Apokalypse-Kult auf der Gartenschau?

Von Christophe Braun
Links: der Glotzaugengerch. Rechts: Cthulhu in einer Zeichnung von H.P. Lovecraft. Montage: cb Foto: red

Alle finden den Glotzaugengerch, das Maskottchen der Landesgartenschau, total niedlich. Alle - bis auf uns. Wir erkennen in dem schleimigen Tentakelfreak nämlich das abgrundtief böse Wesen, das er wirklich ist.

 
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Bitte lesen Sie folgenden Satz:

"... ein Wesen von grob menschenähnlichem Aussehen, aber mit einem oktopus-artigen Kopf und einem Gesicht, das eine Ansammlung von Fühlern war, mit einem schuppigen, gallertartigen Körper ..."

Und nun schauen Sie sich dieses Bild an:

Die Beschreibung trifft den kleinen Kerl ganz gut, oder?

Und genau das ist das Problem. Der eingangs zitierte Satz beschreibt nämlich (offiziell) nicht den Glotzaugengerch, das Maskottchen der Bayreuther Landesgartenschau, sondern ein gottgleiches, äonenaltes und abgrundtief böses Wesen namens Cthulhu, zentrale Figur des populären Cthulhu-Mythos des Horrorschriftstellers Howard Philipps Lovecraft.

In einer Skizze des Autors sieht Cthulhu (gesprochen "Ke-Tulu") so aus:

(Cthulhu ist übrigens so etwas wie ein Star der modernen Horrorliteratur und ein beliebtes Motiv für Illustratoren. Das Netz ist voller Cthulhu-Bilder - zum Beispiel hier, hier und hier.)

Die frappierende Ähnlichkeit zwischen Gerch und Cthulhu wirft einige Fragen auf. Zum Beispiel: Ist die Landesgartenschau in Wahrheit ein geheimes Projekt zur Beschwörung eines zerstörerischen Ungeheuers?

Der Gerch: Bloß ein "charmanter Sunnyboy"?

Auf der Website des Merchandising-Herstellers sigikid wird der Gerch als "charmanter Sunnyboy der Fossy Boys" beschrieben. Die "Fossy Boys" sind eine Gruppe von Kuschelfossilien um den Gerch (offiziell ein "Kreiselkrebs"), die sich einige Jahrtausende nach Tod, teilweiser Verwesung und vollständiger Versteinerung beruflich neu orientiert haben: Seit Beginn der Landesgartenschau in Bayreuth sind sie offiziell süß und liebenswert, verzücken die Gartenschaubesucher und haben der offiziellen Beschreibung zufolge "echtes Kultpotenzial".

Cthulhu: Nach Äonen befreit?

Mit Cthulhu verhält es sich etwas anders. Cthulhu ist einer der „Großen Alten“, ein urböses Wesen, das in der versunkenen Stadt R’lyeh im Pazifik gefangen ist. Den Prophezeiungen zufolge wird er sich eines Tages aus seinem Gefängnis befreien und das Ende allen Lebens auf der Erde bringen. Im Gegensatz zum Glotzaugengerch hat Cthulhu nicht nur Kultpotenzial: Den verschiedenen Geschichten aus Lovecrafts Cthulhu-Mythos zufolge gab und gibt es längst zahlreiche Kulte, die das dämonenhafte Wesen verehren.

Gerch und Cthulhu: Ähnlich - oder identisch?

Diese Frage kann gegenwärtig nicht geklärt werden. Fest steht, dass Grund zur Besorgnis besteht. Lovecrafts Cthulhu-Geschichten enden übrigens typischerweise damit, dass die Protagonisten dem Wahnsinn anheimfallen.

Behaupten Sie später nicht, wir hätten Sie nicht gewarnt.

Zur Einarbeitung in den Cthulhu-Mythos empfehlen wir:

- H.P. Lovecraft: Gesammelte Werke. Edition Phantasia
- Das Pen-and-Paper-Spiel "Call of Cthulhu"
- Das Brettspiel "Arkham Horror"
- Das Kartenspiel "Munchkin"
- Das Videospiel "Call of Cthulhu: Dark Corners of the Earth"

Die Landesgartenschau (wenn Sie sich trauen!) ist bis 22. Oktober täglich von 9 bis 19 Uhr geöffnet.

 

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