Am Anfang war ein Einbruch in eine Bäckerei: Wie die Polizei dem geplanten Casino-Raub auf die Spur kam Ein Colt im Unterwäsche-Fach

Von Manfred Scherer
Mit einem SEK-Einsatz in der Eisbar in der Bahnhofstraße vereitelte die Polizei am 28. Juni 2016 den geplanten Raubüberfall Foto: Marie-Christine Fischer Foto: red

Es war ein hartes Stück Arbeit für die Polizei, den am 28. Juni 2016 geplanten Casino-Raub in Himmelkron zu vereiteln. Sechs Monate war die Kripo in Hannover einer Gangsterbande auf den Fersen. Die Ermittlungsergebnisse scheinen schlimme Vorurteile über ausländische Banden hierzulande zu bestätigen. Man nutzt den Asylbewerberstatus, die Freizügigkeit offener Grenzen, benutzt deutsche Frauen. Im vorliegenden Fall wurden ihre Handys den Gangstern zum Verhängnis.

 
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Am 10. Januar 2016 brachen Unbekannte in die Großbäckerei „Brötchenexpress“ in Niedersachsen ein. Die Polizei bekam einen Treffer bei der Funkzellenauswertung. Handynummern wurden festgestellt, die danach in regelmäßigen Abständen immer wieder mal geortet wurden: Bei Einbrüchen in Gewerbeobjekte, etwa im Bereich Kronach oder im Zusammenhang mit einem Geldautomatenaufbruch in Baden-Württemberg. Die Polizei in Garbsen gab ihre Erkenntnisse an die Kripo in Hannover ab – an die Spezialisten des Bandenkommissariats. Die bekamen von einem Ermittlungsrichter die Erlaubnis bestimmte Handys abzuhören. Insgesamt gibt es mittlerweile fünf Leitz-Ordner mit Protokollen abgehörter Gespräche.

Hinweise auf "etwas Großes"

Ein Hauptkommissar aus Hannover berichtete als Zeuge im Bayreuther Landgericht, wie man der Bande immer näher kam. Wie man feststellte, wie viele Leute in der Gruppe mitmachten. Wie sich die Hinweise verdichteten, dass die Gruppierung mehrerer Kosovo-Albaner „etwas Großes“ vorhatte.

Deutsche Frauen finanzieren Gangster

Der Zeuge berichtete, dass in Niedersachsen lebende mutmaßliche Bandenmitglieder deutsche Freundinnen haben, die zum Teil „verliebt“ waren in die albanischen Männer – und sie finanzierten. Dass die Frauen eingeweiht gewesen sein dürften: In Telefonaten fordert eine beispielsweise ihren Freund auf: „Bring Geld mit heut’ Abend.“

Eine Pension in Bad Berneck als Unterschlupf

Die Bandenexperten der Hannoverschen Kripo stellten Vorbereitungshandlungen für eine Straftat in Süddeutschland fest: Autos wurden über einen ebenfalls verdächtigen Ausländer in Berlin angemietet, so dass die wahre Identität der Fahrer verschleiert wurde. Die mutmaßlichen Gangster organisierten Operationsbasen: Eine Wohnung in Fürth, eine Pension in Bad Berneck. Mögliche Mittäter reisten an – zwei 32 Jahre alte Männer kamen aus Brüssel nach Deutschland, ebenfalls in einem unter falschen Identitäten gebuchten Mietauto.

Einsatzkommandos durch Observation von "Gefährdern" gebunden

„Wir gingen ganz lange davon aus, dass wieder ein Einbruch geplant war“, erklärte der Kriminaler aus Hannover als Zeuge. Doch dann hörten sie ein Telefonat mit, in dem einer der Albaner einem Komplizen die Handhabung einer Elektroschockers erklärt. Die Sache wurde „heiß“. Der Zeuge erklärte: „Einige Zeit war eine Observation nicht möglich, weil die Beamten der mobilen Einsatzkommandos gebunden waren mit Überwachung islamistischer Gefährder.“

Eine Handy-Nachfrage nach dem Casino-Zahltag

Weitere Erkenntnisse machten den Fall dann „brandheiß“: Ins Spiel kam die Person eines bis dahin bei den Ermittlungen noch nicht bekannten Albaners aus Bayreuth: Alber D. Der hatte eine Freundin, an der die Gangster auffälliges Interesse hatten. „Mit dem Mädel muss man mal dringend reden“, hörten die Kriminaler mit. Der Grund: die Freundin von Alber D. hatte mal in einem Spielcasino in Himmelkron gearbeitet und brachte der Bande Erkenntnisse über Tag und Stunde des Zahltages in der Spielhalle. Auch die Frau wurde überwacht und als von ihrem Handy eine Nachricht an eine noch in dem Casino beschäftige Bekannte abgefangen wurde, in der nach dem Kassierzeitpunkten nachgefragt wird, verdichtete sich: Die Gangsterbande wollte nicht nur mehr einbrechen, sondern mit einem Raubüberfall einen größeren Coup landen. Da war zum Glück bereits ein mobiles Einsatzkommando der bayerischen Polizei an den verschiedenen Verdächtigen dran. Bei der Observierung am 28. Juni stellte man fest, dass alle Beteiligten sich in der Eisbar in der Bahnhofstraße trafen. Als alle beisammen saßen, griff die Spezialeinheit zu.

"Großer Respekt" - eine Umschreibung für Angst?

Ulrike F., das „Mädel“ mit der Info zum Zahltag, offenbarte kurz nach der Festnahme ein wichtiges Detail: Die Gangster hatten in ihrer Wohnung etwas versteckt. Im Wäscheschrank fand die Polizei eine scharfe Waffe. Die Pistole der Marke Colt war mit einem vollen Magazin bestückt – eines der wesentlichen Beweisstücke, dass ein bewaffneter Raubüberfall geplant sein dürfte. Alber D. hat davon gesprochen, dass man „großen Respekt“ vor den Gangstern hatte. Und deshalb wird sich ein Großteil des Prozesses auch um die Frage drehen, in wie weit Alber D. und Ulrike F. sich aus Angst gezwungen sahen, beim dem Casino- Coup mitzuspielen.

Der Prozess wird fortgesetzt.

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