Die bewegendsten, lustigsten und ergreifendsten Sätze Festspiele 2014: Eine Bilanz in Zitaten

„Ich finde, die Inszenierung wird unterschätzt“, sagt Markus Eiche über den aktuellen „Tannhäuser“ (im Bild Torsten Kerl in der Titelrolle). Foto: Bayreuther Festspiele/Nawrath Foto: red

Wie denkt Lance Ryan über das Publikum, das ihn ausbuht? Warum hält Markus Eiche als Wolfram die "Tannhäuser"-Inszenierung für unterschätzt? Warum hat "Ring"-Bühnenbildner Aleksandar Denic die Werkstätten an den Rand der Belastbarkeit gebracht? Darüber - und über viele andere Themen - haben die Mitwirkenden der Festspiele in dieser Saison gesprochen. Die schönsten, ergreifendsten und lustigen Sätze im Rückblick.

 
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„Es ist eine Frage des Ernstgenommenwerdens. Die Leute arbeiten hart, sie ringen um die Produktion. Ich habe das Gefühl, das Publikum wollte sagen: Diese Art von Theater geht nicht. Nicht in Bayreuth. Doch es hat ja funktioniert. Wenn die Leute höflich geklatscht hätten, dann hätten sie damit zu verstehen gegeben: Diese Provokation hat nicht funktioniert, wir sind über dieses Theater hinaus, es hat überhaupt keinen Wert. Frank (Castorf, der Regisseur des „Rings“, d. Red.) wollte provozieren, und er hat es geschafft. Frank wollte zeigen, dass seine Art von Theater noch immer die Menschen trifft. Manche Zuschauer wissen das nicht, sonst würden sie nicht mit so einer Wut reagieren. Es geht aber nicht nur darum, dass es die Leute schön finden. Es geht um wichtige Fragen.“
Lance Ryan (Siegfried) über mangelnden Respekt gegenüber den Mitwirkenden des aktuellen „Rings“

„Ich habe nicht damit gerechnet. Ich war schon sehr zufrieden mit meiner Leistung, man merkt ja auch selbst, ob man gut gesungen hat. Aber dass das Publikum so herzlich ist, das hat mich überrascht. Das hatte ich vergessen. Wenn ich auf der Bühne stehe, bin ich ja nicht ich. Ich erlebe das, was meiner Rolle passiert. Aber wenn ich zum Applaus gehe, bin ich nur noch diejenige, die die Rolle dargestellt hat. Man hat etwas geträumt, wacht auf und ist plötzlich mit der Realität konfrontiert.“
Edith Haller (Elsa) über den Jubel nach der „Lohengrin“-Premiere

„Ich singe ab und zu im Auto, obwohl es Gesangspädagogen verhöhnen, denn man hört sich ziemlich schlecht. Mit allen Geräuschen. Aber mein Gott, man muss in Schuss bleiben (lacht).“
Tomislav Mužek (Erik) über die Anreise nach Bayreuth

„Das ist eigentlich nur ein Gedanke von Frank Castorf. Er möchte das so haben, das ist sein Konzept, und es ist unser Job, die Ideen des Regisseurs aufzunehmen und umzusetzen. Nein, es stört mich eigentlich nicht.“
Catherine Foster (Brünnhilde) über die Krokodile, die während ihrer Szene in „Siegfried über die Bühne kriechen

„Ich finde, die Inszenierung wird unterschätzt. Baumgarten geht sehr bewusst gegen die Erwartungen, die das Publikum generell an die Oper stellt. Das ist legitim und nicht verwerflich. Das Publikum macht es sich mit der Ablehnung der Inszenierung vielleicht etwas zu leicht. Die Inszenierung läuft im vierten Jahr, die Leute wissen, was auf sie zukommt. So gesehen wäre das eigentlich eine gute Chance, einmal genauer darüber nachzudenken und darin vielleicht etwas Neues für sich zu finden.“
Markus Eiche (Wolfram von Eschenbach) über die „Tannhäuser“-Inszenierung, die nach dieser Spielzeit abgesetzt wird

„Von dem Treffen bis zum fertigen Bühnenbild-Modell waren es drei Monate. Dann war auch schon Abgabe. Castorf ist jemand, der so auch arbeitet. Das wichtigste ist für ihn, dass er in so eine Art Flow hineinkommt. Dass er einen Film hat. Und das Schlimmste ist dann, wenn unterbrochen wird. Dann reißt sein Film. Und dann kann er auch nicht mehr weiterproben. Ich glaube manchmal, so wie Castorf muss vielleicht auch Mozart gewesen sein. Dass das Werk manchmal größer ist als der Mann. Dass es so durch ihn hindurch geht. Und er das Medium ist.
Patric Seibert (Assistent und Dramaturg) über die Arbeit am „Ring“

„Das Schlimmste für die Werkstätten ist, wenn es nichts zu tun gibt. Wenn sie nicht ausgelastet sind. Das hat nichts mit Bayreuth zu tun, das ist generell so. So verlieren sie Qualität. Das ist wie in der Armee: Die Soldaten müssen immer etwas zu tun haben, sonst ist es keine gute Armee mehr. Wenn die Werkstätten arbeiten, sind sie gut. Es kann sein, dass der Druck steigt, aber am Ende merkt man: Die Leute sind glücklich. Sie sind stolz. Weil sie etwas geschafft haben. Das, was jetzt auf der Bühne steht, haben sie gemacht, nicht ich.“
Aleksandar Denic, „Ring“-Bühnenbildner, über seine Arbeit

„Elisabeth ist auch in anderen Produktionen schon gewaltsam zu Tode gekommen, sie hat sich in Dresden die Pulsadern aufgeschnitten, in Frankfurt wurde sie von Wolfram erwürgt. Das ist eigentlich nichts Neues mehr. Natürlich ist die Sache mit der Gasanlage für die Deutschen angesichts ihrer Geschichte ein schwieriges Thema, aber in dieser Inszenierung trotzdem stimmig: Wir befinden uns ja in dieser Kommune mit einem Kreislauf, worin Elisabeth einen Ort sucht, um sich umzubringen. So fällt ihr Blick eben auf die Biogasanlage, und sie geht freiwillig hinein.“
Camilla Nylund über ihren umstrittenen Abgang als Elisabeth

„Es ist einmal passiert, dass sich der Mime Burkhard Ulrich wehtat, weil der Amboss auf einmal ganz anders stand, als er dachte. Einmal sind auch die Spaghetti im „Siegfried“ zu einem vollkommen anderen Zeitpunkt aufgetischt worden – was dazu führte, dass Wotan dann statt dem Wein die Spaghetti über bekam. Und einmal flog ich über die halbe Bühne, weil ich zwischen Wotan und dem Dirigenten im Weg stand. Und Wolfgang Koch kannte dann auch keine Gnade und räumte mich aus dem Weg.“
Patric Seibert über die Verwirrung, die er auf der Bühne stiftet


Die Gespräche führten Eva Kröner, Michael Weiser und Florian Zinnecker

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