Erneut Abschiebungen nach Afghanistan

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Erneut soll ein Flieger abgelehnte Asylbewerber nach Afghanistan bringen - diesmal von München aus. Der Protest gegen die Abschiebungen ist groß. Das zerrüttete Land gilt vielen als extrem unsicher.

 
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Ungeachtet zahlreicher Proteste sollten am Mittwochabend etwa 50 Afghanen vom Münchner Flughafen aus in ihr Heimatland abgeschoben werden. Dies teilte eine Sprecherin der Polizei Oberbayern mit. Zunächst hatte der Bayerische Rundfunk darüber berichtet. Es ist bereits die dritte Sammelabschiebung von abgelehnten Asylbewerbern seit Ende vergangenen Jahres. Sie stößt auch bundesweit auf große Kritik. Im Freistaat rief unter anderem der Bayerische Flüchtlingsrat zu einer Protestaktion auf.

Die abgelehnten Asylbewerber sollten in die afghanische Hauptstadt Kabul geflogen werden. Seit Tagen gibt es Streit um die Abschiebungen in das zerrüttete Land. Die Opposition im Bundestag sowie Flüchtlingsorganisationen übten scharfe Kritik an der vom Bund geführten Aktion. Aus ihrer Sicht ist Afghanistan alles andere als ein sicheres Land. Daher lehnen auch mehrere Bundesländer eine Beteiligung an der Aktion ab.

Im Freistaat stellten die Grünen im Landtag einen Dringlichkeitsantrag, um die Abschiebungen zu verhindern. «Man kann einen Krieg, der stattfindet, nicht einfach leugnen – Afghanistan ist für Flüchtlinge nicht sicher», erklärte die asylpolitische Sprecherin Christine Kamm.

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) hingegen stellte sich im Grundsatz hinter die umstrittenen Abschiebungen. Es sei nicht Aufgabe der Bundesländer, eine Asyl-Entscheidung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) neu aufzurollen, sagte der Ressortchef am Mittwoch bei einer Podiumsdiskussion mit Kollegen auf dem Europäischen Polizeikongress in Berlin. Herrmann sprach sich zugleich für eine Förderung freiwilliger Rückkehr-Programme aus.

Mit einer Verschärfung der Abschiebepraxis will derweil die Bundesregierung die Ausreisepflicht insbesondere von sogenannten Gefährdern besser durchsetzen. Das sagte Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) in Berlin. Zuvor hatte das Kabinett einen entsprechenden Gesetzentwurf auf den Weg gebracht. Gefährder sollen künftig leichter in Abschiebehaft genommen oder mit elektronischen Fußfesseln am Untertauchen gehindert werden.

Die Auswertung von Handydaten durch das BAMF soll künftig «bei strengen rechtsstaatlichen Voraussetzungen» zur Aufklärung von Identität und Staatsangehörigkeit möglich sein, sagte de Maizière. Fluchtrouten sollen damit aber nicht nachvollzogen werden. Der Ausreisegewahrsam soll von vier auf zehn Tage verlängert werden können. Wer falsche Angaben über seine Identität macht, muss mit Einschränkungen seiner räumlichen Bewegungsfreiheit rechnen. Jugendämter sollen künftig für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge schneller einen Asylantrag stellen können.

Der Bayerische Flüchtlingsrat protestierte vehement gegen die Abschiebungen. Diese seien «absolut unmöglich», sagte Sprecher Stefan Dünnwald im Bayerischen Rundfunk. Der Flüchtlingsrat rief für den Abend zu einer Protestaktion am Flughafen München auf. Die Organisatoren erwarteten rund 300 Teilnehmer.

Kritik kam auch von der DGB-Jugend Bayern. Anstatt die Integration von jungen Geflüchteten voranzutreiben, reiße die Staatsregierung selbst gut integrierte Flüchtlinge aus ihrem persönlichen und beruflichen Umfeld, teilte die Gewerkschaftsjugend am Mittwoch mit. Bayern sei eines der wenigen Bundesländer, das trotz der angespannten Sicherheitslage in Afghanistan weiterhin Menschen dorthin abschiebe.

 

dpa

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