"Franken sind die besseren Bayern"

Von Michael Weiser
Katrin Bauerfeind. Foto: red Foto: red

Sie ist Moderatorin, Schauspielerin, Journalistin und Autorin. Und legt in „Hinten sind Rezepte drin“ eine witzige Bestandsaufnahme vor: Wo steht sie, die moderne Frau im Jahre 2016? Wir sprachen mit Katrin Bauerfeind über Partymäuse, Rauchen und den Blick, den eine Frau einmal im Leben auffangen muss.

 
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Demnächst kommt Ihr Buch raus…

Katrin Bauerfeind: Nein, das ist sogar schon seit 21. Januar in den Buchläden.

Gab’s ne große Sause?

Bauerfeind: Das war ganz schön, ja. Ich saß mit Wollsocken und einer dicken Decke auf der Couch und habe ferngesehen. Beim ersten Buch bin ich vom Verlag gefragt worden, ob ich eine Book-Release-Party haben möchte, mit gutem Wein und vielen Leuten. Das habe ich abgelehnt, und der Verlag hat wohl angenommen, ich sei einfach nicht so die Partymaus. Und so ist es ja auch.

Wie sich nachher herausgestellt hat, hätten Sie ungestraft sogar sehr hohe Erwartungen wecken dürfen. Über 100.000 Exemplare sind schon von Ihrem Erstling verkauft worden.

Bauerfeind: Ja, es ist ein Riesenerfolg. Es war lange auf Platz zwei der Bestsellerliste und hat sich wirklich gut verkauft.

Und dann kam der Verlag zu Ihnen und sagte: Schreiben Sie uns doch gleich noch eins.

Bauerfeind: Nein, ich war beim Verlag und habe vorgeschlagen, ein lustiges Buch über’s Frausein 2016 in Deutschland zu schreiben. Der Verlag fand die Idee aber auch gut.

Und diesmal ist der Druck wirklich hoch. Nach dem Erfolg des ersten Buchs liegt die Messlatte hoch.

Bauerfeind: Das zweite Buch gilt als das schwierigste. Das sagt überhaupt jeder, den man fragt. Lass dir Zeit, mach das nur, wenn du dir ganz sicher bist, hieß es. Ich hab mich dafür entschieden, mich nicht wahnsinnig machen zu lassen und hab mich einfach dran gesetzt. Mein erstes Buch war mir noch ein wenig fremd. Es war komisch, im Sinne von ungewohnt und unglaublich, ein Buch von sich selbst in den Händen zu haben. Beim neuen, „Hinten sind Rezepte drin“, hatte ich das gar nicht. Ich mag es sehr. Ich hoffe, das ist jetzt kein schlechtes Omen.

Wenn es ein schlechtes Omen wäre, dann wären Sie immerhin gut vorbereitet. In Ihrem ersten Buch schrieben Sie darüber, wie man gut scheitert.

Bauerfeind: Ja, ich glaube ans schöne Scheitern. Vor allem weil die moderne Welt ja übermäßig Möglichkeiten zum Scheitern bietet. Der Optimierungswahn und der Perfektionsdruck sind so groß, man sollte umso nachsichtiger mit sich und seinen Fehlern sein. Gerade heutzutage ist es wichtig, Scheitern mit Humor zu sehen. Wie das Sprichwort schon sagt: Man lernt aus seinen Fehlern. Außerdem sind die Geschichten vom Scheitern oft die lustigsten. Der Urlaub, bei dem man nach 13 Kilometern den ersten Platten hatte, aber keinen Ersatzreifen, ist der von dem man auch in zehn Jahren noch erzählt und sich meistens kaputtlacht. Häufig sind die größten Erfolge aus dem Scheitern entstanden. Der Erfinder der Post-its wollte eigentlich einen Superkleber erfinden. Auch mit Auge zudrücken kann man da jetzt nicht von knapp verfehltem Ziel sprechen.

Eigentlich hatte ich ganz anders anfangen wollen. Der Aktualität wegen. Also, als was verkleiden Sie sich in Köln zu Karneval?

Bauerfeind: Ich mache nichts mit Karneval, ich ergreife die Flucht. Wahrscheinlich fahre ich in meine Heimat nach Baden-Württemberg. Da ist Ruhe. Wenn ich gut drauf bin, gucke ich mir Karneval vielleicht im Fernsehen an.

Sind halt nüchterne Menschen, die Schwaben.

Bauerfeind: Wer sagt denn das?

Na, das heißt es immer. Und wer Linsen mit Spätzle als Nationalgericht hat…

Bauerfeind: …der hat Geschmack. Also, das kann nur jemand sagen, der keine Ahnung hat. Das ist eines meiner Lieblingsgerichte. Und die Schwaben, die sind vieles... aber nüchtern? Gar nicht.

