Mehr als 500 Hinweise zum Anschlag
"Ich bin relativ zuversichtlich, dass wir vielleicht schon morgen oder in naher Zukunft einen neuen Tatverdächtigen präsentieren können", sagte der Vorsitzende des Bunds Deutscher Kriminalbeamter, André Schulz, am Dienstagabend in der ZDF-Sendung "Maybrit Illner Spezial". Vieles könne derzeit nicht verraten werden, aber es gebe "gute Hinweise" und "sehr viele Ansatzpunkte".
Die Berliner Polizei hat nach eigenen Angaben mehr als 500 Hinweise zu dem Anschlag erhalten. Neben Zeugenaussagen werten die Ermittler Schulz zufolge DNA-Spuren und Fingerabdrücke aus. Mit GPS-Daten vom Tatabend werde nach dem Handy des Täters gesucht. Auf dieser Basis könne ein Bewegungsbild erstellt werden. "Wir haben viele Möglichkeiten, um die Person auch zu finden", sagte Schulz.
Seehofer: Zuwanderungspolitik überdenken
Am Montagabend war der vermutlich entführte Lastwagen in den Weihnachtsmarkt auf dem Breitscheidplatz im Herzen Berlins gerast. Einschließlich des Polen starben zwölf Menschen, rund 50 wurden teils lebensgefährlich verletzt. Laut de Maizière konnten - neben dem Polen - bislang erst sechs Tote identifiziert werden. Bei ihnen handelt es sich um deutsche Staatsbürger. 14 Menschen rangen am Dienstagnachmittag noch mit dem Tod.
Schon kurz nach dem Anschlag nahm die politische Debatte über die Tat und die Schlussfolgerungen daraus Fahrt auf. So sagte CSU-Chef Horst Seehofer: "Wir sind es den Opfern, den Betroffenen und der gesamten Bevölkerung schuldig, dass wir unsere gesamte Zuwanderungs- und Sicherheitspolitik überdenken und neu justieren." Zu diesem Zeitpunkt gab es bereits Zweifel, ob der als Verdächtige in Berlin festgenommene Flüchtling wirklich der Täter war.
CSU fordert mehr Bundeswehr im Innern
CDU-Vize Armin Laschet kritisierte Seehofer für seine Wortwahl. Es sei nicht die "normale Herangehensweise an Politik", schon vor Ermittlung der Fakten durch die Polizei Schlüsse zu ziehen zu ziehen, sagte er am Dienstagabend bei "Maybrit Illner spezial". "Was ist denn, wenn der Täter aus dem Inland oder aus einem Nachbarland kommt, wie bei den Anschlägen von Nizza oder Brüssel?"
Unter dem Eindruck des Anschlags bekräftigte die CSU auch ihre Forderung nach erweiterten Einsätzen der Bundeswehr im Inneren. Soldaten könnten mit ihrer speziellen Ausbildung und Ausrüstung die Polizei vielfach unterstützen, sagte Florian Hahn, Außen- und Sicherheitsexperte der Partei, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Die SPD, die Opposition und auch Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) sind jedoch der Ansicht, dass die Regeln für die Bundeswehr im Inneren ausreichend seien. Verfassungsrechtlich ist ein vorbeugender Einsatz der Bundeswehr ausgeschlossen und ansonsten nur in außerordentlichen Lagen im Zusammenhang mit Katastrophen oder auch mit einer Verkettung verschiedener Terrorlagen denkbar.
Auch außerhalb Berlins sollen die Weihnachtsmärkte in Deutschland trotz des Anschlags weiter stattfinden. Mehrere Bundesländer überdenken allerdings ihre Sicherheitskonzepte. De Maizière blickte in der «Bild»-Zeitung nach vorn: "Wenn ich sage, dass wir uns unser freiheitliches Leben nicht zerstören lassen dürfen, gilt das auch für das Silvesterfest."
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dpa