Schulprojekt: Ein Stück Heimat im Koffer

 Foto: red

Diese Ausstellung holt Flüchtlinge aus der Anonymität: Am Montagabend haben Schüler des Gymnasiums Christian-Ernestinum ihre Ausstellung „Ein Stück Heimat im Koffer“ eröffnet. Der Nordbayerische Kurier hat die Ausstellungsmacher unterstützt. Herausgekommen sind zwölf Interviews und zahlreiche Hintergrundinformationen über Gründe der Flucht.

 
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Rahaf Ali, 15 Jahre, aus Syrien

Ein Stück Heimat im Koffer: Was hast Du mitgebracht?
Rahaf: „Auf der Flucht haben wir alles verloren. Wenn wir etwas mitgebracht haben, dann unsere Herzen. In unseren Herzen tragen wir die Erinnerung an die alte Heimat und sie sind offen für die Menschen.” 

Wie lange bist Du schon in Deutschland?
Rahaf: „Ich weiß nicht genau, ein paar Wochen.”

Wie sah Deine Flucht aus?
Rahaf: „Aus Syrien wollten wir nur noch weg. Überall ist Krieg und es sind Bomben gefallen. Es ging darum, sich zu retten. Wir sind über die Grenze in die Türkei mit fast nichts geflüchtet. Dort haben Familienmitglieder sieben Monate gearbeitet, um das Geld für die Überfahrt nach Europa zu haben. Nach der Fahrt über das Mittelmeer sind wir von Griechenland in Richtung Ungarn gereist. Zwei Tage waren wir im Wald in Ungarn zu Fuß unterwegs, bevor uns die ungarische Polizei verhaftete. In Ungarn war meine Familie eine Woche im Gefängnis, dort bin ich auch krank geworden. Schließlich wurden wir freigelassen, danach konnten wir bis nach Deutschland weiterreisen.” 

Wie hat Deutschland Dich aufgenommen?
Rahaf: „Wir wurden gut aufgenommen, alle haben sehr freundlich gewirkt. Es hat auch Ärzte bei der Aufnahme gegeben. In der Wohnung und in der Schule fühle ich mich eigentlich wohl. Es hat bis jetzt keine Probleme gegeben.Wichtig ist aber, die Sprache zu lernen, um wirklich alles zu verstehen. Das ist die Voraussetzung, um die Menschen kennenzulernen.” 

Wie hast Du Dir Deutschland vorgestellt?
Rahaf: „Über Deutschland konnten wir uns hauptsächlich im Fernsehen informieren. Und durch einen Onkel, der schon früher in Deutschland war, haben wir zusätzlich Informationen bekommen. Der Eindruck war, dass die Menschen in Deutschland offen zu Flüchtlingen sind. Bei Deutschland denkt man auch an Produkte wie Autos oder Flugzeuge.” 

Welche Ziele und Träume hast Du?
Rahaf: „Ich will zur Schule gehen und mich bemühen, in Deutschland voranzukommen. Mein größter Wunsch ist, Medizin zu studieren und Ärztin zu werden. Vielleicht kann ich später in einem Krankenhaus arbeiten oder eine eigene Praxis haben. Und ich hoffe, hier als Muslima frei leben zu können. In Syrien war der Glaube nicht streng festgelegt. Dass ich ein Kopftuch (Hedschab) trage, ist meine persönliche Entscheidung. Ich will auf jeden Fall in Deutschland bleiben. Nach den Ereignissen in Syrien sehe ich meine Zukunft in Deutschland.”

Was ist anders als in Deinem Heimatland, was ist ähnlich?
Rahaf: „Ein großer Unterschied ist die Landschaft. Hier ist alles viel grüner als in Syrien. Mir gefällt das sehr gut. Und das Wetter ist natürlich anders. In Syrien ist es viel wärmer. Auch beim Aussehen der Menschen gibt es Unterschiede. In Syrien hatte man nicht so viele Freiheiten wie hier.” 

Was war die größte Umstellung?
Rahaf: „An das Wetter muss ich mich schon gewöhnen. Und natürlich muss ich die deutsche Sprache schnell lernen.”

