Laut Gemeindeordnung endete die Abgabefrist im vergangenen November Elf Gemeinden haben noch immer keinen Haushalt

Von Sarah Bernhard
Drei neue Miniküchen haben die Kinder des Kindergartens Brunnenwiese am Freitag eingeweiht. Dabei dürfte es diese Küchen rein rechtlich noch gar nicht geben. Foto: red

Die Gemeinde Eckersdorf ist heuer mit ihrer Finanzplanung knapp sieben Monate zu spät – und sie ist nicht die einzige im Landkreis: Zehn weitere Gemeinden haben ihren Haushalt noch nicht oder erst vor kurzem verabschiedet. Hier erklären Bürgermeister oder Kämmerer, warum es so lange dauert.

 
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Sorgfältig taucht Lena einen Spieß mit Erdbeeren und Kiwistücken in einen Topf mit flüssiger Schokolade. Zur Feier des Tages gibt es Schoko-Fondue, denn es ist das erste Mal, dass die Sechsjährige und ihre Freunde von der Bären-Gruppe in ihrer eigenen kleinen Küche kochen können: Drei dieser Miniküchen hat die Gemeinde Eckersdorf für den Kindergarten Brunnenwiese angeschafft, erst einen Tag zuvor hat ein örtliches Unternehmen die Elektrogeräte installiert.

Haushaltslose Zeit

Und damit ein Projekt beendet, das eigentlich noch gar nicht hätte beginnen dürfen. Denn Eckersdorf befindet sich gerade in der sogenannten „haushaltslosen Zeit". Das heißt, die Gemeinde darf nur für ihre Pflichtaufgaben Geld ausgeben, etwa fürs Personal. Neue Kindergarten-Küchen sind laut Bayerischer Gemeindeordnung erst dann wieder drin, wenn Eckersdorf einen Haushalt beschlossen hat und dieser vom Landratsamt abgesegnet wurde – und das wird erst in rund zwei Wochen der Fall sein.

Knapp sieben Monate ist die Gemeinde mit ihrer Finanzplanung im Verzug, denn die Gemeindeordnung sieht auch vor, dass der Haushalt fürs kommende Jahr bis 30. November vorliegen muss. An diesem Tag steckten die neuen Küchen noch als Kostenvoranschlag ganz hinten im Haushaltsordner von Kämmerin Elke Hummich.„Ich kenne keine Gemeinde, die es jemals geschafft hat, bis November ihren Haushalt zu machen", sagt Bürgermeisterin Sybille Pichl – und bekommt Bestätigung von ganz oben: „Die Gemeinden leiden unter faktischen Zwängen, die man hinnehmen muss", heißt es aus dem Bayerischen Innenministerium.

Sie leiden zum Beispiel darunter, dass sie wichtige Daten zur Finanzsituation im November noch gar nicht kennen: Etwa die Kreisumlage, die sie an den Landkreis zahlen müssen oder die Schlüsselzuweisungen, die sie bekommen. Die Zahlen kamen heuer im Januar, in manchen Jahren sind sie erst im Februar verfügbar. Die meisten Gemeinden verabschiedeten ihren Haushalt deshalb im April, sagt Gernot Geyer, Fachbereichsleiter der Kommunalaufsicht beim Landratsamt.

„Kleine Dinge gehen schon"

Zu dieser Zeit wurden in Eckersdorf gerade die Aufträge für den Küchenbau vergeben, trotz des fehlenden Haushalts. „Kleine Dinge gehen schon", sagt Pichl, und dann: „Wenn wir mit allem warten würden, bis der Haushalt genehmigt ist, würden wir ja nie fertig." Sie hört sich ein bisschen empört an, als sie das sagt.

Den Haushalt so lange hinauszögern, bis auch die letzte Zahl durchgerechnet ist – Gernot Geyer nennt das „die Angst, ungenau zu sein": Die Gemeinden sähen den Haushalt nicht als Plan, wie das Jahr laufen solle, sondern als Mittel, die Ausgaben formal festzuschreiben. Wilfried Schober, Sprecher des Bayerischen Gemeindetags, drückt es poetischer aus: „Der Haushalt sollte eine Vision sein, aber er ist ein Steinbruch."

