Das sagen die Vertreter der Initiativen und der Parteien zum Ausgang am Sonntagabend Die Stimmen zu den Bürgerentscheiden

Von und Andrea Pauly
Seit Sonntagabend, 20 Uhr, steht fest: Die Graserschule wird saniert. Und die Rotmainhalle auch. Aber nicht als Ersatzspielstätte. Foto: Andreas Harbach Foto: red

Bayreuth hat abgestimmt. Zwei der drei heißen Themen der vergangenen Monate sind entscheiden: die Graserschule wird im Bestand saniert, es wird nicht neu gebaut. Und die Rotmainhalle wird nur saniert, nicht aber zur Ersatzspielstätte während einer Sanierung der Stadthalle. Hier lesen sie, was die Vertreter der Bürgerinitiativen sagen, die Vertreter aus dem Stadtrat und andere Betroffene.

 
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Bürgerentscheid zur Graserschule

Andreas Enders ist nach einem Tief am Nachmittag am Sonntagabend ganz obenauf. Seine Initiative „Rettet die Graserschule“ hat erreicht, was sie wollte: die Sanierung der Graserschule wird kommen, der Neubau ist abgelehnt. „Wir sind von Euphorie getragen“, sagt Enders am Sonntag im Gespräch mit unserer Zeitung. „Bis auf die schwache Wahlbeteiligung ist alles gut. Vor allem, weil das Ergebnis in dieser Deutlichkeit sicher nicht absehbar war.“

Enders sagt, der Stadtratsbeschluss im Oktober, in der sich der Stadtrat deutlich positioniert hatte – in Richtung Neubau der Graserschule – sei „einfach falsch gewesen. Das sagte mir mein Bauchgefühl. Das sagten mir auch die Leute auf der Straße. Deshalb haben ich das Bürgerbegehren auch mit angezettelt.“ Dass jetzt die Mehrheit derer, die zur Wahl gegangen sind, für eine Sanierung der Graserschule gestimmt haben, sorge bei den Graserschul-Rettern für eine gute Stimmung. „Wir trinken jetzt noch eins auf das Ergebnis oder sind schon dabei. Wir sind mega-happy.“ Als sich am Nachmittag abzeichnete, dass die Wahlbeteiligung schwach werden würde, sei er „erst einmal in ein Loch gefallen“, sagt Enders. Denn die Sorge sei groß gewesen, dass das Quorum möglicherweise nicht erreicht würde, dass doch der Neubau kommen. „Obwohl wir im Vorfeld schon geglaubt haben, dass wir es schaffen. Denn es sind viele Menschen auf uns zugekommen, die uns ermutigt haben, die gesagte haben, dass sie genauso denken wie wir.“ Das, sagt Enders, habe die Initiative immer wieder bestärkt, dass „wir damit auf dem richtigen Weg sind“. Überrascht, sagt Enders, sei er vom Ausgang des anderen Bürgerbegehrens zur Rotmainhalle.

Stefan Specht, der Fraktionsvorsitzende der CSU im Bayreuther Stadtrat, hält mit seiner Meinung nicht hinter dem Berg: „Das ist kein guter Tag für die Stadt“, sagt er im Gespräch mit unserer Zeitung. Specht ist da gerade auf dem Weg ins Rathaus, hat die ersten Ergebnisse daheim mitbekommen. Die ersten Hochrechnungen sollten sich bestätigen. Nicht nur bei der Rotmainhalle. Dieses Ergebnis stelle die Stadt „vor ein echtes Problem“.

Die Entscheidung der Bürger, die Graserschule zu sanieren, nennt der CSU-Fraktionsvorsitzende „bizarr. Gerade vor dem Hintergrund, dass überall in Deutschland mehr in Bildung, in Kindergärten und Schulen investiert wird. Und in der Stadt, die kinderfreundlichste Stadt Deutschlands werden will, ist das offenbar nicht erwünscht. Das ist schade, wir hätten gerne mehr für die Kinder gemacht.“ Die Argumente, die in der konstruktiven Arbeit der Mehrheit des Stadtrats gefunden worden seien für den Neubau, seien beim Bürgerentscheid von „einer Entscheidung aus dem Bauch heraus“ gekippt worden, sagt Specht.