Ammar Al Ahdab, 27 Jahre, aus Syrien

Ein Stück Heimat im Koffer: Was haben Sie mitgebracht?
Ammar: „Ein Handy. Wir können damit mit den anderen Leuten reden, auch mit den Schleppern. Sie haben mit uns über WhatsApp geschrieben, wohin wir gehen und ob wir warten sollen und manchmal haben sie uns auch angerufen. Und natürlich kann ich mit dem Handy meine Familie aus Syrien anrufen, um ihnen zu sagen, dass alles gut ist.“ 

Wie lange sind Sie schon in Deutschland?
Ammar: „Neun Monate.“ 

Wie sah Ihre Flucht aus?
Ammar: „Ich bin zuerst vom Libanon in die Türkei geflogen. In der Türkei beginnt dann erst die Reise für alle. Man kommuniziert mit den Schleppern und macht einen Preis aus. Mit dem Boot ging es dann weiter nach Griechenland. In Griechenland musste man in ein Lager und sich bestimmte Papiere abholen, die einen verpflichten, nach sechs Monaten das Land zu verlassen. Danach gibt es verschiedene Wege. Du konntest zu Fuß über Mazedonien, Serbien, Ungarn und weiter laufen oder mit gefälschten Papieren das Flugzeug nehmen. Ich bin mit dem Schiff nach Italien gefahren. Von dort aus bin ich mit dem Zug über Österreich nach Deutschland gekommen.“ 

Wie hat Deutschland Sie aufgenommen?
Ammar: „Ich weiß gar nicht genau, ich habe viele Menschen getroffen. Viele sind sehr nett und wollen helfen. Und wie überall gibt es auch Menschen, die dich nicht akzeptieren, weil sie nichts über dich wissen. Wie jeder weiß, ist in unserem Land viel zerstört und viele haben vor dieser Situation Angst. Aber ich denke, wir müssen angenommen werden.“ 

Wie haben Sie sich Deutschland vorgestellt?
Ammar: „Geordnet und organisiert, dass alles seinen Platz hat und nichts illegal ist. Woran ich nicht gedacht habe, ist die Bürokratie. Wir müssen sehr lange warten und oft passieren Fehler. Ich kann etwas Deutsch und konnte korrigieren. Aber viele sprechen diese Sprache eben nicht. Es kann sein, dass sie jahrelang warten.“

Welche Ziele und Träume haben Sie?
Ammar: „Zuerst einmal will ich die Sprache besser sprechen können. Dann würde ich gerne weiter studieren und meinen Master-Abschluss machen. Später will ich dann auch einen Job haben, wie jeder. Ich will einfach leben.“ 

Was ist anders als in Ihrem Heimatland, was ist ähnlich?
Ammar: „Alles ist komplett anders. Da gibt es nichts, was gleich ist.“ 

Was war die größte Umstellung?
Ammar: „Es ist schwierig, mit den Menschen hier in Kontakt zu kommen, weil viele unsere Sprache nicht können und wir ihre nicht. Was ich bei vielen anderen gesehen habe: Wenn du deine Papiere holen willst oder zum Arzt musst, sprechen eben alle deutsch. Und dann passieren Fehler, weil die Flüchtlinge nicht sagen können, was genau ihnen fehlt. Es ist schwierig für beide Seiten. Der Arzt hat das Wissen. Aber wenn er nicht mit den Patienten sprechen kann, dann nützt das nichts.“

Karim Karimi, 34 Jahre, aus Afghanistan

Ein Stück Heimat im Koffer: Was haben Sie mitgebracht?
Karim: „Ich habe mein Lieblingsbuch mitgebracht. Der amerikanische Philosoph John Hospers hat es geschrieben und es heißt im Originaltitel „Introduction to Philosophical Analysis“. Ich lese es auf Arabisch. Dieses Buch ist mir wichtig, weil Philosophie mein Lieblingsthema ist und ich schon in meiner Heimat angefangen habe, mich damit zu befassen.” 

Wie lange sind Sie schon in Deutschland?
Karim: „Seit etwas mehr als fünf Jahren.“ 

Wie sah Ihre Flucht aus?
Karim: „Ich bin vor neun Jahren aus Afghanistan in den Iran geflohen. Dort wohnt jetzt auch der größte Teil meiner Familie. Vier Jahre habe ich im Iran gelebt, dann bin ich über die Türkei nach Deutschland gekommen.“

Wie hat Deutschland Sie aufgenommen?
Karim: „Die ersten Menschen, denen ich in Deutschland begegnet bin, waren Polizisten. Deshalb ist das für mich eine schwere Frage. Die Deutschen waren immer sehr nett zu mir, aber das Einwanderungsgesetz macht es mir hier unmöglich, eine Arbeit zu finden. Und ich weiß nicht, was morgen mit mir passieren wird. Es hat mir alles kaputt gemacht. Ich durfte jahrelang Bayreuth nicht verlassen, es war für mich wie ein Gefängnis.“ 

