Feen von Ganes zaubern auf Ladinisch

Von Michael Weiser
Ganes. Foto: Band Foto: red

Pop-Musik, die sich aus vielen Quellen nährt, mit zauberhaft arrangiertem mehrstimmigem Gesang, und das auf auch noch auf Ladinisch: Das alles präsentiert am Samstag, 21. Mai, das Trio Ganes auf der Landesgartenschau (18 Uhr). Wir haben mit Band-Mitglied Marlene Schuen gesprochen.

 
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Ich habe irgendwo mal gelesen, dass Ganes übersetzt Hexen heißt.

Marlene Schuen: Nicht so ganz, Ganes sind Wesen, die in den Dolomitensagen vorkommen. Die spielen nie die Hauptrollen, aber man trifft immer wieder auf sie, im Wasser zum Beispiel. Und die Ganes haben spezielle Fähigkeiten. Wir fanden den Namen spannend, weil er auch mit den Geschichten verbunden ist, die wir gehört haben, als wir Kinder waren. Bei unserem Haus fließt der Ganes-Bach vorbei, er verbindet unsere Häuser in La Val. Der Ganes-Bach kommt von der Neuner-Spitze runter und liegt in der Mitte vom Gader Tal, im Val Badia in Südtirol.

 

Wie Hexen hören Sie sich auch überhaupt nicht an, und aussehen tun Sie auch nicht so…

Schuen (lacht): Ganes sind einfach Wesen, die nicht ganz menschlich sind. Aber sie geben den Menschen Tipps, sie verfügen über ein arkanes, ganz altes Wissen. Sie können auch in die Zukunft schauen.

Zu den geheimnisvollen Fähigkeiten gehört auch die Musik?

Schuen: Ja, auch vom Gesang her sind die speziell.

"Man hört bei uns auch auf den Klang der Sprache"

Sie haben sich bei Hubert von Goisern zum Trio Ganes zusammengefunden. Wie kam’s denn dazu?

Schuen: Ich war schon 2001 bei Hubert von Goisern, und er hat mich irgendwann gefragt, ob ich noch ein paar Mädels kenne, die Instrumente spielen und singen können, und so kamen Eli und Maria dazu. Wir haben diese Linz-Europa-Schiffsreise mitgemacht, und da waren wir zwei Jahre lang für jeweils drei Monate zusammen. Wir waren auf dieser Tournee viel auch unter uns, haben dann mit dem Arrangieren und Ausprobieren angefangen, bald auch dreistimmig. Es hat uns erst mal viel Spaß gemacht. Dann aber hat das der Manager von Hubert gehört und zu uns gesagt: Wenn ihr was machen wollt, ich bin dabei. Wir hatten sogar schon teilweise auf Ladinisch Songs geschrieben. Es fühlt sich in der eigenen Muttersprache einfach natürlicher, an zu schreiben und zu singen, man fühlt das einfach so. Es ist authentisch. Man kann es auf Englisch machen, klar, aber das machen so viele, da braucht man nicht noch eine Gruppe. Es war spannend, weil man sich gefragt hat, wer sich darauf einlässt, auf ladinische Texte. Das hat glücklicherweise Weise von Anfang an gut funktioniert. Wir versuchen auch immer zu erklären, um was es in den Texten geht. Und natürlich ist Musik eine universelle Sprache, die den Inhalt widerspiegeln soll. Man hört bei uns eben stärker auf die Musik und den Klang der Sprache.

Ladinisch ist eine schöne, weiche Sprache, die schmiegt sich  schön an die Musik an.

Schuen: Ja, wir spielen  damit. Es gibt aber auch harte Wörter in unserer Sprache.

Ja? Sagen Sie doch mal eins.

Schuen: Zum Beispiel haben wir Tsch-Laute, Wir sagen nicht Casa, sondern Tschasa. Hm, das ist nun auch nicht besonders hart, aber… Warten S‘, ich hab hier grad ein Buch mit Vokabeln, da schau ich mal schnell nach. Moment, ich finde grad nichts - ja, es ist allgemein schon eine sehr weiche Sprache.

Solchen lokal eng begrenzten Sprachen hätte man vor einem Vierteljahrhundert kaum Zukunft zugetraut. Erleben wir da grad eine Renaissance?