Der Bürgerentscheid ist bindend, für ein Jahr. Er gehe nicht davon aus, dass der Stadtrat noch einmal einen Vorstoß in Richtung Neubau machen werde. „Wir werden uns jetzt dem Willen entsprechend mit der Sanierung befassen.“ Das bedeute, dass die Schule keinen grünen Pausenhof bekommen werde, keine großen Außenspielflächen wie sie beim Neubau möglich gewesen wären.

Dass das Ergebnis die Position der Oberbürgermeisterin stärken werde, glaubt Specht nicht. „Sie hat sich weitgehend herausgehalten, obwohl es ihre Aufgabe gewesen wäre, die Mehrheitsmeinung des Stadtrats zu unterstützen.“

Interview mit dem Rektor der Graserschule

Andreas Huber ist der Rektor der Graserschule. Er hätte sich ein anderes Abstimmungsergebnis gewünscht, sagt er am Sonntagabend, nachdem das vorläufige amtliche Endergebnis des Bürgerentscheids feststeht.

Herr Huber, was sagen Sie denn zu dem Ergebnis?

Andreas Huber: Zuerst einmal gratuliere ich der Initiative, dass sie ihr Ziel erreicht hat. Und ich freue mich, dass eine Entscheidung getroffen wurde. Auch wenn es nicht die Entscheidung ist, die ich mir erhofft hatte. Allerdings ist es im Endeffekt das Ergebnis, das sich erwartet hatte. Denn es gab viele Gespräche im Vorfeld, aus denen ich Bauchgefühl bei der Entscheidung herausgehört habe. Weniger Sachargumente. Was jetzt aus meiner Sicht wichtig ist: Dass alle in die Richtung denken, die abgestimmt wurde. Dass es keine unterschiedlichen Strömungen mehr gibt, sondern ein Ziel, nämlich in Richtung der Sanierung der Schule.

Was muss jetzt passieren, dass es weitergeht für die Graserschule?

Huber: Ich hoffe, dass jetzt ganz schnell Gespräche geführt werden. Gespräche, an denen die Stadt Bayreuth, die Schulleitung, die Lehrer und die Mitglieder des Elternbeirats teilnehmen können. Denn derartige Gespräche sind bislang kaum geführt worden. Dann müssen ganz schnell Pläne auf den Tisch kommen, anhand derer man etwas entwickeln kann. Dazu gehört, dass man bei der Begrünung, was machen kann, dass man beispielsweise das Dachgeschoss der Schule mit einbeziehen kann in die Planungen.

Gehen Sie davon aus, dass man bei der Sanierung das gleiche Ergebnis, die gleiche Qualität schaffen kann, wie man es bei einem Neubau hätte erreichen können?

Huber: „Das ist tatsächlich eine schwierige Frage. Ich denke aber, dass man eine sehr hohe Qualität erreichen kann, wenn man entsprechend viel Geld in die Hand nimmt. Und wenn man das, was man anpacken will, richtig macht. Dazu gehört, dass es die Möglichkeit gibt, eine Aula anzubauen, eine Mensa. Dazu gehört natürlich auch, dass man den Pausenhof in Richtung Parkplatz erweitert. Dass man den Schallschutz im Vergleich zu dem, was bislang gemacht wurde.Bestimmte Dinge aber werden sicher im Altbau nicht gehen. Etwa die Abkehr vom System der langen Flure, von denen die Klassenzimmer abgehen. Wir können auch keine offenen Lernzonen schaffen, in denen sich alle begegnen können, weil wir aufgrund der Feuerschutzbestimmungen genau genommen ja nicht einmal Schultische vor den Klassenzimmern in die Flure stellen dürften. Das wird im Vergleich zu einem Neubau sicher schwieriger.