Wie haben Sie sich Deutschland vorgestellt?
Karim: „Ich mag dieses Land sehr und würde auch in kein anderes gehen wollen, selbst wenn ich dort eine unbefristete Aufenthaltsgenehmigung bekäme. Ich mochte Deutschland schon immer, da ich die deutschen Philosophen wie Marx, Feuerbach, Nietzsche oder Hegel sehr schätze.“ Welche Ziele und Träume haben Sie? Karim: „Ich habe keine Ziele, weil ich nicht weiß, was morgen kommt. Früher habe ich mir Gedanken gemacht: Was wäre, wenn? Was wäre, wenn mein Antrag angenommen wird? Aber ‘wenn’ ist nur ein Wort, und ich habe mit diesen Gedankenspielen aufgehört. Ich kann nicht mehr. Ich würde aber sehr, sehr gerne wieder arbeiten.“

Was ist anders als in Ihrem Heimatland, was ist ähnlich?
Karim: „Teile der deutschen Kultur und Gesetze sind besser als die meines Heimatlandes, zum Beispiel die Freiheit und die Frauenrechte. Die meisten Menschen sind wirklich sehr nett und respektvoll. Ich habe also keine Probleme mit der deutschen Kultur. Unterschiedlich ist der Stellenwert der Familie, die ist in Afghanistan sehr viel wichtiger. Ich wundere mich darüber, dass so viele junge Leute in Deutschland keine Kinder haben wollen und nicht heiraten wollen. Meine Mutter hat zum Beispiel zehn Kinder, ein Onkel von mir sogar 16. In Afghanistan habe ich auch in einer größeren Stadt als Bayreuth gewohnt, in Herat, der drittgrößten Stadt Afghanistans.” 

Was war die größte Umstellung?
Karim: „Dass ich nicht arbeiten darf. Deshalb habe ich hier auch eine schwere Depression bekommen und war ein Jahr im Krankenhaus. Ich nehme jeden Tag Tabletten. Außerdem sind zwei meiner Brüder gestorben und ich kann mich nicht von ihnen verabschieden, auch das ist schwer.“

Dahir Abdi Dahir, 16 Jahre, aus Somalia

Ein Stück Heimat im Koffer: Was hast Du mitgebracht?
Dahir: „Nichts. Ich bin fast ohne alles hier angekommen. Mein Handy hatte ich dabei, weil ich so mit meinen Freunden und meiner Familie telefonieren kann.“ 

Wie lange bist Du schon in Deutschland?
Dahir: „In Deutschland bin ich schon seit sechs Monaten, in Bayreuth seit drei Monaten.“ 

Wie sah Deine Flucht aus?
Dahir: „Ich bin von meiner Heimat Somalia durch den Sudan nach Libyen geflohen, mit einem Auto oder mit dem Bus. Danach bin mit dem Boot nach Italien gekommen, dann weiter zu Fuß oder mit dem Auto nach Deutschland.“ Wie hat Deutschland Dich aufgenommen? Dahir: „Die Menschen waren sehr nett zu mir und haben mich willkommen geheißen. Ich hatte sofort ein gutes Gefühl, als ich endlich hier war. Ich wollte gar nicht unbedingt nach Deutschland. Einfach nur weg aus meiner Heimat. Egal wohin.“ 

Welche Ziele und Träume hast Du?
Dahir: „Ich möchte eine Wohnung und einen Beruf haben, am liebsten als Ingenieur oder als Fußballspieler. Und ich will eine eigene Familie gründen und Kinder haben, viele Kinder. Ich träume davon, dass ich keine Angst mehr um meine Familie in Somalia haben muss. Denn sie leben momentan noch in großer Gefahr.“ 

Was ist anders als in Deinem Heimatland, was ist ähnlich?
Dahir: „Die Menschen hier wissen, was Frieden und Menschlichkeit ist. Ganz anders als die Menschen in Somalia.“

Albdiqaadir Daaha, 18 Jahre, aus Somalia

Ein Stück Heimat im Koffer: Was hast Du mitgebracht?
Albdiqaadir: „Ich habe ein langes Hemd mitgenommen, das ich in Somalia zum Schlafen benutzt und auch in der Moschee getragen habe. Dieses Hemd ist mir sehr wichtig, weil es mich an die Kultur und Religion meiner Heimat erinnert.“ 

