Rund 100 Bayreuther Beamte registrieren Flüchtlinge, die in Rosenheim landen So helfen Bayreuther Bundespolizisten bei der Registrierung der Flüchtlinge

Von Katharina Wojczenko

Jeden Tag kommen Hunderte Flüchtlinge in Rosenheim an. Seit Wochen. Die Bayreuther Bundesbereitschaftspolizei hilft bei den Rosenheimer Kollegen seit Juli aus. Sie hat ein System aufgebaut, um die Menschen schnell zu registrieren und weiterzuschicken. Eine Aufgabe, die derzeit an die Substanz der rund 100 Beamten geht – und die manchmal auch Freude macht.

 
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Der nächste Zug kommt aus Verona. Die Bayreuther stehen am Rosenheimer Bahnhof bereit. „So schön wie hier ist es nur bei uns daheim“, sagt ein Beamter. Am Horizont erheben sich die Chiemgauer Alpen. Rosenheim ist der erste Halt hinter der Grenze. Die Bundespolizei muss hier illegal eingereiste Migranten aufgreifen. Flüchtlinge. Vier Rosenheimer Kollegen steigen in den Zug. Zwei am vorderen Ende, zwei am hinteren. In der Mitte treffen sie sich. Sie nehmen jeden mit, der bei der Kontrolle keine oder die falschen Papiere herzeigt.

Die Bayreuther empfangen sie auf dem Bahnsteig. „Folgen Sie mir bitte“, sagt ein Polizist ruhig auf Englisch. Die meisten sind junge Männer mit schwarzer Hautfarbe. Und eine Mutter aus Syrien. Sie hat ihre drei Kinder dabei, die ängstlich um sich schauen. Eine Beamtin drückt ihnen ein Plüschtier in die Hand. Eine ganze Kiste steht bereit, gespendet.

„Manchmal macht man sich Gedanken, gerade wenn Kinder dabei sind“, sagt ein Beamter. Er ist ein großer Kerl, der selbst Kinder hat, wie viele der Bayreuther. Wie wäre es andersherum? Wenn es seine Kinder wären, die da ankommen?

Mit Händen, Füßen und Karten

An einem Klapptisch in dem abgesperrten Bereich am Bahnhof bemühen sich die Polizisten, die Daten der Neuankömmlinge zu erfassen, so gut das mit Englisch und Händen und Füßen geht. Sie schaffen es sogar, zu scherzen. Auf dem Klapptisch liegt ein Zettel mit Zahlenreihen und eine Weltkarte zum Deuten. Ein Mann aus Afghanistan kann ein bisschen Englisch und übersetzt. Name, Herkunftsland, Alter. Zwei Polizisten schreiben auf.

Kein Geschrei, nur leise Fragen. „Are we in Germany?“ „Sie sind in Deutschland, Sie sind in Sicherheit“, sagt Polizist Harald Krauß dann. „Viele haben schlechte Erfahrung mit der Polizei gemacht.“ Vor allem die, die über Budapest kamen. Oft hört er dann: Danke. Wie sein Kollege Thomas B. Er hat einem Afghanen und einem Syrer gerade Zigaretten gegeben. Ihre eigenen mussten sie vorerst abgeben. Sie landen zusammen mit Gürtel und anderen Gegenständen in einem durchsichtigen Plastikbeutel.

Sonst erfassen sie aggressive Fußballfans, jetzt Flüchtlinge

27 Personen haben die Polizisten aus diesem Zug geholt. Zuletzt waren es meist 90 pro Zug. 350 Personen am Tag. Die Rosenheimer Bundespolizei brauchte deshalb Unterstützung. Die Bayreuther haben eine Bearbeitungsstraße eingerichtet. Die Bundespolizei nutzt ein ähnliches Prinzip, um zum Beispiel bei Massenveranstaltungen die Identität von festgenommenen Hooligans zu erfassen. „Hier können wir Menschen helfen“, sagt Sebastian Kleiner, der zum vierten Mal in Rosenheim ist. Ihr Leid bekämen die Beamten mit, die Verletzungen am Körper. Aber auch die Freude, dass sie hier seien.

In Rosenheim geht es darum, ihre Daten so gut es geht zu erfassen und sie am Ende mit einem Formular in den Zug zur zuständigen Erstaufnahmeeinrichtung zu setzen. Und Menschen, die offensichtlich krank sind, medizinisch zu versorgen. Einen Tag haben die Polizisten dafür Zeit, länger dürfen sie die Menschen nicht in Gewahrsam nehmen. Auf dem Gelände der Inspektion durchlaufen sie deshalb mehrere Stationen. Die erste ist in der Sporthalle.

Mini-Bayreuth steht in Rosenheim

Davor bauen Bayreuther Polizisten gerade die letzten Zelte auf. „Wir haben am Freitag 23 Zelte bestellt“, sagt Stefan Uschold, der stellvertretende Hundertschaftsführer. Elf davon kamen am selben Tag von der Bayreuther Bundespolizei. Es sind dieselben Zelte, in denen bei Mini-Bayreuth Kinder spielen. Darin sollen sich bald Flüchtlinge ausruhen können. Die Bayreuther haben sie noch nachts aufgebaut, „bei strömendem Regen“, sagt Uschold. Weil heute zwar wenige Flüchtlinge gekommen sind, er aber mit deutlich mehr rechnet. 800 Feldbetten und 900 Schlafsäcke sind schon geliefert. Es fehlen noch Heizgeräte und Dixieklos.

Im zweiten Gebäude der Bearbeitungsstraße, dem ehemaligen Ankleidehaus, ist im ersten Stock das, was die Oberfranken im Spaß die Zentrale des Wahnsinns nennen. Ein Raum, in dem mit abwischbarem Stift die aktuellen Zahlen notiert sind. Wo wie viele Menschen in der Bearbeitungsstraße stecken. Maximal 180 dürfen es in der Sporthalle sein, 120 im Ankleidehaus, wo die Daten erfasst, Fingerabdrücke genommen und die Menschen fotografiert werden.

Manches hat sich seit Juli verbessert

Sind es zu viele, werden keine neuen Züge mehr kontrolliert. Sie fahren dann durch bis München, wo die Landespolizei zuständig ist. „Es funktioniert hier mittlerweile gut“, sagt Uschold. Seit Montag ist ein Arzt vor Ort, damit die erste verpflichtende Gesundheitsuntersuchung schon in Rosenheim vorgenommen werden kann. Eine Mitarbeiterin des Bundesamts für Migration kämpft im Erdgeschoss mit dem WLAN, aber sie kann jetzt dort die Daten direkt ins Verteilungsprogramm eingeben. Die Flüchtlinge müssen mit dem Formular seitdem nicht mehr nach München, um zu erfahren, in welchem Teil Deutschlands sie landen.

Info: Die Bayreuther Bundesbereitschaftspolizei ist seit 22. Juli in Rosenheim im Einsatz. Die Polizisten werden für eine Woche nach Oberbayern geschickt. Die aktuelle Gruppe startete am Dienstag, musste aber wegen der Ungarnflüchtlinge erst bis Donnerstag in München aushelfen. Seit Freitag sind die knapp 100 Beamten in Rosenheim. Am Montag wurde ihr Einsatz kurzfristig bis Freitag verlängert.

Mehr zur Flüchtlingssituation und den Auswirkungen auf Bayreuth lesen Sie hier.

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