Digitalzentrum kommt nach Bayreuth

Von Jürgen Umlauft
Markus Münch, Fachbereichsleiter Metalltechnik bei der Handwerkskammer für Oberfranken, mit einem 3D-Drucker. Foto: Frank Wunderatsch/Handwerkskammer Foto: red

Bayreuth in einer Pionierrolle: Die Handwerkskammer für Oberfranken gehört zu den bundesweit vier Standorten im neuen "Kompetenzzentrum Digitales Handwerk". Sie übernimmt damit eine Vorreiterrolle bei der Beratung von Handwerksbetrieben für die Länder Bayern, Thüringen und Baden-Württemberg; was steckt dahinter?

 
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Die parlamentarische Staatssekretärin im Bundeswirtschaftsministerium, Iris Gleicke (SPD), hat bei der Eröffnung der Internationalen Handwerksmesse (IHM) in München mitgeteilt, der Handwerkskammer in Bayreuth werde innerhalb des Kompetenzzentrums der Bereich "Digitale Produktions- und Automatisierungstechnologien" übertragen.

Das von der Bundesregierung mit 800.000 Euro geförderte Vorhaben läuft bis Dezember 2018 und baut auf den Erfahrungen der Handwerkskammer mit dem Projekt "KFZ-Service Engineering 2020" auf.

Präsident Zimmer: Wir sind Technologie-Kammer in Deutschland

"Wir sind sehr stolz darauf, dass die Handwerkskammer für Oberfranken in dem bundesweiten Projekt eine tragende Rolle bekommt", freute sich Kammerpräsident Thomas Zimmer. Man habe sich in den vergangenen Jahren bereits einen Ruf als "die Technologiekammer in Deutschland" erworben.

Fachhochschule Hof ist als Partner dabei

"Die Beteiligung am Kompetenzzentrum Digitales Handwerk ist für uns jetzt fast wie ein Ritterschlag", sagte Zimmer. Seitens der Kammer werde das Projekt von insgesamt fünf Personen betreut. Als Partner stehen die Handwerkskammer Niederbayern/Oberpfalz und im wissenschaftlich-technischen Bereich das Institut für Informationssysteme der Fachhochschule Hof zur Seite.

Hauptaufgabe ist es, im Betreuungsgebiet Handwerksunternehmen bei der Digitalisierung ihrer Geschäftsprozesse zu unterstützen, ihre Wettbewerbsfähigkeit zu stärken und neue Geschäftsfelder über die Digitailisierung zu erschließen.

Oettinger: Wer nicht mitmacht, verschwindet aus der Arbeitswelt

In einer Video-Grußbotschaft zur Eröffnung der Handwerksmesse in München forderte EU-Digitalkommissar Günther Oettinger das deutsche Handwerk auf, die Chancen der Digitalisierung stärker zu nutzen. Wer das Thema nicht aktiv angehe, werde in fünf oder zehn Jahren nicht mehr in der Wirtschafts- und Arbeitswelt sein, warnte Oettinger.

Der deutsche Handwerkspräsident Hans Peter Wollseifer räumte entsprechenden Nachholbedarf ein. Nicht umsonst sei die Handwerksmesse heuer eine Leistungsschau in Sachen Digitalisierung.

Ministerpräsident Horst Seehofer verwies auf die Bemühungen des Freistaats zum Ausbau von schnellem Internet im ganzen Land. Dies sei Voraussetzung, dass auch kleine Handwerksbetriebe die Chancen der Digitalisierung nutzen könnten.

Bayreuth entwickelt Bedarfsanalysen für Handwerksberufe

Konkret wird die oberfränkische Handwerkskammer für verschiedene Handwerksberufe detallierte Bedarfsanalysen durchführen und neue Schulungskonzepte zum Thema Digitalisierung entwickeln.

Wie Projektleiterin Johanna Erlbacher mitteilte, wird in den Räumen der Handwerkskammer in Bayreuth ein digitaler Innovationspfad aufgebaut, der Einsatzmöglichkeiten digitaler Technik in den verschiedensten Gewerken präsentiert. Dabei könnten Handwerker "sehen und fühlen", welche praktischen Möglichkeiten die Digitalisierung für sie biete, erläuterte Erlbacher.

Schulung für digitale Anfänger

Zudem werde die Kammer Schulungsmodule für digitale Anfänger, aber auch für Fortgeschrittene anbieten und Produktionsbausteine für einzelne Gewerke entwickeln.

Beispiele sind 3D-Druck-Verfahren im Schreiner- und Bäckerhandwerk, digitale Messverfahren für Maler und Zimmerer, neue digitale Anwendungen im Elektrohandwerk wie Sicherheitssysteme und "Smart-Home"-Lösungen oder die digitale Aufbereitung von Arbeitsschritten im Metallbau.

Als Ansprechpartner für praktische Anwendungen steht auch die Lichtenfelser Firma ConceptLaser GmbH zur Verfügung, einer der weltweit führenden Hersteller von Industrielaseranlagen zur Fertigung von Bauteilen aus Metallpulver.

Nach den Worten von Anne-Christine Habbel, Geschäftsführerin am Hofer Institut für Informationssysteme, geht es auch darum, den Handwerkern die Scheu vor digitalen Arbeitsschritten zu nehmen.

Vielfach herrsche dort die Angst, dass digitale Techniken den traditionellen Handwerker überflüssig machten. Ziel müsse aber sein, traditionelles Handwerk durch moderne Techniken zu ergänzen.

"Betriebe, die da nicht mitgehen, können auf lange Sicht ins Hintertreffen geraten", sagte Habbel. Auch Erlbacher meinte, kaum ein Handwerksbetrieb werde sich der Digitalisierung auf Dauer entziehen können. Die Betriebe müssten die neuen Möglichkeiten annehmen, die für sie enthaltenen Vorteile daraus ziehen und die Chance zu höherer Wertschöpfung nutzen.

Das digitale Zeitalter

Wirtschaftswissenschaftler gehen von enormen Wachstumsmöglichkeiten durch die Digitalisierung aus. Damit sie auch von Handwerksbetrieben genutzt werden können, sei es wichtig, diese bei der Einführung und Anwendung digitaler Prozesse fachlich und praxisbezogen zu unterstützen, erklärte Kammerpräsident Zimmer. Hier setze die Arbeit des Kompetenzzentrums an.

Gleicke ergänzte, das Kompetenzzentrum zeige, welche Ideen und Innovationen im digitalen Zeitalter steckten und dass digitale Produktentwicklung und moderne Fertigungsverfahren längst zum Handwerk gehörten.

 

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