Wie lange bist Du schon in Deutschland?
Albdiqaadir: „Ich lebe seit zehn Monaten in Deutschland und seit acht Monaten bin ich in Bayreuth in einem Haus mit anderen jugendlichen Flüchtlingen untergebracht.“ 

Wie sah Deine Flucht aus?
Albdiqaadir: „Meine Flucht startete ich zu Beginn des Jahres 2014 und meine Route ging über den Sudan, Libyen und Italien nach Deutschland.“ 

Wie hat Deutschland Dich aufgenommen?
Albdiqaadir: „Die Menschen haben mich hier sehr gut aufgenommen. Es ist alles okay. Ich lerne sehr gerne die deutsche Sprache und Kultur kennen und die Menschen sind sehr nett, alle respektieren mich. Ich habe bereits eine Reise nach Berlin unternommen. Diese große Stadt hat mich sehr beeindruckt.“ 

Wie hast Du Dir Deutschland vorgestellt?
Albdiqaadir: „Ich habe gehofft, dass mein Leben hier friedlicher ist. Dazu gehört, dass ich hier Dinge machen kann, die mir Spaß machen. Kochen, spazieren gehen, Xboxspielen und in die Schule gehen, um Deutsch zu lernen.“ 

Welche Ziele und Träume hast Du?
Albdiqaadir: „Ich möchte Ingenieur werden und Häuser bauen. Ein anderer Traum ist es, Politiker zu werden, aber dafür muss ich Deutsch lernen. Politik interessiert mich sehr.“ 

Was ist anders als in Deinem Heimatland, was ist ähnlich?
Albdiqaadir: „In Deutschland helfen die Menschen einander. Und der Staat hilft, dass alle die Möglichkeit haben, in die Schule zu gehen, nicht nur die Kinder von reichen Leuten. In Deutschland gibt es keine Kämpfe, sondern eine funktionierende Regierung.“ 

Was war die größte Umstellung?
Albdiqaadir: „Ich finde, dass das Essen in Deutschland besser ist als in Somalia. Ich esse am liebsten einen Döner, der ist sehr lecker.“

Rayhana Takae Mohamed-Nur, 39 Jahre, aus Eritrea

Ein Stück Heimat im Koffer: Was haben Sie mitgebracht?
Rayhana: „Ich habe ein traditionelles Kochgeschirr aus Ton mitgebracht, es heißt ‘Jedena’. In Eritrea kocht man damit Kaffee aus frisch in der Pfanne gerösteten Bohnen. Für mich ist es die tägliche Verbindung mit meinem Heimatland. Außerdem habe ich ein gutes Herz mitgebracht. Es gibt so viele Flüchtlinge, und mit einem guten Herz und Geduld kann man denen weiterhelfen und sich selbst. Das gute Herz ist für mich am wichtigsten.“

Wie lange sind Sie schon in Deutschland?
Rayhana: „Ich leben schon seit 17 Jahren in Deutschland.”

Wie sah Ihre Flucht aus?
Rayhana: „Ich bin mit meinem Mann mit dem Flugzeug geflohen. Damals war es noch leichter zu fliehen als heute. Es war aber trotzdem ein sehr langer und schwerer Weg mit Zwischenstopps, auch in Äthiopien.“

Wie hat Deutschland Sie aufgenommen?
Rayhana: „Die Leute waren sehr freundlich, hilfsbereit. Dass viele Menschen Englisch können, hat mir auch sehr geholfen.“ 

Wie haben Sie sich Deutschland vorgestellt?
Rayhana: „Ich wollte einfach nur in ein sicheres Land. Welches, war mir egal. Alles - außer Eritrea.“ 

Welche Ziele und Träume haben Sie?
Rayhana: „Ich mache gerade eine Ausbildung zur Heilerziehungspflegehelferin. Mein Traum ist es, die Ausbildung zu schaffen und mich selbstständig zu machen. Meine 14-jährige Tochter will Journalistin werden und ich hoffe, dass sie das schafft. Außerdem will ich die herzliche Aufnahme, die Deutschland mir gegeben hat, wieder zurückgeben, indem ich ehrenamtlich Flüchtlingen, die jetzt ankommen, helfe.“ 

Was ist anders als in Ihrem Heimatland, was ist ähnlich?
Rayhana: „In Deutschland ist alles ernster, die Leute sind direkter. Was ich sehr an Deutschland schätze, ist die Meinungsfreiheit und ist die Demokratie.“ 

Was war die größte Umstellung?
Rayhana: „Das Wetter ist anders, die Kultur und vor allem das Essen.“

