Umbauarbeiten in der ersten Flüchtlings-Wohngruppe sind abgeschlossen – Heute Abend wird Projekt vorgestellt Flüchtlingsunterkunft ist fertig

Von Sarah Bernhard

In der kommenden Woche sollen die ersten zwölf unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge in die neue Wohngruppe in der Goethestraße einziehen. Am heutigen Donnerstag wird das Projekt in einer Bürgerversammlung vorgestellt. Der Kurier hat sich die Räume vorab schon mal angeschaut.

 
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Auf dem Tisch des Urwalddoktors eine Vase mit gelben Tulpen, an der Wand ein Bild von einem Sonnenuntergang überm Meer. Überall stehen Kerzen. Es ist gemütlich im neuen Esszimmer der Wohngruppe für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge in der Goethestraße. „Das hier soll ja auch ein Zuhause sein“, sagt Lena Klughardt, die beim Evangelischen Jugend- und Fürsorgewerk (EJF), dem Träger der Unterkunft, für die Flüchtlingsbetreuung zuständig ist.

Denn genau das sei es, was die zwölf Jugendlichen zwischen 14 und 18 Jahren, die ab Anfang März in das Haus in der Goethestraße einziehen sollen, am dringendsten brauchen: Geborgenheit. „Sie konnten nie ein Gefühl der Sicherheit entwickeln, das ist unser vorrangiges Ziel“, sagt Florian Sammet. Der gebürtige Bayreuther hat bisher die EJF-Wohngruppe in Marktredwitz geleitet, jetzt ist er für Speichersdorf zuständig. „Mich reizt das Neue“, sagt der 33-Jährige. „Und die Unterkunft hier ist wirklich schön.“

Auch in Deutschland gibt es Pflichten

Und wirklich groß: rund 300 Quadratmeter misst alleine der Wohnbereich der zwölf Jugendlichen. „Sie müssen sich natürlich an den hauswirtschaftlichen Sachen beteiligten“, sagt Sammet. „Dem EJF sind Werte wie Sauberkeit, Ordentlichkeit und Gemütlichkeit wichtig.“ Und nebenher zeige man den Jugendlichen, dass es auch in Deutschland Pflichten gibt. „Am Anfang denken sie oft, hier stehe alles zur Verfügung. Dass man nicht einfach alles bekommt, müssen sie erst lernen“, sagt Sammet.

Über dieses Stadium seien die Jugendlichen, die wohl mehrheitlich aus Afghanistan kommen werden, aber schon hinweg: Sie leben schon seit einiger Zeit in einer Bayreuther Notunterkunft, gehen in Bayreuth zur Schule, sind dort in Vereinen engagiert. „Wir werden aber auch den Kontakt zu Speichersdorfer Vereinen herstellen“, sagt Sammet. Feuerwehr und Sportverein hätten bereits Interesse angemeldet.

"Was neu ist, verursacht Unsicherheit"

Überhaupt hätten die Speichersdorfer ihn und sein Team sehr herzlich aufgenommen. Nur einige Nachbarn hätten, vor allem nach Silvester, Bedenken gehabt. „Wie alles, was neu ist, verursacht die Wohngruppe Unsicherheit.“ Die aber, davon ist Sammet überzeugt, unbegründet sei. „In Marktredwitz leben mittlerweile über 40 Jugendliche und wir hatten noch keinen einzigen gewalttätigen Übergriff“, sagt Sammet. Deswegen brauche man auch keinen Sicherheitsdienst.

Zumal rund um die Uhr ein Betreuer vor Ort sei und die Jugendlichen spätestens um 23 Uhr wieder in der Unterkunft sein müssten. „Da geht ein Mitarbeiter durch, wünscht eine gute Nacht – und kontrolliert damit auch gleich, ob alle da sind“, sagt Sammet. Sicherheit für die Jugendlichen. Und Sicherheit für die, die Angst haben.

Die Jugendlichen, mit denen er bisher gearbeitet habe, seien aber sowieso eher schüchtern denn draufgängerisch gewesen, sagt Sammet. „Manchmal musst du sie vor die Tür scheuchen, damit sie unter die Leute kommen.“ Dann erzählten ihm die Jugendlichen von einem unangenehmen Gefühl, wenn sie über den Marktplatz liefen und alle sie anschauten. „Denen ist ja auch klar, dass es in Deutschland Vorurteile gibt.“ Vorurteile, die Sammet heute Abend ausräumen möchte. Zumindest in Speichersdorf.

Die Bürgerversammlung

Die Bürgerversammlung, bei der heute Abend das Projekt vorgestellt wird, und bei der auch Vertreter der Gemeinde sowie des Landratsamtes, der Polizei, der Caritas und der Kirchen anwesend sein werden, findet in der Festhalle statt. Sie beginnt um 20 Uhr.