Eine Chance für den Genuss

Von Norbert Heimbeck
Weltkulturerbe und Genussregion als Nachbarn. Das Genusshaus soll in die Schalterhalle der Sparkasse in der Opernstraße einziehen. Foto: Ronald Wittek Foto: red

Die Genussregion Oberfranken punktet mit einer Vielzahl kulinarischer Rekorde. Handwerkspräsident Thomas Zimmer möchte Kultur, Kulinarik und Tourismus unter einem Dach zusammenführen. Seine Idee wird nun konkret: Weil die Sparkasse Bayreuth in die neue Kundenhalle am Luitpoldplatz umzieht, steht die alte Schalterhalle in der Opernstraße für ein Genusshaus zur Verfügung.

 
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321. Lassen Sie sich diese Zahl auf der Zunge zergehen: 321. Exakt so viele verschiedene Gerichte listet die Spezialitätendatenbank der Genussregion Oberfranken auf. Und unsere Brauer bieten rund 1000 Sorten Bier an. Kein Wunder, dass die Franken im jüngst veröffentlichten Glücks-Atlas auf dem zweiten Platz stehen. Wir leben in einer genussreichen Gegend. Mag auch in dem einen Ort die Internetverbindung schwächeln und im anderen der ICE nur aus der Bahnwerbung bekannt sein – das sind Kleinigkeiten im Vergleich zu Orten, in denen handwerklich arbeitende Bäcker, Metzger und Brauer auf dem Rückzug sind.

Die Zahlen sind traurig: 1995 zählte der Zentralverband des Deutschen Handwerks noch 51 764 Bäcker- und Fleischerbetriebe. 20 Jahre später, 2015, waren es nur noch gut halb so viele: 26 603. Oberfranken steht zwar ganz gut da, rühmt sich gar, die höchste Dichte an Bäckern, Metzgern und Brauern zu haben. Doch wir müssen aufpassen. Auch bei uns tun sich viele Betriebe schwer, Nachfolger zu finden, müssen sich der Billig-Konkurrenz durch Discounter erwehren.

Da kommt die Idee eines Genusshauses doch wie gerufen. Unter einem Dach sollen kulinarische, kulturelle und touristische Angebote zusammengeführt werden. Wobei diese drei Bereiche sowieso zusammengehören. Esskultur ist es, wenn man sich Zeit nimmt zur Zubereitung und zum Verzehr der Speisen. Wenn man den Tisch schön deckt statt „to go“ zwischen zwei Terminen beim Fast-Food-Anbieter reinzuschauen. „Ich will die Geschichte einer Speise kennen. Ich möchte wissen, woher die Nahrung kommt.“ Dieses Zitat von Carlo Petrini, dem Gründer der Slow Food-Bewegung, zeigt, worauf es ankommt. Warum gibt es denn ausgerechnet in Oberfranken so viele Brauereien? Warum ist hier der Kartoffelanbau erstmals professionell betrieben worden? Es gibt viele solche Geschichten, die noch nicht erzählt worden sind.

Ein Genusshaus ist die Chance, diese Dinge erlebbar zu machen. Dass Bayreuth das Handwerkszeug dafür beherrscht, hat die Landesgartenschau gezeigt, wird das Opernhaus nach dem Umbau zeigen. Zum Kulturerbe gehören nicht nur Musik, Literatur und Architektur. Bevor all diese schönen Künste entstehen konnten, mussten die Menschen Getreide anbauen, Brot backen und die Braukunst erfinden. Das Genusshaus in der Bayreuther Opernstraße anzusiedeln, direkt neben dem Weltkulturerbe Opernhaus, führt also logisch zusammen, was ohnehin zusammen gehört.

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