Wichtig war den Europapolitikern, dass es sich um eine temporäre Forderung handelte. Sie wollen ihre Position überprüfen, sobald die Türkei den Ausnahmezustand aufgehoben hat. Entscheidend soll dann sein, inwieweit die Türkei zu rechtsstaatlichen Verhältnissen und einer Achtung der Menschenrechte zurückgekehrt ist.
Mit der Resolution hätten die Parlamentarier deutlich gemacht, dass «die Grundwerte Europas wie Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Grundrechte (...) nicht verhandelbar» seien, sagte der SPD-Europapolitiker Arne Lietz. Nun müssten «intensive Gespräche» des Parlaments mit der EU-Kommission über das weitere Vorgehen folgen. Lietz warb dafür, die Tür zur Türkei nicht ganz zuzuschlagen.
Der liberale EU-Abgeordnete Alexander Graf Lambsdorff forderte dagegen, noch einen Schritt weiter zu gehen und den «gescheiterten Beitrittsprozess» zu beenden. Beim letzten EU-Außenministertreffen hatte sich lediglich Österreich für den Abbruch der Verhandlungen ausgesprochen, andere Staaten hatten eher für Zurückhaltung plädiert.
Der Deutsche Richterbund rief die EU auf, nicht bei der Resolution stehen zu bleiben, sondern Ankara zur Rückkehr zur Rechtsstaatlichkeit zu drängen. Er brachte dabei «ein Streichen von EU-Beitrittshilfen» ins Spiel. Die Linke-Außenpolitikerin Sevim Dagdelen rief die EU-Kommission auf, auch die geplanten Verhandlungen über eine Erweiterung der Zollunion auf Eis zu legen.
Viele EU-Länder befürchten, dass die Türkei bei einem einseitigen Abbruch der Gespräche die Zusammenarbeit in der Flüchtlingskrise aufkündigen könnte. Die Kooperation gilt zusammen mit den Kontrollen an der Balkanroute als einer der Gründe dafür, dass sich die Lage in den vergangenen Monaten deutlich entspannt hat.
dpa