ja. Mit allem, was wir verlangt haben. Sei es die Preisgestaltung. Sei es die Verwendung regionaler Produkte. Die Personalpolitik können wir ihm nicht vorschreiben. Er ist verpflichtet den Betrieb nach den Erfordernissen zu führen. Wie viel Personal er vorhalten muss, schreiben wir ihm nicht vor. Das weiß ich auch nicht, ich bin kein Gastronom.

Gibt es denn festgeschriebene Service-Zeiten?

Voß: Die Gastronomie sollte von 9 bis 19 Uhr auf haben. Zwei Standorte müssen auf alle Fälle bis 19.00 Uhr offen sein: der Kiosk im Kulturkabinett und in der Oberen Röth das Bedienrestaurant. Es ist aber tatsächlich auch ein bisschen schwer vorauszusehen, wie es läuft.

Das interessiert die Leute aber wenig, wenn sie auf der Gartenschau stehen und unzufrieden sind. Das schlägt ja auf die Gartenschau zurück.

Voß: Das ist auch der Fluch der neuen Medien. Wie ernst muss ich das nehmen, wenn einer auf Facebook schreibt, dass er zwar noch nie auf einer Landesgartenschau war und auch nicht hingeht, weil er gehört hat, dass der Caterer schlecht ist?

Sehr ernst, weil das vielleicht ein Kunde ist, der Ihnen verloren gegangen ist.

Voß: Aber ich wette mit Ihnen, dass der auch so nicht gegangen wäre. Ich muss mir doch selber ein Bild davon machen. Und es ist nicht so, dass es an jedem Tag Probleme geben würde. Der Gastronom kann noch so aufrüsten - er bringt aus seiner Küche irgendwann mal nicht mehr raus. Das ist aber bei jeder Gastronomie so. Wenn auch immer gesagt wird, der könnte viel mehr verdienen: Nein, irgendwann verdient er nicht mehr. Es ist vom Verdienst kein Unterschied mehr, ob 6000 oder 10.000 Menschen auf dem Gelände sind. Sprechen Sie mal mit anderen Gastronomen, die kennen das. Die meisten drängen sich nicht nach dem Geschäft. Und wenn ich dann lese: Muss da einer aus dem Osten kommen? Also bitte, wo sind wir denn? Seit über 25 Jahren haben wir ein vereintes Deutschland. Nicht alle Kritik ist sachlich. Sagen wir es mal so.

Wie kann man die Kritik denn generell einordnen?

Voß: Was wir bekommen an eMails, nehmen wir natürlich sehr ernst. Das leiten wir auch weiter. Sie haben doch selber auch schon mit ihm gesprochen: Der Gastronom ist bemüht, was an Kritik kommt aufzufangen. Und wieder gut zu machen. Er möchte ja auch weitere Aufträge haben. Es waren  zum Beispiel schon Vertreter andere Gartenschauen da, ebenfalls an stark besuchten Tagen. Diese haben auch lange gewartet. So etwas merkt man sich schon.

Wie stellen Sie denn sicher, dass sich die Probleme, die es gab, nicht wiederholen?

Voß: Wir haben uns gemeinsam mit ihm auf Verbesserungsmaßnahmen geeinigt, die wird er durchführen. Wir müssen dafür noch Strom legen, das werden wir in dieser Woche machen, damit alles am Wochenende laufen kann. Dann muss er sich an die Vereinbarungen halten. Natürlich schauen unsere Leute auch darauf wie die Stände besetzt sind, wie lange sie offen sind.  Wenn es dann nicht läuft, muss man sich andere Schritte überlegen.

Die können ja kaum lauten: Man nimmt die Gastronomie raus, oder?

Voß: Ohne Gastronomie wäre noch schlimmer. Die Gastronomie selber ist ja nicht schlecht. Über die Qualität des Essens kam zum Beispiel noch keine Kritik.

Sie stecken in der Zwickmühle?

Voß: Es ist schwierig, natürlich. Wir hatten das Ganze öffentlich ausgeschrieben und hatten zwei Angebote.

Sind Sie auf den guten Willen des einen Bewerbers angewiesen?

Voß: Es gibt ja zumindest diesen einen anderen Mitbewerber. Damit haben wir schon noch ein Druckmittel.

Haben Sie dem Gastronomen gesagt, dass man sich von ihm trennen könnte, wenn es nicht läuft?

