Julian Bädermann erklärt, warum man als Eishockey-Torwart gar nicht so verrückt sein muss EHC-Torwart Bädermann über Angst

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Der Blick durch das Gitter: Torwart Julian Bädermann vom EHC Bayreuth. Foto: Tobias 
Köpplinger Foto: red

Eine Hartgummischeibe fliegt auf ihn zu – mit bis zu 160 Stundenkilometern. Doch sein erster Reflex ist nicht ausweichen, im Gegenteil: Er will den Puck mit einem Ausrüstungsteil oder dem Körper berühren. Julian Bädermann vom EHC Bayreuth gehört zu einer besonderen Spezies Sportler: Eishockeytorhüter. Und die müssen mit Vorurteilen leben.

 
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Es heißt, Eishockey-Torhüter haben einen Schlag, müssen etwas bekloppt sein – können Sie das bestätigen?
Julian Bädermann: Eigentlich nicht. Ich mache den Job schon mein ganzes Leben, für mich ist es das Normalste auf der Welt. Ich wollte sportlich nie etwas anderes machen. Aber ich kann es schon verstehen, dass nicht viele anstreben, Eishockey-Torwart zu werden.

Wann haben Sie sich für diese Position entschieden? Ist es wie bei vielen Amateur-Fußballteams: Wer zu schlecht ist fürs Feld, muss ins Tor?
Bädermann: Nein überhaupt nicht, ich habe mich bewusst für die Torhüterposition entschieden. Ich habe im Alter von fünf Jahren hier in Bayreuth das erste Mal auf dem Eis gestanden. Nach zwei Wochen Laufschule gab es das erste Trainingsspiel. Ich habe mich wie selbstverständlich vor das eigene Tor gestellt. Wieder zwei Wochen später hatte ich meine erste Torhüterausrüstung. Für viele Nachwuchsspieler ist es ja das Größte, einen Treffer zu erzielen, aber ich wollte schon immer nur das eigene Tor beschützen.

So sehen die Eishockey-Spieler die Partie:

Es ist aber schon etwas verrückt: Ich hätte keine Lust mich regelmäßig mit einer 170 Gramm schweren Plastikscheibe beschießen zu lassen. Die Verletzungsangst wäre zu groß.
Bädermann: Angst darf man als Torwart nie haben, sonst fehlt genau die Zehntelsekunde, die man zum Reagieren braucht. Und dann schlägt die Scheibe hinter Dir ein. Vor Verletzungen muss man keine Angst haben, die Ausrüstung ist heutzutage richtig top. Es gibt nur noch ein paar Stellen, wo es wehtut, wenn der Puck einschlägt.

Welche Stellen sind das?
Bädermann: In erster Linie der Halsbereich, wo die Maske nicht schützt. Und dann gibt es noch eine Stelle, bei der Männer generell etwas empfindlich sind.

Sie sind jetzt 28 Jahre, mit wie vielen Verletzungen mussten Sie sich schon herumschlagen?
Bädermann: Die schlimmste hatte ich vergangene Saison, als ich mich am Hüftgelenk operieren lassen musste. Die Verletzung war eine für einen Eishockey-Torwart typische Verschleißerscheinung. Die vielen seitlichen Bewegungen sind nicht gerade natürlich und gehen auf Dauer auf die Hüfte. Aber ansonsten hatte ich nur Prellungen und blaue Flecken. Ein oder zwei Mal in der Woche passiert es im Training oder Spiel schon, dass man kurz zusammenzuckt, weil der Einschlag des Pucks Schmerzen verursacht. Aber das ist beim Eishockey normal.

Und im Gesicht: Noch nie die Nase gebrochen und noch alle Zähne im Mund?
Bädermann: Da ist alles top bei mir, diese Verletzungen sind eher für Feldspieler typisch. Die leben in dieser Hinsicht wesentlich gefährlicher. Ich habe ja einen Helm mit Gitter und trage eine Ausrüstung, die wie ein Panzer schützt.

Welche Teile der etwa 20 Kilogramm schweren Torhüter-Ausrüstung sind für Sie die wichtigsten?
Bädermann: Auf jeden Fall die Maske, die gibt viel Sicherheit, weil dem Kopf nichts passieren kann. Dann würde ich noch die Schlittschuhe nennen, sie sind das Ausrüstungsteil, das fast durchgehend Kontakt mit dem Eis hat. Und dann noch die Fanghand, denn damit arbeitet ein Torwart am meisten.

Wie abhängig ist man als Eishockey-Torwart von den eigenen Verteidigern?
Bädermann: Sehr abhängig. Ich muss mich auf sie verlassen, ihnen voll vertrauen können. Wenn man zum Beispiel weiß, dass sie einen Abpraller klären, dann kann man sich mehr auf seine eigene Leistung konzentrieren. Zudem wird man als Torhüter immer von den Teamkollegen geschützt. Geht mich ein Gegner unfair an, ist immer einer meiner Mitspieler zur Stelle.

Die Mitspieler wissen eben auch, dass eine gute Torhüterleistung mehr als die halbe Miete für einen Sieg sein kann. Ein Keeper kann aber auch 59:59 Minuten der Held sein und durch einen Fehlgriff dann doch der „Depp“. Wie gehen Sie damit um?
Bädermann: Es lastet schon viel Druck auf einem Torhüter. Man muss 60 Minuten die Konzentration hoch halten. Aber das lernt man. Wenn ich einen Fehler gemacht habe, versuche ich aufzuarbeiten, warum er passiert ist. Aber ich habe deshalb keine schlaflosen Nächte, irgendwann muss man den Fehler auch abhaken und sich auf die nächste Partie konzentrieren.

Mit wie vielen Einsätzen rechnen Sie in der kommenden Saison? Schließlich hat der EHC vier Keeper im Kader. Zwei davon sind Förderlizenzspieler, die wohl spielen werden, wenn sie in Bayreuth sind.
Bädermann: Ich will jedes Spiel auf dem Eis stehen, aber die Konkurrenzsituation ist sicher größer geworden. Doch das muss ich akzeptieren und lernen, damit umzugehen. Außerdem treffe ich nicht die Entscheidung, wer im Tor steht. Ich gebe im Training alles und will dem Trainer mit meiner Leistung zeigen, dass an mir kein Weg vorbeiführt und er mich aufstellen muss.

Was wollen Sie mit dem EHC Bayreuth in dieser Oberliga-Saison erreichen?
Bädermann: Wir wollen uns so früh wie möglich, das Heimrecht in der ersten Playoff-Runde sichern – aber das wird schwer genug. Gelingt uns das, können wir vielleicht auch auf den zweiten Platz nach Ende der Hauptrunde schielen.

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