Suliman Khan, 17 Jahre, aus Pakistan

Ein Stück Heimat im Koffer: Was hast Du mitgebracht?
Suliman: „Ich habe keinen Gegenstand aus meinem Heimatland Pakistan mitgenommen, einzig die Kleidung, welche ich bei der Flucht trug, ist mir geblieben. In Deutschland habe ich ein Handy bekommen, was mir jetzt sehr wichtig ist. Auf meinem Handy schreibe ich mit Freunden, die ich in Deutschland kennengelernt habe. Das hilft mir sehr, mich zu integrieren und die Sprache schneller zu lernen.“ 

Wie lange bist Du schon in Deutschland?
Suliman: „Ich bin seit sechs Monaten in Deutschland.“ 

Wie sah Deine Flucht aus?
Suliman: „Die Flucht aus meiner Heimat begann ich im Sommer 2014. Ich floh zu Fuß über den Iran, die Türkei, Serbien, Ungarn, Österreich bis schließlich nach Deutschland.“ 

Wie hat Deutschland Dich aufgenommen?
Suliman: „Die Menschen in Deutschland waren sehr nett und hilfsbereit. Am Bahnhof in München gab es manchmal Probleme mit den Dolmetschern, da sie einen nicht richtig verstanden hatten, aber in Bayreuth war wieder alles gut.“ 

Wie hast Du Dir Deutschland vorgestellt?
Suliman: „Ich hatte keine konkreten Vorstellungen von Deutschland. Als ich hier ankam, war ich von allem sehr überrascht und es war wie im Paradies.“ 

Welche Ziele und Träume hast Du?
Suliman: „Meine Ziele und Träume hängen von der Situation und den Möglichkeiten ab, aber natürlich möchte ich später gerne erfolgreich werden. Mein großer Traum ist es, bei Microsoft Ingenieur zu werden.“ 

Was ist anders als in Deinem Heimatland, was ist ähnlich?
Suliman: „Für mich war die Umstellung nicht sehr groß. Die Menschen sind sehr ähnlich wie in meiner Heimat. Natürlich ist die Kultur hier etwas anders, aber ich möchte mich gut einleben.“

Aminah Shaban, 12 Jahre, und Abeer Shaban, 11 Jahre, beide aus Syrien 

Ein Stück Heimat im Koffer: Was habt Ihr mitgebracht?
Aminah: „Ich habe einen Schlüsselanhänger mitgebracht. Mein Vater hat ihn gemacht, als er in der Türkei in einer Art Gefängnis saß. Er war illegal, man hat ihn nach Syrien zurückgeschickt.“
Abeer: „Ich habe ein Foto mitgebracht, auf dem ich in der Schule in der zweiten Klasse zu sehen bin. Mein Onkel ist dort Lehrer.“ 

Wie lange seid Ihr schon in Deutschland?
Aminah und Abeer: „Ein Jahr.“ 

Wie sah Eure Flucht aus?
Abeer: „Wir sind von Syrien mit dem Flugzeug nach Libyen geflohen. Von dort aus weiter mit dem Schiff nach Italien. Nach Deutschland sind wir mit dem Zug gekommen. Wir wollten nach Deutschland, weil unser Vater keine Arbeit hatte. Unser Bruder war sehr krank und musste am Kopf operiert werden. Das war auch ein Grund für die Flucht.”
Aminah: “Die Reise mit dem Schiff nach Italien war schrecklich. Jetzt habe ich Angst vor dem Meer.” 

Wie hat Deutschland Euch aufgenommen?
Aminah und Abeer: „In der Schule waren die anderen Schüler erst komisch zu uns. Weil sie wussten, dass wir in einer Asylklasse sind. A b e e r S h a b a n 1 1 J a h r e S y r i e n Sie haben uns auch angeschaut, weil wir anders aussehen. Aber mit der Zeit und als wir die Sprache gelernt hatten, sind wir Freunde geworden.“ 

Wie habt Ihr Euch Deutschland vorgestellt?
Aminah und Abeer: „Gar nicht. Wir wollten eigentlich in den arabischen Ländern bleiben.“ 

Welche Ziele und Träume habt Ihr?
Aminah: „Ich will Ärztin werden. Und mein Traum ist es, zu reiten, ein Pferd zu besitzen und in Deutschland bleiben zu dürfen.“
Abeer: „Ich will Frauenärztin werden, weil ich Babys mag.“ 

