Wie die Aufarbeitung einer Prügelei in Bad Berneck als Tiger Erst Tötungsverdacht, dann Geldstrafe

Von Manfred Scherer
Foto: Britta Pedersen dpa-Archiv Foto: red

Früher waren Prügeleien zwar auch brutal, aber es gab doch Hemmschwellen.  Vor einigen Jahren schlugen die Staatsanwaltschaften wegen eines üblen Phänomens eine harte Gangart ein: Sobald bei Schlägereien Opfer Fußtritte gegen den Kopf bekamen,  geriet der Treter unter den Verdacht des versuchten Totschlags.  Der Fall einer Schlägerei in Bad Berneck zeigt, dass die harte Gangart der Ermittler für einen Angeklagten durchaus auch von Vorteil sein kann.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Die Schlägerei  fand am 3. Februar in der Hofer Straße in Bad Berneck statt. Ein Kriminalbeamter des Kommissariats für Straftaten gegen das Leben, also der Mordkommission, erinnert sich: „Ich hatte damals Bereitschaftsdienst und hörte am Funk mit. Er wurde eine Massenschlägerei gemeldet. Für uns war das zunächst noch nichts. Dann meldete sich aber ein Opfer. Bei der Befragung gab er an, er habe Tritte gegen den Kopf erhalten.“ Weil das Opfer stark blutende Gesichtsverletzungen hatte, übernahm die Kripo den Fall von der Polizeiinspektion Bayreuth-Land. Auf den Ermittlungsvorgang wurde „Verdacht auf versuchtes Tötungsdelikt“ eingetragen.

Doch der Fall kam nicht vor das Schwurgericht, sondern landete bei Amtsrichter Stefan Käsbohrer. Der Vorwurf für einen 42-jährigen Bad Bernecker lautete nur noch vorsätzliche Körperverletzung.  Er soll einen 29-jährigen Kontrahenten über die Motorhaube eines Autos geschleudert und ihm dann einen Faustschlag ins Gesicht verpasst haben.

Ein besonders angespanntes Verhältnis

Der Angeklagte berichtete, dass er und das Opfer ein besonderes und angespanntes Verhältnis haben: Der 29-Jährige ist der Ex-Freund der jetzigen Lebensgefährtin des Angeklagten. Die Frau hat von beiden Männern Kinder. Der Angeklagte kümmert sich um das Kind des 29-Jährigen mit.

Am Abend des 3. Februar, so bekannte der  42-Jährige, habe er einen Streit mit seiner Freundin gehabt. Über diesen Streit erzählte die Frau dann am Telefon ihrem Ex. Der wiederum geriet bei der Vorstellung, der Angeklagte habe dabei seine kleine Tochter angebrüllt in Rage. Als Zeuge vor Gericht bekannte der 29-Jährige, er habe den Angeklagten zur Rede stellen wollen. Der Angeklagte wiederum berichtete, er habe eigentlich zu Bett gehen wollen und habe dann erfahren, dass draußen der jüngere Mann „herumrennt und damit droht, mich zusammenschlagen zu wollen.“

Die Kontrahenten waren alkoholisiert

Es kam zu der Begegnung der alkoholisierten Kontrahenten. Auf der Hofer Straße waren einige Bekannte versammelt, viele aufgrund einer zeitgleich stattfindenden Party zumindest nicht nüchtern.

Im Prozess sagten alle Zeugen sorgfältig und seriös aus – offenbar auch beeindruckt durch die Ermittlungen, die die Kripo in jener Nacht zunächst wegen eines versuchten Tötungsdeliktes führte.  Der Verletzte 29-Jährige räumte ein, dass es zwischen ihm und dem Angeklagte durchaus zu einer „Rangelei“ gekommen war. Dass der Angeklagte ihm aber Fußtritte gegen den Kopf verpasst habe, diese Behauptung stellte er nicht mehr auf. Schon während der Ermittlungen war er davon abgerückt – wohl auch wegen der Aussage eines der wenigen nüchternen Zeugen, der damals und auch im Prozess dies berichtete: Das Opfer sei nach der Schlägerei  in einem gefliesten Hausflur eines Hauses an der Hofer Straße gestürzt und dort mit dem Gesicht voran auf den gekachelten Boden geknallt. Der Angeklagte selbst gab zu, den 29-Jährigen geschlagen zu haben, reklamierte aber Notwehr. Der andere habe ihn zuerst angegriffen.  Beide Kontrahenten erklärten, mittlerweile hätten sie sich ausgesprochen – man müsse sich quasi wegen der “gemeinsamen Kinder“ einigermaßen vertragen.

Den von Verteidiger Gert Lowack beantragten Freispruch wegen Notwehr gab Richter Käsbohrer nicht.  Entscheidend für den Schuldspruch wegen Körperverletzung waren Zeugenaussagen, nach denen  das Opfer nach der ersten Rangelei erst abwendet und dann nochmals zum Angeklagten zurückkam – und dort direkt mit einem Kinnhaken und einem Fußtritt in den Magen empfangen wurde. Der Richter beließ es bei einer Geldstrafe von 70 Tagessätzen zu je 25 Euro.

Bilder