EHC-Zoff: Rumrich kontra Wendel

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Elf Monate war die Geschäftsstelle des EHC Bayreuth Michael Rumrichs Arbeitsplatz, doch richtig tätig konnte er nach eigener Aussage nicht in seinem im Vertrag verankerten Arbeitsfeld werden. Foto: Ronald Wittek Foto: red

Er war ein Hoffnungsträger. Mit ihm sollte der Verein professioneller aufgestellt sein, interne Strukturen verbessert werden – doch nun endete die Zusammenarbeit des EHC Bayreuth mit Geschäftsstellenleiter Michael Rumrich bereits nach elf Monaten. Der ehemalige Nationalspieler, der zuvor als sportlicher Leiter und Manager den insolventen ESC Moskitos Essen mit saniert hatte, sieht die Tigers noch weit entfernt von einer Professionalisierung. Zudem habe er nie die Chance bekommen, ernsthaft im Verein tätig zu werden.

 
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Sie kamen mit viel Tatendrang zum EHC, waren begeistert vom Eishockey in Bayreuth, wollten nach eigener Aussage hier einiges bewegen. Warum war Ihr Engagement nun trotzdem so kurz?
Michael Rumrich: Ich hätte mir gewünscht, dass es länger dauert. Die Zusammenarbeit war auch langfristig ausgelegt. Aber es hat sich schnell abgezeichnet, dass es mit manchen Personen nicht funktioniert.

Wer ist „manche Personen“?
Rumrich: Der aktuelle Vorsitzende und seine Frau. Dabei waren die ersten Gespräche sehr positiv. Mein erstes Vorstellungsgespräch war im Mai 2015 mit Matthias Wendel, der sich damals als Sponsor vorstellte, und dem stellvertretenden Vorsitzenden Tim Hartmann. Ich habe meine Vita erzählt, und Herr Wendel war begeistert. Er hat gesagt: Genau so einen Mann brauchen wir. Einen, der im Verein alles von links auf rechts dreht. Einen, der alle Unterlagen durchforstet und schaut, wo man Geld einsparen kann. Nach einem weiteren Treffen kam es relativ schnell zum Vertragsabschluss. Mein Aufgabengebiet sollte der kaufmännische Bereich, Koordination des Spielbetriebes, Sponsorenakquise- und -betreuung sowie die Leitung der Geschäftsstelle sein.

Richtig in Erscheinung sind Sie in diesen Feldern aber in der Öffentlichkeit nur selten getreten.
Rumrich: Wie denn auch? Es fing schon an meinem ersten Arbeitstag an. Ich kam in die Geschäftsstelle und alles, was ich vorgefunden habe, war ein Laptop, ein Block und Stifte. Unterlagen gab es keine. Als ich nach Vereinsunterlagen gefragt habe, bekam ich von Matthias Wendel die Antwort: Da brauchst du keine Einsicht, das machen alles wir.

Sie haben also nie Vereinsunterlagen zu Gesicht bekommen?
Rumrich: Nie! Nur in meiner ersten Woche einige Sponsorenverträge. Da sollte ich eine Liste erstellen. Ich durfte auch nicht an Vorstandssitzungen teilnehmen. Die einzigen Zahlen, die ich kannte, sind die auf Sponsorentreffen verkündeten.

Was haben Sie dann eigentlich in den elf Monaten gemacht?
Rumrich: Ich habe mich um den sehr geringen Publikumsverkehr gekümmert und am Anfang das bereits vorhandene Bandensponsoring abgewickelt. Zudem habe ich immer wieder Ideen eingebracht. Ich habe zum Beispiel Mikrosponsoring vorgeschlagen, durch das ich in Essen in kurzer Zeit 15.000 Euro generieren konnte. Ich habe eine Weihnachtsaktion für Sponsoren vorgeschlagen. Ich habe auch Playoff-Trikots vorgeschlagen. Ich wollte Kontakt zu Sponsoren aufnehmen. Aber egal, ob meine Ideen Geld gekostet hätten oder nicht, fast alle wurden von Familie Wendel abgeschmettert. Kontakt zu Sponsoren nehmen beim EHC Bayreuth nur die Wendels auf. Ich hatte kaum die Chance, in meinem Arbeitsfeld beim Verein aktiv zu werden.

Dafür mussten Sie zuletzt bei den Playoff-Spielen die Schranke zum Parkplatz bedienen.
Rumrich: Es war schnell absehbar, dass ich nur als Handlanger angesehen wurde. Aber das mit der Schranke war für mich der Höhepunkt der Degradierung. Es war dem geschuldet, dass die Wendels im Lauf der Zeit immer mehr ehrenamtliche Helfer vergrault haben. So lange, bis kaum mehr jemand da war.