Voß: Das wäre eine Situation, die ich zum allerersten Mal erleben würde. Aber ich mache ja vieles zum ersten Mal. Zum Vorteil wäre das aber nicht. Denn Abbauen während der Veranstaltung geht nicht. Und es ist nicht so, dass er unwillig ist.

Könnte man das Gastro-Thema aufgrund der Erfahrungen auf andere Füße stellen? Dass die Gartenschau das Equipment stellt, die von regionalen Gastronomen genutzt werden könnten. Oder dass man kleinere Einheiten schafft und die Gastro nicht komplett vergibt?

Voß: Wir hatten das schon. In Würzburg hatten wir ein Weindorf, in dem viele kleine Wirte aus der Stadt dabei waren, unter dem Management eines großen örtlichen Gastwirts. Dieser hat hinterher gesagt, er würde es nie wieder machen, weil es ein wahnsinniger Aufwand war. Für den Besucher ist es natürlich attraktiv, wenn es viele unterschiedliche Stände gibt. Ich selber hatte bei der Gartenschau in Hof mehrere Gastronomen. Das Problem ist: Man weiß nicht im Vorfeld, wie sich die Standorte entwickeln. Wenn einer einen schlechten Standort erwischt, kann es passieren, dass der einfach zumacht. Gerade die Kleinen, die weniger finanzielles und personelles Potenzial haben, sind dann schnell an ihrer Grenze. Es ist ja nicht so, dass man von 9 bis 18 Uhr offen hat und das war´s. Davor  und danach ist man noch  zwei, drei Stunden länger da: Vorbereiten. Aufräumen. Sieben Tage die Woche. Ein halbes Jahr. Die Gastronomen müssen das Personal haben, um das zu stemmen. Ein kleiner Wirt steht am Ende allein in seinem Stand. Deshalb haben wir in den vergangenen Jahren die Gastronomie immer insgesamt vergeben. Damit die Leute die Gelegenheit haben auszugleichen. Wenn es eng wird, kann er von einem Standort zum anderen Personal schicken, beispielsweise. Wir wollen ja nicht, dass ein Unternehmer wegen der Gartenschau Pleite geht. Ein erfahrener Gastwirt kann das Risiko einschätzen. Deswegen gibt es auch keine regionalen Anbieter.

Neben der Gastronomie gibt es kleinere organisatorische Probleme. Zum Beispiel hat uns ein Leser geschrieben, dass er einen Rollstuhl gebraucht hätte. Am Haupteingang hat man ihn gesagt, den müsse er an der Albrecht-Dürer-Straße abholen. Als er nach der Runde wieder am Haupteingang ankam, musste er den Rollstuhl auch wieder in die Albrecht-Dürer-Straße bringen. Wie sehen Sie so etwas?

Voß: Ganz einfach: das geht gar nicht.

Welche anderweitigen organisatorischen Probleme gibt es denn?

Voß: Wir haben vier Bereiche, für die wir uns ständig zusammensetzen und Probleme, die auftauchen, besprechen und Lösungen finden: Das ist die Gastronomie. Das ganze Thema Einlass und Bewachung. Reinigung des Geländes. Und es ist die gärtnerische Pflege. Mit diesen Themen sind wir täglich beschäftigt. Gärtnerische Pflege haben wir ganz gut im Griff. Reinigung ist oft nicht so, wie ich es mir vorstelle. Mir ist es oft nicht sauber genug. Wenn ich morgens durchgehe, will ich keinen Krümel auf der Wiese liegen sehen. Auch da muss man eben ab und an einen Mann mehr durchschicken. Das andere betrifft die Einlasskräfte: Manche sind sehr gut, bei anderen habe ich das Gefühl, dass sie noch nicht wirklich verinnerlicht haben, wie es ablaufen soll.   

Wenn Sie Bayreuth mit anderen Gartenschauen vergleichen: Ist das hier eine mit vielen Problemen?

Voß: Nein. Es menschelt halt überall. Und es braucht eine gewisse Zeit, bis alles wirklich rund läuft.

Sind die Bayreuther kritischer als andere?

Voß: Das kann ich so nicht sagen. Social Media hat sicher einiges verändert. Dadurch wird Kritik viel emotionaler. Der eine befeuert den anderen. Das war früher sicher anders. Das hat mit Bayreuth nichts zu tun. Was mir allerdings zu denken gegeben hat: Eine Mitarbeiterin in der Gastronomie hat mir erst vor kurzem gesagt, dass die Leute hier sehr unfreundlich wären. In Deggendorf hätte sie das so nicht erlebt. Das hat mich schon ein bisschen erstaunt.

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