Modellflugtage in Bayreuth: Staunen über Nurflügler, Hubschrauber und Doppeldecker Ein schwanzloser Männertraum

Von Susanne Will

Mit den Jahren werden die Spielzeuge von Männern nicht weniger. Sie werden nur teurer. Gut zu beobachten war das am Wochenende auf dem Bayreuther Flugplatz. Dort gingen Modelle im Wert von Kleinwagen in die Luft.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Turbinen röhren, Rotoren knattern, die Besucher halten sich die Ohren zu: So eine Modellflugschau ist eine laute Angelegenheit. Laut und rar. Was bei den ersten United RC-Flights in den Bayreuther Himmel abhob, hatte teilweise Seltenheitswert. Wie die F 35 von Christian Gschwenter.

Einzigartig auf der Welt

Aus Klagenfurt in Österreich ist er angereist, im Gepäck das drei Meter lange und nur 16 Kilogramm schwere Flugzeug. Rund 17 000 Euro hat er in das Spielzeug gesteckt, es ist ein Unikat. „Wirklich das einzige auf der Welt. Es gab noch zwei, aber die sind abgestürzt.“ Das Unglück widerfuhr Gschwenter nicht, als er die F 35 haarscharf über die Landebahn flog. Gschwenter ist Profi.

Nervosität kurz vorm Start

Wie auch Eric Weber. Der ist erst 26 Jahre alt und schon Weltmeister im Hubschraubermodellflug in der Klasse F3. Der junge Schreiner kommt aus Veitsbronn bei Nürnberg und hat die Leidenschaft für die leichten Flieger von seinem Vater mitbekommen. Mit zwölf hat er angefangen, jetzt steht er an der Spitze. Jedoch: „Reich wird man dabei nicht, Sponsoren sind sehr rar.“ Neben ihm steht Freundin Sabrina, die das Los vieler Fliegerfrauen teilt: Am Wochenende sitzen sie in bequemen Campingstühlen, lesen viel und legen ab und an mal Hand an, wenn die Hubschrauber, Doppeldecker oder Kampfjets auf die Piste geschoben werden müssen. Der Rest ist Männersache.

„Aber zu Wettkämpfen darf ich nicht mit“, sagt Sabrina. Eric Weber erzählt, dass das an seiner Nervosität liegt. „Sie macht mich noch nervöser.“ Ein kleines Zittern mit den Finger – und schon ist die Pirouette nicht mehr sauber. Ein kurzer Moment der Unaufmerksamkeit – und der Höhenversatz ist zu groß.

Für viele ein Traum: der Nurflügler

Erik van den Hoogen gehört zu denen, die es geschafft haben. Auf seinem T-Shirt prangt das Logo seines Sponsors. Der sitzt in Japan, stellt Fernsteuerungen her und unterstützt den Holländer, so dass er sich auch die Reise von Maastricht nach Bayreuth leisten kann. Sein Fluggerät gehört zu den Sensationen. Es ist ein „Nurflügler“, sprich: Der Männertraum ist schwanzlos, der gesamte Corpus sorgt für Auftrieb.

Es existierten nur Skizzen

Was van den Hoogen steuert, wurde nie gebaut. Das Projektflugzeug wurde 1944/45 entwickelt, es hätte Amerikaner und Engländer bombardieren sollen. Der Schnelljäger hätte 1000 Stundenkilometer fliegen sollen, in 13 Kilometern Höhe. Hätte. Das Ende des Zweiten Weltkrieges stoppte die Pläne. Doch die Skizzen gab es und nach denen baute van den Hoogen die Gohta P60A im Maßstab 1:4. „Die Deutschen“, sagt Erik van den Hoogen, „waren den Amis technisch so weit voraus – wenn der Weltkrieg nicht zu Ende gegangen wäre, würden wir in Holland jetzt deutsch sprechen“. 35 Kilogramm wiegt das Trumm, in Holland dürfte es gar nicht starten, dort sind nur Modelle bis 25 Kilogramm erlaubt.

Zum Fliegen gehört das Warten

Robert Fuchs lümmelt derweil noch in seinem Campingstuhl, auch Warten gehört zum Fliegen. Mit seinem Sohn und anderen Fliegerkumpel ist der Mann aus Berg bei Neumarkt 20 Wochenenden im Jahr unterwegs, „die anderen Wochenenden bin ich im Keller“. Vor dem Fliegen kommt das Basteln. Momentan entwickelt und baut Fuchs Jets. Von denen kostet einer 50 000 Euro. Fuchs hat einen ganz normalen Job, er ist Abteilungsleiter. Und so gut in seinem Hobby, dass er Red Bull als Sponsor gewinnen konnte. „Wir werden dort als ,Athleten‘ geführt und erhalten ein Jahresbudget. Und was Entwicklung, Design, Entwurf und Lackierung angeht, steht uns Red Bull zur Seite.“ Sagt er und nimmt einen tiefen Schluck aus der Red Bull-Dose, „die kriegen wir umsonst“.

Pirouetten zum Walkürenritt

Dann geht Erik van den Hoogens schwanzloses Flugzeug in die Luft. Die Turbinen klingen echt, die Wärme, die ausgestoßen wird, ist echt – und dann dröhnt aus dem Lautsprecher Wagners Walkürenritt. Martialisch klingt das und so soll es sein. Van der Hoogen grinst: „Das mögen die Leute.“ Stimmt. Er bekommt viel Applaus und das Publikum hält den Atem an, als die Maschine Kreise zieht, auf dem Rücken fliegt, Pirouetten dreht.

Abgeklebtes Hakenkreuz

Um die 200 Starter haben sich für das Wochenende in Bayreuth angemeldet. Unter den Oldtimern ist auch ein Doppeldecker aus dem Zweiten Weltkrieg. Das obligatorische Hakenkreuz auf der Außenhaut ist so verklebt, dass es erst auf den zweiten Blick zu erkennen ist. Nur in Deutschland darf es nicht gezeigt werden, in allen anderen Ländern gilt es als Symbol seiner Zeit und damit als Originalzustand. Der Pilot lässt den Doppeldecker abheben: Der Fliegeranzug der Puppe im Cockpit weht im Wind, das Flugzeug dreht Loopings, Rauch zieht Kreise in den Himmel, ganz wie in den 30er Jahren, als kühne Männer in ihren fliegenden Kisten das Publikum zum Staunen brachten. Daran hat sich nichts geändert. Nur die Sache mit „Flieger, grüß mir die Sonne“, die ging ein wenig daneben: Ab Sonntagmittag verdunkelte sich der Himmel, Regenwolken zogen auf. Und Regen ist des Fliegers Feind.

Bilder