Gut, Ihnen glaube ich das sogar, jedenfalls nach Ihrem neuen Buch zu schließen.

Bauerfeind: Ja, es geht um die komischen Seiten des Frauseins, es ist eine Bestandaufnahme und dreht sich um die Fragen, die sich einer modernen Frau im Jahre 2016 stellen. Da gibt es ja doch Vieles worüber man staunen, sich wundern oder worüber man lachen kann.

Zum Beispiel, wie man an Ryan Gosling herankommt. Warum soll der, bitte, so toll sein?

Bauerfeind (lacht): Ryan Gosling? Das ist eher ein Running Gag. Aber ich finde den als Schauspieler richtig gut. Jede Frau sollte einmal so von einem Mann angesehen werden wie Rachel McAdams von Ryan Gosling in „Wie ein einziger Tag“.

Wie ist denn der Blick? Vielleicht können Sie’s mir via Telefon beschreiben?

Bauerfeind: Das kann man nicht sagen, das muss man gesehen haben.

Gut, ich werde mir den Film anschauen, versprochen. Sie klangen gerade sehr romantisch, waren aber immerhin hart und diszipliniert genug, das Rauchen aufzuhören. War’s wirklich so hart wie im Buch beschrieben?

Bauerfeind: Es war wirklich hart. Und gleichzeitig die beste Entscheidung, die ich je getroffen habe. Ich hatte auf einmal diese Stimme im Kopf, die klang wie Frank Plasberg, hart aber fair: „Geh mal eine Treppe hoch und hör dich dann atmen. Das klingt wie der späte Johnny Cash in unmusikalisch.“ Das war die Stimme der Vernunft, und ich hab auf sie gehört.

Und dann die Geschichte mit der Höflichkeit. War früher tatsächlich alles besser?

Bauerfeind: Die Vergangenheit ist wie die DDR – es ist vorbei, und wenn man heute drauf guckt, muss man sagen: Es war nicht alles gut. Aber es gibt ein paar Neuerungen, an die ich mich nicht gewöhnen kann. Dazu zählt auch, dass das Internet dafür gesorgt hat, dass es mit der Höflichkeit steil bergab geht.

Geschichten, die Männern nicht passieren würden – das hat ja doch was mit alten Rollen zu tun. Wie gehen Sie mit der ganzen Gender-Diskussion um?

Bauerfeind: Lustig. Warum sollte ein Land, das sechs Sorten laktosefreien Gouda im Angebot hat, mit nur zwei Sorten von Geschlechtern klar kommen? Aber Gender ist gar nicht mein Thema. Mir ging‘s um eine lustige Bestandaufnahme. Das Buch besteht aus lustigen Geschichten. Es war nicht mein Anliegen, mich zu einem Lager zu bekennen, Partei zu ergreifen oder mich explizit zu Genderfragen äußern zu müssen. Wenn man als Mann etwas Lustiges zu Männern macht, braucht man dafür ja keinen politischen Überbau. Wenn schon, dann gründe ich meine eigene Gruppe: Die Humorfeministinnen.

Eigentlich wollte ich Sie auch fragen, ob man heute noch ideologiefrei diskutieren kann.

Bauerfeind: Das hoffe ich. Ich finde es schwierig, wenn alles instrumentalisiert oder in einen anderen Kontext gestellt wird.

Worauf dürfen wir uns bei Ihrer Lesung in Bayreuth freuen?

Bauerfeind: Es wird keine klassische Lesung, eher ein heiterer, lustiger Abend. Ich erzähle Geschichten, lese, und wir amüsieren uns alle prächtig. Die Bayern haben doch Humor.

Nein, nicht unbedingt. Und die Bayreuther sehen sich gar nicht so sehr als Bayern.

Bauerfeind: Was sind die denn dann?

Franken.

Bauerfeind (lacht): Oh, dann habe ich ja alles falsch gemacht. Aber die Franken sind doch die besseren Bayern – finden die Franken, nicht? Dann wird der Abend ja noch besser, als ich es ohnehin angenommen habe. Ich jedenfalls freu mich!

 

INFO: Katrin Bauerfeinds neues Buch „Hinten sind Rezepte drin“ ist bei Fischer erschienen, hat 220 Seiten und kostet 14,99 Euro. Zu erleben ist sie am am 19. Februar beim Festival „Leselust“ im Zentrum. Gen Anfang machen Thees Uhlmann am 28. Januar und Ildiko von Kürthy am 31. Januar. Bereits ausverkauft: „Best of Kurier-Leser“ am 3. Februar und Axel Hacke am 16. Februar. Außerdem lesen : Kerstin Gier am 13. Februar, Martin Sonneborn am 21. Februar. Und natürlich Martin Walser am 27. April.

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