Sehr geehrte Frau Oberbürgermeisterin,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

Der letzte, unter Oberbürgermeister Dr. Michael Hohl erarbeitete Haushalt bringt uns zum Ende des Jahres 2012 - bei Umsetzung wirklich aller notierten Vorhaben - einen Schuldenstand von rund 134 Millionen Euro. Damit wären wir wieder fast genau auf dem Rekordschuldenstand der Jahre 2004 und 2005.

Dieser Haushalt, der heute - spät in der Jahresmitte - zur Verabschiedung ansteht, ist, das kann man durchaus so sehen, somit auch eine Bilanz der vergangenen sechs Jahre.

Wir alle wissen: Je mehr Schulden eine Stadt macht, umso höher werden ihre laufenden Verpflichtungen für Zins und Tilgung. Und umso weniger Geld hat sie übrig, um zuerst ihre Pflichtaufgaben zu erfüllen und darüber hinaus Investitionen und freiwillige Leistungen wie Zuschüsse an Vereine zu erbringen. Gelder die weit sinnvoller angelegt sind, als Tilgungsleistungen von 5,2 Millionen Euro.

Die Stadt Bayreuth gibt also mehr Geld aus als sie einnimmt. Nicht nur das, die Stadt Bayreuth lebt von der finanziellen Substanz. Wir werden diese Situation haben, obwohl wir ungewöhnlich hohe Steuereinnahmen zu verzeichnen haben. Aufgrund der erfreulichen Tatsache, dass die Gewerbesteuereinnahmen im Jahr 2011 auf 52,7 Millionen Euro gestiegen sind, wurden im aktuellen Haushalt ebenfalls rund 53 Millionen Euro prognostiziert.

Im Gegenzug erhalten wir jedoch rund 5,3 Millionen Euro weniger an Schlüsselzuweisungen und müssen zusätzliche 4,5 Millionen Euro mehr für die Bezirksumlage zahlen. Die Summe der beiden Beträge ergibt einen Betrag von 9.8 Millionen, der uns weniger zur Verfügung steht. Unsere Gewerbesteuereinnahmen stellen die Leistungsfähigkeit der Bayreuther Unternehmen unter Beweis. Eine Leistungsfähigkeit, für die wir nicht dankbar genug sein dürfen. Hoffen wir, dass der Boom weiter anhält und sich die Prognose der Steuereinnahmen erfüllt.

Aber gerade deshalb birgt dieser Haushalt einige Risiken:

Sie, verehrte Frau Oberbürgermeisterin und Sie, Herr Rubenbauer haben ja deutlich drauf hingewiesen. Bewegen sich beispielsweise die Steuereinnahmen nicht in der gewünschten Höhe, werden wir ein erhebliches Problem haben. Es gibt Ausgaben, die wir – wie die Steigerung der Bezirksumlage auf 16,8 Millionen Euro - hinnehmen müssen. Es gibt aber auch hausgemachte Ausgabensteigerungen:

Sorgen bereitet in diesem Zusammenhang die Entwicklung der Personalkosten. Es mag sein, dass die Steigerung zu einem großen Teil durch tarifliche Erhöhungen entstanden ist.

Festzuhalten ist aber, dass die Personalausgaben seit 2006 von 54,5 auf 64 Millionen Euro angestiegen sind. Wir reden hier von einer Steigerung von zehn Millionen innerhalb von sechs Jahren. In Prozent ausgedrückt: In den vergangen sechs Jahren sind die Personalkosten um fast 20 Prozent gestiegen. Das ist allein mit Tariferhöhungen nicht zu erklären. Da ist eine ganze Menge hausgemacht.

Nehmen wir einmal als Beispiel die Wirtschaftsförderung. Aus den Personalkosten 2006 in Höhe von 151.000 Euro sind 350.000 Euro geworden. Ganz nebenbei: Der Zuschussbedarf für die WIFÖ im Jahr 2006 betrug 352.000 Euro. In diesem Jahr reden wir von 1,644 Millionen.

Doch zurück zu den Personalkosten: Insgesamt weist der Stellenplan 76,5 Stellen (!) mehr auf, als vor sechs Jahren. Unsere dringende Bitte richtet sich an die Verwaltung, die diesen Trend entgegen steuern muss. Allerdings möchte ich auch nicht verhehlen, dass auch der Stadtrat und der Personalausschuss gefordert sind, dieses Thema weitaus stärker als bisher im Auge zu behalten.