Was ist anders als in Eurem Heimatland, was ist ähnlich?
Aminah: „Das Essen schmeckt mir hier nicht so. Vor allem Kloß mit Soß’ finde ich eklig.“
Abeer: „Die Schule ist ganz anders. In Syrien hat sie mir nicht gefallen, weil wir dort geschlagen wurden. Deswegen bin ich auch weggerannt. Die Kleidung ist auch anders, aber ich finde sie gut. Ich mag das, was deutsche Mädchen tragen.“ 

Was war die größte Umstellung?
Aminah: „Die Flucht war natürlich eine große Umstellung, aber mir macht das nichts aus. Ich kann meine syrische Kleidung auch in Nürnberg kaufen. Dort gibt es Geschäfte dafür.“

Sabir Babazade, 13 Jahre, aus Aserbaidschan 

Ein Stück Heimat im Koffer: Was hast Du mitgebracht?
Sabir: „Ich habe eine Sporthose mitgebracht. Sie ist das Einzige, was mir aus meiner Zeit aus Aserbaidschan geblieben ist. Ich habe sie oft beim Spielen mit meinen Freunden getragen.“ 

Wie lange bist Du schon in Deutschland?
Sabir: „Seit fast zwei Jahren.“ 

Wie sah Deine Flucht aus?
Sabir: „Das weiß ich nicht mehr so genau. Es hat sehr lange gedauert und wir sind den ganzen Weg mit dem Auto gefahren.“ 

Wie hat Deutschland Dich aufgenommen?
Sabir: „Ich konnte nicht so gut Deutsch. Aber dann bin ich nach Weidenberg gekommen und habe dort schnell Freunde gefunden. 2014 bin ich in die Schule gekommen und habe Deutsch gelernt.“ 

Wie hast Du Dir Deutschland vorgestellt?
Sabir: „Ich habe mir nicht wirklich etwas vorgestellt.“ 

Welche Ziele und Träume hast Du?
Sabir: „Ich will einmal Bürgermeister werden. Wir waren mit der Übergangsklasse einmal im Rathaus und dort habe ich gesehen, was ein Bürgermeister alles macht. Falls das nicht klappt, will ich Fußballer werden. Gerade bin ich in einem Fußballverein in Seybothenreuth. Naja... oder vielleicht beides! Auf jeden Fall möchte ich in Deutschland bleiben, weil es mir hier besser gefällt. Wir machen halt in Deutschland unser Leben weiter.“ 

Was ist anders als in Deinem Heimatland, was ist ähnlich?
Sabir: „In Aserbaidschan gibt es gutes Essen und viele Feste. Abends sitzen wir dann am Lagerfeuer und machen Stockbrot. Ein Unterschied ist auch, dass man in Aserbaidschan weniger Geld für die gleiche Arbeit bekommt. Was auch komisch für mich war, ist, dass die Leute anders ausschauen.“ 

Was war die größte Umstellung?
Sabir: „Die Sprache ist ganz anders. Ich dachte, die Leute hier sprechen Englisch.“

Mohamed Mussa, 16 Jahre, aus Somalia 

Ein Stück Heimat im Koffer: Was hast Du mitgebracht?
Mohamed: „Gar nichts! Ich hatte nicht mal ein Handtuch.“ 

Wie lange bist Du schon in Deutschland?
Mohamed: „Seit eineinhalb Jahren.“ 

Wie sah Deine Flucht aus?
Mohamed: „Meine Flucht hat zwei Jahre lang gedauert. Ich bin viel zu Fuß gegangen, war aber auch mit dem Auto, dem Schiff und dem Zug unterwegs. Meine Route hat mich von Kenia nach Uganda und weiter in den Sudan geführt. Dann weiter nach Libyen. Das war schlimm. Dort war ich sechs Monate lang im Gefängnis, weil ich illegal war. Ich habe kaum zu essen oder zu trinken bekommen. Nachdem ich endlich frei gekommen bin, bin ich vier Tage lang mit einem Schiff nach Italien gefahren, von dort aus weiter nach Deutschland. Eigentlich war mein Ziel Dänemark oder Schweden.“ 

Wie hat Deutschland Dich aufgenommen?
Mohamed: „Die Menschen hier sind sehr freundlich.“ 

Wie hast Du Dir Deutschland vorgestellt?
Mohamed: „In Italien dachte ich, Deutschland ist scheiße, weil die Leute dort das behauptet hatten. Aber als ich hier war, war es toll.“ 

