Druck auf kritische Bürger?

Von Peter Engelbrecht
Anwohner informierten am 20. April 2017 bei einem Pressegespräch über die umstrittene Erweiterung des Kulmbacher Neubaugebiets Forstlahm-Nord. Foto: red Foto: red

Seltsame Blüten trieb der Streit um die Erweiterung des Kulmbacher Baugebietes Forstlahm-Nord. Nach einem Pressegespräch mit Anwohnern hatte das Landratsamt als zuständige Sicherheitsbehörde einem der Veranstalter ein Bußgeld von bis zu 3000 Euro angedroht. Begründung: Es habe sich um eine öffentliche Versammlung gehandelt, die anzumelden ist. Inzwischen ist das Verfahren eingestellt.

 
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Das Areal soll um 47 Parzellen vergrößert werden, wird also künftig 90 Plätze umfassen. Die Nachbarn befürchten einen überdimensionierten Flächenfraß sowie steigende Hochwassergefahr. 80 Menschen hatten gegen die Erweiterung unterschrieben.

Am 20. April 2017 äußerten Anwohner bei einem Ortstermin erneut ihren Unmut. Die örtliche Tageszeitung „Bayerische Rundschau“ berichtete darüber. Reporter Stephan Tiroch erinnert sich: „Das war keine Demonstration, sondern ein Nachbarschaftstreffen auf dem Acker. Das war ein Pressetermin auf Wunsch der Redaktion, um sich die Örtlichkeit anzuschauen.“

Keine Entschuldigung bisher

Doch ein paar Tage später, am 24. April, flatterte beim Sprecher der Anwohner ein Brief des Landratsamtes ins Haus. Die Behörde sei durch einen Zeitungsartikel auf die „Kundgebung“ mit 30 Teilnehmern aufmerksam geworden. Der Adressat sei als Sprecher/Veranstaltungsleiter aufgetreten. Laut dem Bayerischen Versammlungsgesetz sei jeder verpflichtet, der eine Versammlung unter freiem Himmel veranstalten will, dies der zuständigen Behörde spätestens 48 Stunden vor ihrer Bekanntgabe anzuzeigen. Da dies nicht geschehen sei, könne die Ordnungswidrigkeit mit einer Geldbuße von bis zu 3000 Euro belegt werden. Der Sprecher solle zum Vorwurf Stellung nehmen. Sein Rechtsanwalt Werner Brandl schrieb, es habe sich um einen Pressetermin gehandelt, nicht um eine „Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung“. Das Landratsamt stellte das Verfahren schließlich am 28. Juni ein. Mehr als acht Wochen brauchte die Behörde für ihre Entscheidung.

Anwohnerin Gertrud Schieber hegt den Verdacht, die Stadt Kulmbach habe den kritischen Bürgern mittels der Androhung „eine vor den Latz knallen wollen“. Das sei „eindeutig Einschüchterung“. Das Landratsamt habe den Brief rausgeschickt, ohne vorher mit den Betroffenen oder dem Reporter zu reden. Schieber spricht gar von einer Strafaktion. Bislang habe es keine Entschuldigung gegeben.

Drohgebärden aus dem Rathaus?

Oberbürgermeister Henry Schramm (CSU) weist die Vorwürfe zurück. Die Stadt sei an dem Verfahren nicht beteiligt gewesen. Im Vorfeld habe es keine Kontakte mit dem Landratsamt gegeben. Auch Landrat Klaus Peter Söllner (Freie Wähler) beteuert das entsprechend. Die Sache sei ein Grenzfall, man hätte von einer Verfolgung absehen können. „Das sollte keine Einschüchterung sein“, meint Söllner.

Doch Gertrud Schieber will das nicht so recht glauben. Sie spricht von „weiteren Drohgebärden“ aus dem Rathaus. Anwohner, die auf privatem Grund Protestplakate gegen das Baugebiet aufgestellt hätten, seien mündlich von Bediensteten aufgefordert worden, die Transparente abzunehmen. Und es gebe Drohungen, dass die Anliegerstraße, die ins Neubaugebiet führt, auf Kosten der Anwohner voll erschlossen werden könnte. Das wären jeweils bis zu 20 000 Euro.

Es ist noch nicht vorbei

Schramm sieht das anders. Er schließe aus, dass im Rathaus Drohungen ausgesprochen würden. Und: Sollten von den Anwohnern weitere Hochwasserschutzforderungen kommen, sei das Erschließen der Anliegerstraße aufwendiger, dann werde die Straßenausbaubeitragssatzung greifen. Konkret: die Anwohner müssten zahlen.

Schramm versteht die Aufregung nicht. Die Erweiterung des Neubaugebietes sei vom Stadtrat einstimmig beschlossen worden, das Gremium habe die Bürgereinwendungen gewürdigt. Doch Schieber fürchtet weiter Sturzfluten. Sie will durch ein Gutachten belegen, dass Hochwassergefahr besteht. Der Kampf geht weiter.

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