In einem Interview zum Amtsantritt haben Sie aber noch geschwärmt, dass es beim EHC ein eingespieltes Team gebe, das gemeinsam an einem Strang zieht.
Rumrich: Das war auch so. Ein so gut funktionierendes Ehrenamt, wie ich es beim EHC im Juli 2015 vorgefunden hatte, kannte ich bisher aus keinem Verein. Es gab viele motivierte Helfer, die sich intensiv eingebracht haben. Das ist für einen Verein wie ein Sechser im Lotto. Mittlerweile gibt es aber nur noch zwei Personen, die an diesem Strang ziehen. Und diese beiden lassen niemand anderes an den Strang heran. Sie vertrauen niemandem. Menschen mit anderer Meinung wurden entsorgt oder haben hingeschmissen, weil sie die extrem bestimmende Art der Wendels nicht weiter ausgehalten haben. Auch wer Dinge hinterfragt, bekommt früher oder später ein Problem. Finanziell, glaube ich, wird der EHC weiter gut dastehen. Notfalls gibt es neues Eigenkapital der Wendels. Aber in allen anderen Punkten sehe ich sehr schwere Zeiten auf den Verein zukommen. Ich bin der festen Überzeugung, dass ein Verein nur von einem Team geführt werden kann, in dem jeder seine Aufgaben erfüllt. Will man alle Aufgaben nur auf vier Schultern verteilen, geht das auf Dauer nicht gut.

Hatten Sie je Streit mit den Wendels und können Sie sich selbst Fehler vorwerfen?
Rumrich: Ja, es kam zum Streit. Vor allem der Umgangston von Frau Wendel war oft sehr fragwürdig. Ich bin mehrmals auf eine unmögliche Art angegangen worden. Da ist mir auch einmal der Kragen geplatzt. Mein Hauptfehler war es wohl, dass ich nicht mehr auf meine im Vertrag festgelegten Arbeitsgebiete gepocht habe. Aber dann, glaube ich, wäre der Vertrag wohl wesentlich früher gekündigt worden.

Wenn man sich nicht beruflich verwirklichen kann und massive Probleme mit dem Vorgesetzten hat, kommt da nie der Gedanke auf, dass man selbst einen Schlussstrich zieht und kündigt?
Rumrich: Da muss man auch persönliche Dinge abwägen. Der Umzug von Essen nach Bayreuth mit der ganzen Familie hat uns viel Geld gekostet. Man ist in dieser Situation auf das Gehalt angewiesen. Außerdem hatte Matthias Wendel ja lange Zeit erklärt, er zieht sich nach der Saison zurück. Also sah ich einen Silberstreif am Horizont. Doch dann haben die Wendels ihr Engagement verlängert, und es war zu erwarten, dass ich bald die Kündigung bekomme. Eine Begründung dafür blieb aber bis heute aus. Es hieß nur: Es hat eben einfach nicht gepasst.

Hat Sie die Zeit beim EHC auch Renommee in der Eishockey-Branche gekostet?
Rumrich: Es waren mit Sicherheit elf verlorene Monate. Beruflich wie finanziell. Und für mein Renommee war diese Zeit eine Katastrophe. Wenn mich ein möglicher neuer Arbeitgeber auf meine Zeit beim EHC anspricht, ist die große Frage: Glaubt er mir oder nicht? Eigentlich ist es ja nicht zu glauben, was ich hier erlebt habe. Aber meinen Ruf lasse ich mir nicht kaputt machen, um ihn werde ich kämpfen.

Wie geht es für Sie jetzt beruflich weiter?
Rumrich: Ich bin jetzt erst einmal arbeitslos, würde aber gerne weiter im Eishockey aktiv bleiben. Da bin ich seit 40 Jahren zu Hause. Mitte des Jahres ist es aber schwer, einen neuen Job als sportlicher Leiter oder als Manager eines Vereins zu finden. Die meisten Stellen sind besetzt. Wahrscheinlich muss ich auch nach Alternativen außerhalb des Eishockeys Ausschau halten. Ich werde mit meiner Familie zunächst in Bayreuth bleiben. Wir haben hier Freunde gefunden, die uns in der schwierigen Zeit immer unterstützt haben. Irgendwie ist es schade, dass es beim EHC überhaupt nicht funktioniert hat. Aber das Leben ist eben kein Ponyhof.

Keine Stellungnahme des EHC-Vorsitzenden

Der Kurier informierte EHC-Vorsitzenden Matthias Wendel vor der Veröffentlichung des Rumrich-Interviews über den Inhalt. Matthias Wendel wurde angeboten, öffentlich zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen. Er lehnte dies mit dem Satz ab: „Wir werden keinen Kommentar abgeben.“

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