Welche Ziele und Träume hast Du?
Mohamed: „Meine Traum ist es, hier zu bleiben und zu arbeiten. Mein Ziel ist es, die Berufsschule abzuschließen und eine Ausbildung zu machen.“ 

Was ist anders als in Deinem Heimatland, was ist ähnlich?
Mohamed: „Meine Heimatstadt ist viel kleiner als Bayreuth und hier habe ich mehr Freunde. Das Lernen in der Schule ist allerdings gleich, genauso wie das Arbeiten. Nur hier gibt es mehr Regeln als in Somalia.“ 

Was war die größte Umstellung?
Mohamed: „Die Sprache, vor allem die Grammatik, war eine große Umstellung. Und die Kultur, wegen der Regeln.“

Alsyed Solaeman Lelas, 32 Jahre, aus Syrien 

Ein Stück Heimat im Koffer: Was haben Sie mitgebracht?
Alsyed: „Nichts. Ich hatte auf meiner Flucht nichts dabei. Ich und meine Kinder sind mit unseren bloßen Händen nach Deutschland gekommen.“ 

Wie lange sind Sie schon in Deutschland?
Alsyed: „Ein bisschen länger als ein Jahr. Zuerst war ich für einen Monat in der Erstaufnahmeeinrichtung in Zirndorf, danach sieben Monate in Warmensteinach. Dort habe ich dann auch mit dem Deutschkurs angefangen. Meine Tochter Jore geht hier in die erste Klasse. Ich hatte etwas Angst, als mich ihre Lehrerin nach dem Halbjahr zum Gespräch eingeladen hat. Ich dachte, dass Jore vielleicht die erste Klasse nicht schafft. Aber die Lehrerin hat erzählt, dass sie sehr gut ist, sehr schnell lesen kann. Das hat mich wirklich gefreut und stolz gemacht.“ 

Wie sah Ihre Flucht aus?
Alsyed: „Bevor ich geflohen bin, habe ich zweieinhalb Jahre lang in Ägypten als Psychologin gearbeitet. Von dort bin ich mit dem Boot nach Italien gekommen und mit dem Auto nach Deutschland. In Ägypten war es sehr gefährlich, besonders zu dieser Zeit, da es dort keine Regierung gab. Ich wollte Sicherheit für meine Töchter und auch für mich. Eigentlich wollte ich nach Schweden, aber in Italien habe ich mir viele Gedanken gemacht, wo ich hin soll. Ich weiß, dass es in Schweden vielleicht etwas einfacher für Flüchtlinge ist, aber viele Leute haben erzählt, dass es dort schwer ist zu arbeiten. Deshalb habe ich mir gesagt, ich fahre einfach weiter und schaue, was passiert. Und was passiert ist, war, dass wir in Deutschland angehalten und kontrolliert wurden. Jetzt bin ich wirklich sehr froh, dass ich in Deutschland bin. Auch wegen meiner Freunde hier.“ 

Wie hat Deutschland Sie aufgenommen?
Alsyed: „Ich kam hierher, ohne ein Wort Deutsch zu können. Ich konnte nur Englisch. Aber Leute von den Behörden dürfen nicht Englisch sprechen, deswegen war es am Anfang sehr schwer. In Warmensteinach habe ich aber eine nette Frau kennengelernt, die mir sehr viel geholfen hat. Man muss so viele Formulare ausfüllen, und das geht nicht ohne Hilfe. Ich habe viele Freunde gefunden, die alle sehr hilfsbereit sind. Ich treffe mich oft mit ihnen, um so mein Deutsch zu verbessern.“ 

Welche Ziele und Träume haben Sie?
Alsyed: „Ich möchte gerne als Psychologin weiterarbeiten und warte gerade auf die Anerkennung meines Abschlusses. Außerdem möchte ich, dass meine Tochter Jore in die Schule gehen und auf einer guten Uni studieren kann. In meinem Land können nicht viele Kinder in die Schule gehen. Und ich habe noch einen Wunsch: Es gibt viele Deutsche, die die aktuelle Situation der Flüchtlinge nicht kennen. Wir sollten ihnen die Sicht der Flüchtlinge auf die deutsche Gesellschaft näherbringen. Viele kennen aber auch die Gründe für die Flucht, und sie sind wirklich sehr, sehr freundlich zu Flüchtlingen. Aber es gibt auch die andere Seite... 

