Familie streitet um Testament

Von Peter Engelbrecht
Vor dem Landgericht in Bayreuth geht es in einem Zivilverfahren um einen Streit ums Testament. Foto: Ronald Wittek/Archiv Foto: red

Ein Patient ändert auf der Palliativstation des Klinikums Bayreuth eine Woche vor seinem Tod das Testament im Beisein eines Notars zugunsten der drei erwachsenen Kinder. Seine Ehefrau, die bis dahin als Erbin eingesetzt war, hält das neue Testament für nicht gültig, da ihr Mann schwer krank und dement gewesen sei. Um die Frage, ob der Ehemann testierfähig war oder nicht, dreht sich ein Zivilverfahren vor dem Landgericht.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Der Schwerkranke war 2017 gestorben. Nun muss Richter Peter Tettmann klären, welches Testament gültig ist. „Wir haben hier öfter Streitfälle um die Testierfähigkeit“, erläuterte der Richter. Er stellte die Frage an die Prozessbeteiligten, ob es im Sinne des Erblassers sei, dessen Geld zu „verstreiten“. Möglicherweise werde auch die Verwandtschaft „reingezogen“. In dem Fall sind zwei Testamente vorhanden, die vom gleichen Bayreuther Notar beurkundet wurden. Das erste stammt aus 2013, setzte die Ehefrau als Erbin ein. Das zweite Testament wurde eine Woche vor dem Tod des Mannes im Februar 2017 in der Palliativstation beurkundet. Als Erben waren nun die drei erwachsenen Kinder vorgesehen. Der Notar hatte in beiden Testamenten vermerkt, dass der Mann nach seiner Überzeugung voll geschäfts- und testierfähig sei. „Vom Wortlaut her ist das eindeutig“, betonte der Richter.

Den Oberarzt fragen?

Der Rechtsanwalt der Ehefrau, Bernd Jahreis, hegte Zweifel an den Umständen der Testamentsänderung auf der Palliativstation. „Man hätte vorher den Oberarzt fragen müssen, wie es mit der Testierfähigkeit aussieht“, wandte Jahreis ein. Die Krankenakten lägen vor. Der Anwalt der Beklagten, also der drei Kinder, Josef Zeitler, erwiderte, der Testator habe den Sachverhalt genau mit dem Notar besprochen. Es sei nicht glaubhaft, dass der Notar gegen seine Pflichten verstoßen habe. Das letzte Testament sei gültig. Tettmann sagte, er habe schon einmal einen Fall gehabt, dass ein Testamentsentwurf von einem Notar abgewickelt worden sei, doch den Entwurf habe es überhaupt nicht gegeben. In großen Notariaten bereiteten die Inspektoren sehr viel vor, erläuterte Tettmann. Er kenne einen weiteren Fall vor dem Landgericht, dass der Notar den Inhalt eines Vertrages gar nicht gelesen habe.

Der Richter, der nur noch drei Monate im Amt sein wird und dann in Pension geht, machte deutlich, dass er die Entscheidung voraussichtlich nicht mehr treffen wird. Er warb mehrmals und eindringlich für einen Vergleich, die Streitparteien sollten „nicht mit dem Knüppel aufeinander schlagen“. Doch seine Vorschläge fanden keine Zustimmung. Tettmann erläuterte ein mögliches weiteres Vorgehen. Der Notar könne als Zeuge vernommen werden. Allerdings könnte dieser in Haftung kommen, dann habe er ein Zeugnisverweigerungsrecht, müsse sich nicht selbst belasten. Auch die Einvernahme von zwei Ärzten zur Frage Testierfähigkeit sei möglich. Zudem könnte ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten zur entscheidenden Frage eingeholt werden. Das Verfahren könne sich über mehrere Jahre hinziehen. Er wies die Streitparteien in dem Gütegespräch auf das Prozessrisiko und den Instanzenweg hin. „Wie sicher kann ein Neurologe sagen, in dem Moment beim Notar sei der Betroffene testierfähig gewesen oder nicht?“, erläuterte Tettmann ein weiteres Risiko. Es sei im Interesse aller, eine Gütelösung auszuloten, auch wirtschaftliche und familiäre Erwägungen könnten hier einfließen. „Ich weiß nicht ob es gut ist, wenn die Familie sich bei Gericht trifft“, machte er deutlich.

Haus auf 320.000 Euro geschätzt

Rechtsanwalt Jahreis berichtete, seiner Mandantin gehöre die Hälfte des Hauses, für die andere Hälfte habe sie den Nießbrauch. Das heißt, sie kann diese Haushälfte nutzen oder Mieterlöse daraus ziehen. Das Haus ist derzeit vermietet, die Kaltmiete beträgt 1200 Euro im Monat. Das Haus wurde laut Gutachten auf einen Wert von 320.000 Euro geschätzt. Der Sohn sagte, die Geschwister wollten, dass die Sache „zu Ende geht“. Die Familienverhältnisse seien zerstört.

Doch wüssten die Geschwister nicht, wie umfangreich das Erbe überhaupt sei. Für eine Gesamtlösung wäre es wichtig, einen Überblick über das gesamte Vermögen ihres Vaters zu bekommen, betonte Rechtsanwalt Zeitler. Sein Kontrahent Jahreis zerstreute Vermutungen, es sei noch mehr Vermögen da. Das zur Verfügung stehende Geld habe dem Ehepaar zum Leben nicht gereicht. Da das Gütegespräch kein Ergebnis brachte, soll nun der Notar am 6. August um 9 Uhr vor dem Landgericht als Zeuge aussagen.

Bilder