Damit meine ich nicht die Regelbeförderungen oder Höhergruppierungen bei Angestellten. Es muss aber offen und ehrlich diskutiert werden, ob diese oder jene Neueinstellung wirklich unabdingbar ist, oder ob sie sich vermeiden lässt.

Meiner Meinung nach müssen wir auch künftig schon in den Fachausschüssen neben der Notwendigkeit auch die zeitliche Abfolge - und zwar über alle Themenfelder hinweg - mehr und mehr schon unter dem Jahr vornehmen.

Richtig finde ich wünsche mir, dass die Oberbürgermeisterin angewiesen hat, dass in Zukunft bei jedem Antrag, der größere finanzielle Auswirkungen hat, zu der Beratung im Stadtrat eine Stellungnahme des Kämmerers beigefügt wird. Wir sollten nur noch dann einen Beschluss fällen, wenn die finanzielle Tragweite eines Antrags genauso diskutiert worden ist, wie die inhaltliche Absicht eines Antrags.

Problematisch sehen wir zudem die Entwicklung der Liquiditätsreserve. Schon zum Ende dieses Jahres wird sie sich um rund neun Millionen Euro verringert haben. Zum Ende des Jahres 2013, so die Prognose von Herrn Rubenbauer, wird sie nur noch 1,12 Millionen Euro betragen. Der vorliegende Haushalt ist das Ergebnis der Finanz-, Personal und Investitionspolitik der vergangenen sechs Jahre. Ich denke dies darf man feststellen. Wenn die Verschuldung zum Jahresende steigt, ist das also nicht das Verschulden der neuen Oberbürgermeisterin. Allen bereits erfolgten und künftigen Versuchen hier eine Legendenbildung zu betreiben, sollten wir bereits jetzt eine deutliche Absage erteilen.

Ein Beispiel für Kosten, die nicht hätten sein müssen, ist der Ausbau des Zentrums. Nahezu über Nacht ist im vergangenen Jahr aus dem vorgeschriebenen Bauunterhalt in Höhe von rund einer Million Euro ein Betrag von rund zwei Millionen Euro geworden. Auch dies eine Belastung der städtischen Finanzen, die nicht hätte sein müssen. Unter diesen Vorzeichen fanden wir es schade, dass der Willen zu solideren städtischen Finanzen bei den Haushaltsberatungen so wenig Beifall gefunden hat.

Zum einen lag das sicher daran, dass der Haushalt – aus welchen Gründen auch immer - erst im Juni beraten werden konnte und zu diesem Zeitpunkt ja schon viel Geld für laufende Kosten und bereits beschlossene Projekte ausgegeben wurde.

Der einzige Sparvorschlag der durchgesetzt werden konnte, war die von den Grünen beantragte Zurückstellung der Neugestaltung der Bürgerreuther Straße und der Wilhelm-von-Dietz-Straße in Höhe von rund 378.000 Euro. Von diesem Betrag blieb durch diverse Neuanträge am Ende des Tages lediglich eine Einsparung von rund 155.000 Euro übrig. Auch wenn der eingesparte Betrag in Anbetracht des Ganzen ein kleiner ist. Er war hilfreich – und es ist der richtige Weg, dass dieser "Sparbetrag" auf Antrag der Grünen zur Tilgung verwendet wird.

Positiv sehen wir, dass nach Jahren im Wartestand nun endlich Geld für die Planung zur Neugestaltung der Stadthalle eingestellt worden ist. Wichtig waren uns auch die Mittel, um die Oberfrankenhalle konzerttauglich zu machen. Sie spielt eine wesentliche Rolle für die Aufführungen anlässlich des Richard-Wagner-Jubiläums. In den Folgejahren werden dann dort hoffentlich zahlreiche Veranstaltungen und Konzerte in der Oberfrankenhalle stattfinden, wenn uns die Stadthalle wegen der Bauarbeiten nicht zur Verfügung steht.

Unter anderem lagen folgende Punkte der BG-Fraktion am Herzen und wir freuen uns, dass dafür im aktuellen Haushalt die gewünschten Mittel für die Planung oder die Durchführung bereit stehen:

- die neue Jugendherberge

- die Erweiterung der Mittelschule St. Georgen

- der weitere Ausbau der Krippenplätze

- die Zuschüsse an die Vereine

Wofür wir kein Verständnis haben, ist der Antrag über die erneute Prüfung zur Errichtung eines Kongresszentrums. Hierdurch steht möglicherweise ein Nachtragshaushalt im Raum. Nach den Worten von Herrn Rubenbauer hat die Regierung von Oberfranken klar und deutlich gesagt, dass unser Haushalt bei weiterem Kreditbedarf nicht genehmigt werden wird. Ich male hier keinen Teufel an die Wand. Die Stadt Hof konnte in den letzten Jahren wiederholt keinen genehmigungsfähigen Haushalt einreichen. Der Coburger Haushalt konnte in diesem Jahr erst nach einer zweiten Vorlage genehmigt werden.