Sybille Pichl hat dafür nur ein Kopfschütteln übrig. „Wenn ich die Vision habe, einen Kreisel zu bauen, aber keine Einnahmen, brauche ich den Kreisel auch nicht in den Haushalt schreiben", sagt sie. Haushaltsberatungen im Juni – das ist aber auch ihr zu spät: „Ich wäre gerne früher fertig gewesen, aber was nicht ist, ist halt nicht." Der Haushalt müsse ja nebenher laufen – und es habe schließlich keine Konsequenzen, länger zu brauchen. „Wenn wir eine Strafe dafür kriegen würden, wäre das wahrscheinlich anders." Auch für die Bären-Gruppe des Kindergartens Brunnenwiese. Die hätte dann nämlich eine rechtlich  unbedenkliche neue Miniküche.

Diese zehn Gemeinden im Verbreitungsgebiet haben ihren Haushalt ebenfalls besonders spät verabschiedet – oder noch gar nicht:

Ahorntal

Stand: Der Haushalt ist verabschiedet und wird in den nächsten Wochen dem Landratsamt zur Prüfung vorgelegt.

Begründung von Bürgermeister Herbert Dannhäußer: Wir hatten einen schweren personellen Engpass, sonst ist das bei uns nicht so.

Wiederholungstäter: nein

Bad Berneck

Stand: Der Haushalt ist fertig, aber wegen Krankheit des Kämmerers noch nicht verabschiedet.

Begründung von Kämmerer Ulrich Bayer: Zwischen den Gemeinderatsmitgliedern gab es viel abzustimmen, ein demokratischer Prozess braucht Zeit.

Wiederholungstäter: ja

Creußen

Stand: Der Haushalt ist verabschiedet und soll am Montag dem Landratsamt vorgelegt werden.

Begründung von Bürgermeister Martin Dannhäußer: Die Verwaltungsgemeinschaft hat andere Haushalte vorgezogen, wir sind der vorletzte.

Wiederholungstäter: nein

Fichtelberg

Stand: Der Haushalt ist nicht verabschiedet, der Finanzausschuss soll demnächst tagen.

Begründung von Bürgermeister Jose-Ricardo Castro Riemenschneider: Die Probleme mit dem Betreiber der Therme machen die Situation kompliziert.

Wiederholungstäter: ja

Ködnitz

Stand: Der Haushalt wurde letzte Woche verabschiedet und soll bald dem Landratsamt vorgelegt werden.

Begründung von Kämmerer Alfred Kolenda: Wir brauchten die genauen Kosten gewisser Baumaßnahmen, deshalb mussten wir noch warten.

Wiederholungstäter: ja

Marktschorgast

Stand: Der Haushalt wurde Mitte Mai verabschiedet und bestätigt.

Begründung von Bürgermeister Hans Tischhöfer: Die Arbeitsbelastung der Verwaltung war hoch, der Gemeinderat hat daraufhin gesagt, den Haushalt müsse man nicht übers Knie brechen.

Wiederholungstäter: nein

Mistelbach

Stand: Der Haushalt wurde Anfang Juni verabschiedet und bestätigt.

Begründung von Kämmerer Christian Hohlweg: Wir haben ein Kommunalunternehmen gegründet und waren personell gebunden, haben aber vor, ihn zukünftig im April zu verabschieden.

Wiederholungstäter: ja

Schlammersdorf

Stand: Der Haushalt wurde vorgestern verabschiedet und wird demnächst dem Landratsamt vorgelegt.

Begründung von Bürgermeister Gerhard Löckler: Das Problem ist, dass man auf andere Entscheidungen warten muss. Letztes Jahr war das ähnlich.

Wiederholungstäter: ja

Thurnau

Stand: Der Haushalt soll im August verabschiedet werden.

Begründung von Kämmerer Michael Ganzleben: Wir haben frühzeitig mit den Haushaltsberatungen begonnen, aber es zögert sich immer wegen irgendetwas hinaus. Aber wir bemühen uns.

Wiederholungstäter: ja

Warmensteinach

Stand: Der Haushalt wurde Mitte Juni verabschiedet und bestätigt.

Begründung von Bürgermeister Andreas Voit: Es gab viele Personalwechsel in letzter Zeit, der Kämmerer war krank. Man drückt ja nicht einfach einen Knopf und dann kommt ein Haushalt raus.

Wiederholungstäter: ja

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