Schuen: Es hat sich viel getan in den letzten 20 Jahren. Es gibt Bücher auf Ladinisch und Radiosendungen, sogar jeden Tag Nachrichten, wenn auch nur zehn Minuten. Es hat damit zu tun, dass man sich bewusst geworden ist, dass man das richtig pflegen muss, wenn man nicht will, dass es verschwindet. Für die Menschen in den Tälern ist es auch leichter geworden, es gibt Arbeit, viele junge Menschen, die zum Studieren weggegangen sind, kommen wieder zurück. Die Landschaft ist schön, wenn man gerne Sport macht und in die Berge geht, dann ist es genau das Richtige. Man kann sehr gesund leben, und der Lebensstandard ist hoch.

Auch erst seit einigen Jahrzehnten. Eine segensreiche Folge des Tourismus?

Schuen: Die Menschen früher, unsere Omas und Opas beispielsweise, hatten noch ein ganz anderes Leben. Früher gab es fast nur Bergbauern und Handwerker, und das war ein sehr, sehr hartes Leben. Weil die Berglandschaft sehr karg ist und nicht viel hergibt. Die Wende ist mit dem Tourismus gekommen. Es war außerdem unser Glück wie auch das von den Menschen im Grödnertal, dass wir zur Region Trentino-Südtirol gehören, wir sind durch das Autonomiestatut geschützt. Auf den Ämtern kann man Ladinisch sprechen.

Ganz schön hart für Beamte bei Ihnen: Die müssen nicht nur Italienisch, sondern auch Deutsch und Ladinisch beherrschen.

Schuen: Dreisprachigkeit wird vorausgesetzt, ja. Ich finde das übrigens ein großes Plus, dass man von Klein auf mit mehreren Sprachen konfrontiert wird. Das beeinflusst einen schon, in die Richtung dass man offener ist, und dass man auch leicht andere Sprachen dazu lernen kann.

Wie viele Sprachen beherrschen Sie?

Schuen: Ladinisch, Italienisch, Deutsch, Englisch, Französisch und ein bisschen Spanisch.

Sie haben erzählt, dass viele Menschen nach La Val zurückkehren. Sie dagegen sind weggezogen, wohnen nach einigen Jahren in München nunmehr in Berlin. Was hat sie denn dorthin verschlagen?

Schuen: Es gibt auch Nachteile in Südtirol oder im Gadertal. Vor allem, wenn man als Musiker eine Chance haben will, dann kann man nicht dort bleiben. Vielleicht später, wenn man sich was aufgebaut hat, dann kann man dort sein und von dort aus immer wieder auf Tour gehen. Aber für uns war es sehr wichtig, schon zum Musikstudium wegzugehen, und für mich war klar, dass ich die Stadt brauche. Ich brauche Bewegung, ich will internationale Freunde haben, will mitten im Geschehen sein, den Austausch auch mit anderen Künstlern haben, das kann dort nicht finden. Es gibt auch keine Konzertkultur, das Gefühl, dass man zu einem Konzert geht und auch dafür zahlt, ist relativ unbekannt.

Auch in diesem Punkt sind Sie ein Gegenpol zu sogenannten volkstümlichen Musikern wie den Kastelruther Spatzen. Die blieben immer in ihrer Heimat, hab ich gehört.

Schuen: Gut, in Südtirol hat man das Glück, dass die Landschaft so schön ist. Aber das macht es auch verschlossen und schwierig. Wie wir gerade merken, wenn Flüchtlinge aufgenommen werden sollen: Das ist schwierig, da gibt es schon sehr viele Vorurteile. Wir versuchen da was zu machen, aber es ist nicht so einfach. Es gibt Leute, die sind offen und nett. Aber diese Haltung ist schon auch verankert: Das ist mein Tal, da kommt niemand rein, außer Touristen , und die zahlen dafür.

Info: In Bayreuth geben Ganes ihr letztes Konzert mit ihrem Caprize-Programm. Und sind dabei ganz bei sich. Denn Ganes und Band, das war früher. Nun sind die drei Ganes selbst zur Band geworden. „Jede von uns singt und spielt verschiedene Instrumente“, sagt Marlene Schuen. Verstärkt werden Ganes durch ihren Keyboarder Alex Trebo, ein -ladinischer Freund und Musiker aus Kindheitstagen. „Den haben wir zufällig in Berlin getroffen“, sagt Schuen. „Das war sehr lustig, wie wir uns da wiedergefunden haben.“ Ab Juni findet man die Ganes im Studio, sie nehmen neue Songs auf, „wir konzentrieren uns da ganz auf ladinische Sagen, und ab Herbst sind wir dann mit ,An cunta che’ auf Tour."

Wer sonst noch am Wochenende auf der Landesgartenschau spielt und was dieses Wochenende in Bayreuth und Umgebung los ist, lesen Sie in unseren Veranstaltungstipps.

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