Deshalb darf ich die deutliche Warnung der Regierung von Oberfranken noch einmal wiederholen.

"Die Stadt steht vor dem Risiko, durch eine zu expansive Haushaltspolitik die Ursachen für künftige Haushaltskrisen zu legen".

Mit anderen Worten: Wir haben zu viel Personal eingestellt, wir gehen zu viele Großprojekte gleichzeitig an und sind ein El Dorado für Gutachter und Architekten geworden, obwohl wir selbst genügend Fachleute in der Verwaltung haben.

Ein nicht genehmigter Haushalt bedeutet, dass die Stadt nur noch gesetzliche und vertraglich fixierte Ausgaben tätigen darf und ansonsten so gut wie handlungsunfähig ist.

Was bedeutet das? Schauen Sie sich den Ordner mit den freiwilligen Leitungen an: Vor jeder einzelnen Auszahlung an die Studiobühne oder andere kulturelle Einrichtungen müssen wir bei der Regierung nachfragen und detailliert begründen, ob der Zuschuss für die Institution tatsächlich lebensnotwendig ist. Es gibt keine bezuschussten Events mehr, keine kostenlosen Sporthallen für die Vereine, keine freiwilligen Übungsleiter- und Jugendförderungen, keine freiwilligen Zusatzleistungen für die Rettungsorganisationen. Das wäre die Konsequenz. Ich wiederhole es deshalb noch einmal: Angesichts unserer Haushaltssituation haben wir für den erneuten Antrag zum Thema Kongresszentrum keinerlei Verständnis.

Denn eines ist natürlich auch den Antragstellern klar: Sollte die Kongresshalle angegangen werden und wollen wir dies mit einem genehmigungsfähigen Haushalt erreichen, werden wir wohl verschiedene Projekte benennen müssen, die wir dann nicht durchführen können. Hier sind dann die Kolleginnen und Kollegen gefragt, die den Antrag unterstützen. Sie sind gefordert zu sagen, welcher Kanal, welche Straße, welche Kinderkrippe nicht gebaut werden soll, welche Investitionen in Schulen und andere Zukunftsprojekte nicht getätigt und welche freiwilligen Leistungen für eine Kongresshalle gestrichen werden sollen. Nicht glücklich sind wir mit der Entscheidung, dass die Planungskosten für eine neue Turnhalle erst im Jahr 2013 eingestellt werden sollen. Aber wir haben hier angesichts der problematischen Kassenlage keine andere Chance.

Wenn die Fraktion der Bayreuther Gemeinschaft heute diesem Haushaltsentwurf zustimmt, dann tun wir dies, weil wir diesen Haushalt bei aller Problematik noch verantwortbar halten und wir nicht wollen, dass weitere Wochen und Monate ohne Haushalt gearbeitet werden muss.

Wir gehen davon aus, dass die Vorlage für das kommende Haushaltsjahr entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen erfolgt und wir nicht wieder in die Situation kommen, erst in der Mitte des Jahres über die Finanzen der Stadt informiert zu werden. Und wir wünschen uns, dass im Laufe der nächsten Monate und Jahre bei uns allen die Einsicht einkehrt, dass man auf Dauer nur dann generationengerecht handelt, wenn wir Abstand nehmen von der Ausgabenpolitik der vergangenen sechs Jahre. Wir sind sicher, dass dann bereits der Haushalt für das Jahr 2013 nicht nur termingerecht vorgelegt wird, sondern zudem deutliche Schritte erkennen lässt, die Finanzsituation der Stadt zu verbessern.

Mein Dank, meine Damen und Herren, gilt unserem Kämmerer, Herrn Rubenbauer, aber auch seinem Team, Herrn Ludewig und den anderen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Kämmerei, die, wie wir alle wissen mehr als anstrengende Monate hinter sich haben.

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit

(es gilt das gesprochene Wort)

Stephan Müller, Fraktionsvorsitzender Bayreuther Gemeinschaft