Dürer und die Prostituierten
In einer anderen Briefstelle berichtet Dürer von bangen Tagen nach dem Sex. Er fürchte sich "vor den Franczosen", schreibt er an Spezl Willibald Pirckheimer. Was Dürer damit meinte, war die "französische Krankheit", die Syphilis, mit der er sich bei einer seiner zahlreichen Besuche bei Kurtisanen angesteckt zu haben meinte. Eine der Frauen, mit der Dürer verkehrt hatte, meint Reiser in der gutaussehenden Maria identifiziert zu haben: das blonde Haar von keinem Tuch verdeckt, mit einem Dekolleté versehen, in dessen Muster sich die Buchstaben A und D verbergen, dazwischen das Bild einer Tür. Das alles kann man tatsächlich erkennen. So ungefähr, jedenfalls; man kann es aber auch für Kringel halten.
Kampf mit den Experten
Dann präsentiert Seiler seine weiteren Entdeckungen aus dem Depot. Und wirkt schon wie schon zuvor so eifrig wie ein Missionar. "Das ist ein Altdorfer", sagt er so feurig wie brüsk. "Da muss man nicht rumreden oder untersuchen." Seiler hat an diesem Vormittag öfter schon davon gesprochen, wie die bornierte Regensburger Kulturpolitik und ebenso bornierte Experten aus Nürnberg ihm Knüppel zwischen die Beine geworfen hätten. Untersuchungen habe er auch deswegen nicht in Auftrag gegeben, weil er "hier nicht der Chef" sei. Und weil er überhaupt nicht mit Experten reden wolle - wegen des Neides und der Missgunst in dieser Szene.
Im Regensburger Kulturreferenten Klemens Unger hat er seinen Lieblingsfeind gefunden. Der ist zwar nicht zu dem Termin erschienen, ist aber zuvor per Telefon zu erreichen gewesen. Und hat dem Kurier gegenüber zu verstehen gegeben, dass er genervt sei - unter anderem, weil die Bilder ohne vorangegangene wissenschaftiche Untersuchungen als Meistergemälde präsentiert werden.
Dürer? Wirklich Dürer?
Die Altarbilder, die Seiler unter dem Etikett "Altdorfer" präsentiert, sind von hoher Qualität, seine Argumente einleuchtend. Statt nur einfach der "Donauschule" oder dem "Umfeld Altdorfer" zugerechnet zu werden, könnten sie tatsächlich vom Meister der "Alexanderschlacht" stammen. Doch Dürer als Mohr, mit einer heiligen Kurtisane als Gegenüber? Seiler ruft erneut den Maler selbst in den Zeugenstand. Dürer habe von einem Bild mit einer hübschen Maria geschrieben, "desgleichen ich noch nie gemacht hab".
Was nun, wenn er's überhaupt nie gemacht hat, der Dürer das Bild im Historischen Museum? Wäre dann das Haus nicht blamiert? Chef Peter Germann-Bauer sieht sein Museum nur am Anfang eines Prozesses: "Wir betrachten die Dürer-Urheberschaft vorerst auch nur als These."
Info: Die Ausstellung mit Renaissancebildern womöglich von Dürer und Altdorfer und einer Kreuzigung von Wolf Huber ist die nächsten vier Wochen im Historischen Museum am Dachauplatz in Regensburg zu sehen. Eine garantiert echte Dürer-Kopie ist derzeit in der Küffner-Ausstellung im Fränkische Schweiz-Museum in Tüchersfeld zu besichtigen.