Zwei dramatische Fälle kratzen an einem wachsenden Problem: Gefährliche Kräutermischungen sind ein wachsendes Problem

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Harmlose Namen, im schlimmsten Fall dramatische Folgen: Diese Tütchen mit Legal Highs – Kräutermischungen aus England oder Schottland – hat die Bayreuther Polizei in den vergangenen Wochen und Monaten sichergestellt. ⋌Foto: Waha Foto: red

Der Konsum von Kräutermischungen aus Tütchen, die im Internet als „Legal Highs“ angeboten und legal bestellt werden können, kann schlimmstenfalls tödlich enden. Zwei Fälle innerhalb kürzester Zeit haben die Drogen in Bayreuth ins Licht der Öffentlichkeit gerückt. Die Polizei warnt vor den Mischungen.

 
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Sie heißen Chief Fire Cloud, Zero Gravity oder Spice. Die Verpackungen schauen ein bisschen verrückt aus, könnten aber genauso gut Süßigkeiten enthalten. Aber: Sie sind brandgefährlich. Das zeigen auch zwei Vorfälle in Bayreuth.

Beißattacke nach Konsum einer Kräutermischung

Am Dienstag hatte ein junger Mann nach dem Rauchen einer Kräutermischung einen epileptischen Anfall bekommen. Als Polizei und Rettungsdienst in der Wohnung an der  Königsbergstraße eintrafen, lag der 25-Jährige mit Schaum vor dme Mund auf dem Boden; er musste ins Krankenhaus gebracht werden. Und in der vergangenen Woche hatte ein Mann versucht, an der Kreuzung der Wilhelm-Pitz-Straße den Verkehr zu regeln. Dann verbiss er sich in einem Passanten, der ihn von der Straße führen wollte. Auch er hatte zuvor eine Kräutermischung geraucht.

Die räumliche Nähe, sagt der Pressesprecher des Polizeipräsidiums Oberfranken, Achim Dowerg, sei wohl eher Zufall. Nicht aber die Tatsache, dass die Polizei in den vergangenen Jahren verstärkt mit den gefährlichen Kräutermischungen zu tun hat. „Es gibt einige Fälle, mit denen die Kripo befasst ist. Wir haben ein wachsames Auge auf das Thema“, sagt Dowerg auf Nachfrage.

In zwei Jahren 42 aktenkundige Fälle

Aktenkundig sind bei der Polizei 42 Fälle, 21 aus dem Jahr 2012, ebenso 21 aus dem vergangenen Jahr. Aber: „Die Dunkelziffer dürfte viel höher liegen“, sagt Dowerg. „Diese Zahl werden wir 2014 leider leicht überbieten“, sagt Harald Stadter, der bei der Polizeiinspektion Bayreuth-Stadt das Sachgebiet Ordnungs- und Schutzaufgaben leitet. „Wir sehen mit Sorge, dass die Kräutermischungen auf dem Vormarsch sind.“

Viele beschlagnahmte Tütchen mit den Kräutermischungen, zum Teil bereits aufwendig auf ihren Wirkstoffgehalt untersucht, zeigen, wie weit verbreitet das Thema aktuell in Bayreuth und Umgebung ist. Fälle wie die der beiden Männer, die ausrasten oder schwere Folgen zeigten, seien ebenso wie die von der Polizei konfiszierten Beutel allerdings nur die Spitze des Eisbergs.

Kräuter sind mit synthetischem Cannabis versetzt

Was die Drogen, die man zum Teil legal im Internet bestellen kann und die per Post hauptsächlich aus England oder Schottland geliefert werden, so gefährlich macht, beschreibt Stadter so: „Die Kräuter sind mit unterschiedlichen Substanzen beträufelt. So kann es passieren, dass eine Tüte wirkt wie ganz normaler Tabak, die nächste aus der gleichen Serie aber so stark ist, dass es kritisch wird für den Konsumenten. Niemand, nicht einmal die Hersteller, kann sagen, was wie stark wirkt.“ Hauptsächlich würden die Kräuter mit synthetischem Cannabis versetzt – „das aber zum Teil 300 Prozent stärker wirkt als normales Cannabis“, wie Dowerg sagt.

Die Polizei habe inzwischen viele Fälle dokumentiert, die zeigten, wie extrem die Menschen auf die Mischungen reagierten: Manche sind total von Sinnen, manche werden ohnmächtig. In Bamberg, sagt Dowerg, meinte im Jahr 2012 ein 14-Jähriger, er könne fliegen – und sprang aus dem Fenster. Er wurde schwerst verletzt.

Kräutermischungen zu bestellen sei bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen populär, sagt Stadter. Deshalb gilt der Appell der Polizei speziell den Eltern, die Augen offen zu halten und auf Lieferungen zu achten, die per Post kommen. Ebenso sollte in Betracht gezogen werden, dass Jugendliche Kräutermischungen geraucht haben, wenn sie plötzlich Auffälligkeiten zeigten.

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