Festspiele: Plan B für besondere Baustelle

Von

Das Festspielhaus hat sich verwandelt: Von der Stadt aus als weiß eingepackter Bau wahrnehmbar, ist der hintere Teil des Bayreuther Wahrzeichens inklusive des fast 50 Meter hohen Bühnenturms wieder Großbaustelle auf Zeit. Bis Ende Mai soll die West-, Ost- und Nordfassade des riesigen Gebäudes saniert sein. Wenn der Winter nicht zu streng wird. Denn sonst muss Plan B greifen, sagt der Geschäftsführende Direktor der Festspiele, Holger von Berg.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

So vornehm die Festspiele im Sommer sind, so unvornehm geht es jetzt gerade zu. Unter der dicken, weißen Plane, auf dem geheizten Gerüst, liegt zentimeterdick der Staub. Roter Staub, gelber Staub, Zementstaub. Jeder Schritt auf dem Gerüst lässt den Staub rieseln. Aktuell, sagt Holger von Berg beim Baustellenrundgang, "bei dem wir zeigen wollen, was sich tut an der Fassade und am Bühnenturm", liegen die Bauarbeiten im Zeitplan. In einem Zeitplan unter hohem Zeitdruck, denn: Mit Beginn der Proben soll das Haus eigentlich äußerlich wieder sauber dastehen. Aber: "Uns hat der frühe Wintereinbruch doch überrascht", sagt von Berg. Vor zwei Jahren, als der Königsbau - und damit der ältere Teil des Festspielhauses saniert worden war, "hatten wir im Dezember noch zehn Grad plus".

Schnee muss aus statischen Gründen runter

Jetzt allerdings habe man bereits mit Schnee zu kämpfen gehabt. "Den wir aus statischen Gründen auch vom Gerüst räumen müssen." Und mit Temperaturen, die an die Grenze dessen gehen, was selbst unter der beizten Planen-Hülle noch möglich ist. "Das liegt auch an der exponierten Lage hier", sagt der Kölner Architekt Detlef Stephan, der die Sanierung des Festspielhauses planerisch koordiniert. "Wir arbeiten hier mit Mörtel. Und den kann man ab einer Temperatur von vier Grad plus nicht mehr verarbeiten. Wir müssen an der Fassade immer mehr als fünf Grad haben, sonst müssen wir unterbrechen." Was zu Zeitverzug führen kann, trotz der wegen des größerem Umfangs aufgestockten Mannschaft - die meisten sind die Steinsanierer, dazu kommen Fensterbauer und Spengler - von rund 20 Mann, die hier bis spät in den Abend täglich arbeiten. Deshalb, sagt Holger von Berg, gibt es einen Plan B: "Wenn wir bis Ende Mai nicht fertig sind, bleibt ein Teil des Gerüstes stehen. Und zwar der am Bühnenturm."

"Die besondere Baustelle"

Diese Baustelle, die in einer Zeit stattfindet, in der normalerweise nicht gebaut wird, nennt Heinz-Dieter Sense, der Vorgänger von Holger von Berg, der die Festspiele bei der Sanierung unterstützt, "eine besondere Baustelle. Denn hier ist keine Ecke wie die andere". Das fängt beim Gerüst an - allein das Einrüsten des rund 47 Meter hohen Bühnenturms bedurfte einer speziellen Konstruktion und einer eigenen Statik, weil das Gerüst nicht auf dem Dach abgelastet werden durfte - und hört bei der Schadensaufnahme noch lange nicht auf. Denn: So genau man bei der Bestandsaufnahme vom Boden aus auch hingesehen hatte - so groß wurden die Schäden, als das Gerüst stand, beziehungsweise am Bühnenturm hing. "Wir haben umfangreiche Schäden, mehr als wir befürchtet hatten", sagt Stephan. Die Schäden machen vor keinem Material Halt: Ziegel, Beton, Holz, Sandstein - der allerdings in deutlich geringerem Umfang als bei der letzten Sanierung, weil bei den neueren Bauteilen der Sandstein nur in Bodennähe eingesetzt wurde.

Fugen lose, Gesimse sind weg

"Fugen des Ziegelmauerwerks sind lose, Gesimse sind abgegangen", sagt Stephan. Unter dem Dach sind die von Wind und Wetter massiv beeinflussten Ziegel zum Teil so stark geschädigt, dass ganze Felder ersetzt werden müssen. Durch Ziegel, die schon für den ersten Bauabschnitt nachgebrannt worden sind. "Sie waren bei Bamberg eingelagert", sagt Stephan. An der restlichen Fassade wird Stein für Stein geprüft, werden die Steine markiert, die ausgetauscht werden müssen. Mit dem Presslufthammer wird der geschädigte Stein aus dem Verbund herausgelöst und durch einen neuen ersetzt. "An den empfindlichen Stellen setzen wir Bleifugen ein", sagt Stephan. Diese Fugenart ist widerstandsfähiger, reißt nicht bei Temperaturschwankungen und eröffnet so dem Wasser keine Wege, um einzudringen und bei Frost sprengende Wirkung entwickeln zu können. "Nur an Stellen, an denen man es nicht sieht, setzen wir Kunststoff bei den Fugen ein."

Mehr Schäden, aber keine höheren Kosten

Der größere Umfang der Schäden soll erst einmal nichts an der Summe der Sanierungskosten ändern: 6,9 Millionen Euro sind für den Bauabschnitt zwei eingeplant, das soll auch so bleiben, sagt von Berg. Einzig für Plan B müsste im Notfall nachgelegt werden, "für die Zeit, in der wir das Gerüst länger brauchen".

Autor

Bilder