Nach einem Jahr durfte das Ehepaar schließlich arbeiten und nahm alles an, was es bekommen konnte. „Ich habe mal als Näherin gearbeitet, mal als Köchin, mal in einer Spinnerei. Mein Mann hat Wassertanks für die Bauern gebaut, Betonfundamente errichtet und vieles mehr“, berichtet sie. Als sie erfuhren, dass es in Deutschland wieder genug zu arbeiten gibt, wollten sie eigentlich zurückkehren, doch das Geld reichte nicht für den Rückflug. Bruder Toni kam extra in das Land, um die Familie zurückzuholen, doch gefiel es ihm auf dem fünften Kontinent dermaßen gut, dass er da blieb.
Schließlich kaufte sich das Ehepaar in Lavington bei Albury in New South Wales ein kleines Holzhaus. „Wir hatten zunächst kein Licht, keinen Strom und kein Wasser“, beschreibt Elisabeth Wrobel die Zeit. Innerhalb eines Jahres statteten sie das Gebäude mit dem Notwendigsten aus. Durch fleißige Arbeit kamen sie in den folgenden Jahren zu einem gewissen Wohlstand. Heute hat Elisabeth Wrobel, deren Ehemann vor 21 Jahren verstarb, neben ihrer eigenen noch vier weitere Wohnungen, die sie vermietet. Sie ist stolz auf ihre fünf Kinder – in Australien kamen noch Tochter Karin und Sohn Michael zur Welt – sowie ihre zwölf Enkel und 21 Urenkel.
„Als ich 2011 geplant habe, nach Australien zu reisen, hat mir Katharina Depser, die bei uns in der Zunftstube gearbeitet hat, gesagt, dass ihre Tante in Australien Wohnungen vermietet“, erzählt Marcus Schulz. Nach mehreren Telefonaten war alles vorbereitet. Als er am 20. April 2012 in Australien ankam, holte ihn Elisabeth Wrobel ab. Während seines zehnmonatigen Aufenthalts in Australien, in dem er unter anderem in einem Restaurant in Brisbane arbeitete, um sich fortzubilden und Geld zu verdienen, verbrachte er 15 Wochen in Lavington. In der Zeit absolvierten sie miteinander diverse Ausflüge.
Am 20. Juli kam Elisabeth Wrobel zu ihrem fünften Besuch mit Schwiegertochter Bonny in Deutschland an. „Ich habe mich fast 17 Jahre nicht mehr getraut zu fliegen nach den beiden Notlandungen, aber alle haben mir damals gesagt, dass das Fliegen sicherer geworden ist“, erinnert sie sich.
Im Schnitt alle zehn Jahre reiste sie in der Folge nach Deutschland. „Als ich vor sechs Wochen ankam, habe ich gedacht, das ist ein Wetter wie bei uns im Winter“, schildert sie ihren ersten Eindruck. „Ich habe meinen Bruder Paul, der bei den Büttnern dabei ist, und meinen Bruder Josef, der erst nach unserer Auswanderung zur Welt kam, besucht. Mit Bonny habe ich eine Schifffahrt von Passau nach Budapest und zurück gemacht. Das war wunderschön und es hat alles herrlich geklappt“, berichtet sie. Eine weitere Fahrt führte in den Spreewald. Bonny Wrobel machte sich mit dem Zug auf den Weg, um sich Rothenburg ob der Tauber anzusehen.
Bonny Wrobel ist das erste Mal in Deutschland. Sie ist begeistert von den vielen alten Gebäuden und den historischen Städten, dem guten fränkischen Essen, das sie allerdings schon von ihrer Schwiegermutter her kennt, von den leckeren Bieren und davon, dass hier alles viel billiger sei als in Australien. „Ich bin froh, dass ich mitgekommen bin“, sagt sie. Beide wohnen bei Elisabeths Schwester Maria Vierthaler und ihrer Familie in Kulmbach. Bis zu ihrem Abflug wollen es sich die beiden Australierinnen noch gut gehen lassen und vielleicht noch den einen oder anderen Ausflug unternehmen.