Bürgerentscheid zur Rotmainhalle

Alexander Trendel, Mitinitiator der Bürgerinitiative „Rettet die Rotmainhalle“: „Das ist ja wunderbar“, freut sich Alexander Trendel, als alle Wahlbezirke ausgezählt sind. „Wir haben gebangt bis zum Schluss.“ Die Überraschung über den Erfolg ist Trendel im Gespräch deutlich anzumerken. „Wir müssen das erst mal verdauen“, sagt er. „Aber eins ist klar: Das spricht für die Bayreuther und für die Stadt.“

Das entscheidende Argument? „Die Vernunft der Bürger“, sagt er. Die Mitglieder der Bürgerinitiative, die gegen die Rotmainhalle als Ersatzspielstätte gekämpft haben, hätten in vielen Gesprächen immer das Gleiche gehört: „Das passt einfach nicht zusammen. Die Rotmainhalle als Theaterstätte, das funktioniert nicht.“ Das Ambiente des Gebäudes passe nicht als Konzertsaal. Außerdem gefielen den Menschen, die sich gegen die Doppelnutzung aussprachen, die Sanierungspläne der Stadt nicht: „Sanierung, ja. Aber nicht in der Form, wie sie die Stadt anstrebt. Die halten wir für überzogen.“ Dass die Entscheidung über die Rotmainhalle als Ersatzspielort überflüssig gewesen sei, weil es mit der Schlossgalerie eine Alternative für den Wochenmarkt für die Zeit des Umbaus gibt, lässt er nicht gelten: „Da habe ich meine Zweifel.“

Trendel macht seinen Respekt deutlich – für alle, die beim Bürgerentscheid waren, egal für welche Seite. Sie hätten von ihrem Recht zur direkten Demokratie Gebrauch gemacht. „Jetzt appellieren wir an die Stadt, den Willen der Bürger auch umzusetzen.“ Zugleich müsse die Stadt aber auch sicherstellen, dass für die Kultur ein geeigneter Spielort gefunden werde.

Wilfried Laudel von den Kulturfreunden ist getroffen: „Diese Entscheidung wird dazu führen, dass die Kultur aus Bayreuth verschwindet.“ Er sieht schwarz für Theater und Konzerte in der Stadt. „Wir werden uns verkleinern müssen und die Leute werden nach Bamberg, vielleicht sogar nach Nürnberg abwandern. Und wenn sie einmal weg sind, ist es sehr schwer, sie wieder zurückzugewinnen“, sagt er. Er ist überzeugt: Die Entscheidung gegen die Ersatzspielstätte ist gefallen, weil sich die Leute nicht genügend informiert haben: „In vielen Gesprächen habe ich gemerkt, dass viele Leute gar nicht mitbekommen haben, dass es zwischendurch bedeutende Veränderungen gab“, verweist er auf die Alternative für den Wochenmarkt. „Ich sehe das als eine schlechte Informationspolitik der Stadt.“ Außerdem sei die Thematik bei Bürgerentscheiden oft sehr emotional. „Da haben viele mitgestimmt, die die Problematik gar nicht richtig verfolgt haben.“

Er habe Sorge, wie es in Zukunft weitergehe. Die Stadt müsse Alternativen suchen. Mit dem Reichshof könne eine Kooperation doch noch möglich sein, „das ist doch gar nicht richtig ausgelotet worden“. Die Angst, dass sich zwei Spielstätten gegenseitig Konkurrenz machen, sei unbegründet – eine gute setze sich immer gegen die schlechtere durch. Der Reichshof sei bei vielen Bayreuthern beliebt. „Jetzt muss man sich auf die Orte besinnen, die da sind.“ Allerdings sei das alte Kino in der Maxstraße für große Orchesterbesetzungen auch zu klein. Die Oberfrankenhalle hingegen wäre in seinen Augen schon geeignet. „Aber da gibt es keine freien Termine.“

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