Was ist anders als in Ihrem Heimatland, was ist ähnlich?
Alsyed: „Ich glaube, dass die Kinder hier sehr fleißig sein müssen, aber dafür ist es gerechter. Wenn man fleißig ist, wird das auch belohnt. Wir haben in meinem Heimatland immer diese Ungerechtigkeit, und das war auch der Grund für den Krieg, wir wollten alle die gleichen Rechte.”

Hamza Ahmad Mohammad, 19 Jahre, aus Somalia

Ein Stück Heimat im Koffer: Was hast Du mitgebracht?
Hamza: „Ich habe nichts aus meinem Heimatland mitgenommen. Mein Vater hat mir jedoch eine Armbanduhr nach Deutschland geschickt, als ich schon angekommen war.” 

Wie lange bist Du schon in Deutschland?
Hamza: „Ich bin jetzt schon seit dreieinhalb Jahren in Deutschland.” 

Wie sah Deine Flucht aus?
Hamza: „Meine Flucht begann im September 2012. Ich bin von Somalia über Äthiopien, die Sahara, Libyen, Italien und Österreich nach Deutschland geflohen. Dies war mein eigener Weg, den ich für mich entdeckt habe.”

Wie hat Deutschland Dich aufgenommen?
Hamza: „Ich habe mich gut angenommen gefühlt. Außerdem wohnt mein Onkel hier in Deutschland.” 

Wie hast Du Dir Deutschland vorgestellt?
Hamza: „Ich hatte von Deutschland keine konkreten Vorstellungen. Wenn ich an Deutschland gedacht habe, habe ich immer besonders an meinen Onkel gedacht.” 

Welche Ziele und Träume hast Du?
Hamza: „Zuerst möchte ich meinen Abschluss schaffen, anschließend möchte ich am liebsten eine Ausbildung zum Sozialpfleger machen.” 

Was ist anders als in Deinem Heimatland, was ist ähnlich?
Hamza: „Hier ist es ganz anders als in Somalia. Als ich in der elften Klasse war, hatte meine Familie große Probleme aufgrund des Terrors dort. Daraufhin habe ich von dem einen auf den anderen Tag beschlossen zu fliehen. Hier in Deutschland ist es viel sicherer und friedlicher.” 

Was war die größte Umstellung?
Hamza: „Wie gesagt, es ist hier alles anders. Aber ich bemühe mich, täglich dazuzulernen.”

Die Macher der Ausstellung

Ein Stück Heimat im Koffer. So heißt auch die Ausstellung, die Teil der derzeit in Bayreuth laufenden Interkulturellen Wochen ist. Nach diesem Stück Heimat haben die Schüler des Gymnasiums Christian-Ernestinum ihre zwölf Gesprächspartner zuerst gefragt. Herausgekommen sind ehrliche und authentische Interviews, die die aktuelle Flüchtlingsdebatte aus der Theorie herausholt. Die Flüchtlinge sprechen darüber, warum sie ihr Heimatland verlassen haben, wie sie in Deutschland aufgenommen werden. Und auch vor welchen Problemen sie jetzt stehen.

Lesen Sie zum Thema auch die Länderproträts, die die Schüler des GCE recherchiert haben:

Hintergründe zum Thema Flucht

Drei Länder, aus denen Menschen fliehen

Projektträger der Schülermitverwaltung: Peter Obradovic, Benedikt Scherm, Alina Rösler und Lorenz Hieber.

Interviews, Recherche: Michael Altmann, Fabian Bauer, Charlotte Becker, Franziska Diehl, Anne Drentwett, Frederic Dufner, Luca Greiss, Leonie Henker, Sophie Heyse, Annika Hilgert, Nathalie Popowski, Franziska Pötzl, Linus Reisner, Naemi Six, Marius Schlosser, Eva Schubert, Anna Tanzer, Paul Ulrich, Kathrin Wirth und Kevin Young.

Koordination: Studienrätin Silke Maier, Studienrat Florian Achenbach und Studienrat Christopf Kerling (Grafische Umsetzung, Recherche).

Recherche zu den Herkunftsländern: Schüler des Geschichtskurses Q11 g2 unter Leitung von Oberstudienrat Ulrich Herrmann.

Interviewtraining und Redigieren: Frank Schmälzle, Nordbayerischer Kurier.

Fotos: Ronald Wittek und Andreas Harbach, Nordbayerischer Kurier.

Die Ausstellung ist bis Freitag, 30. Oktober, von 8 bis 15 Uhr im Gymnasium Christian Ernestinum zu sehen. Danach macht sie bei Tennet und bei Heimspielen der Medi-Basketballer in der Oberfrankenhalle Station.

 

 

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