Moralisch-philosophische Themen
Zu ihrer Zeit wurde im Unterricht über moralisch-philosophische Themen diskutiert – und das auch außerhalb des Unterrichts. Ein Lehrer bat abends zur Diskussionsrunde im Pfarrhaus, wenn der Lehrstoff nicht mehr Zeit für Meinungsaustausch ließ. Das macht für Birnmeyer einen guten Lehrer aus, wenn die Schüler sich ernst genommen fühlen.
Aber diesen Ansatz in ihrem Unterricht zu verfolgen, das sei fast unmöglich. „Wir haben eine Stunde Sozialkunde in der Woche im Regelbetrieb, da herrscht ein großer Zeitdruck, um an genug Noten zu kommen und den Stoff durchzunehmen.“ Und auch das fehlende Reifejahr für die Schüler macht sich in der Oberstufe bemerkbar.
Druck der Eltern und der Politik
„Es ist einfach ein Unterschied, ob du Goethes Faust Anfang der elften oder in der zwölften Klasse liest. Die Schüler haben kaum noch Zeit und Motivation, sich mit Problemstellungen sowie schwierigen Lektüren wirklich auseinanderzusetzen und zum Beispiel Übungsaufsätze zu schreiben“, erzählt Birnmeyer. Es wählen immer mehr Schüler nach der Grundschule das Gymnasium, die in anderen Schulen ihrer Meinung nach besser aufgehoben wären. „Gerade die Schüler, die praktisch veranlagt sind, haben auch auf dem zweiten Bildungsweg die Chance, ganz nach oben zu kommen.
Aber durch den Druck der Eltern und der Politik, dass man ohne Abitur angeblich keine guten beruflichen Chancen hätte, gehen immer mehr auf das Gymnasium. Das hat aber auch mit einem gesellschaftlichen Wandel zu tun“, sagt Birnmeyer. Zu dem Wandel zähle auch die Digitalisierung, diese werde aber im neu ausgearbeiteten Lehrplan für das G 9 berücksichtigt, indem zum Beispiel multimediale Herangehensweisen eingeführt werden. Trotzdem bestehe die Gefahr, dass auch der neue Lehrplan zu viel Stoff beinhalte, der dann nicht entsprechend eingeübt und vertieft werden könne.
Anzahl der Prüfungsfächer ist gestiegen
Die Anzahl der Prüfungsfächer ist gestiegen. Die Anforderungen seien, was die Prüfung prinzipiell anbelangt, gleich geblieben. So wisse man vor einer großen Prüfung nie, ob man gut genug vorbereitet sei oder wie man die Nervosität in den Griff bekomme. Abitur bedeutet jetzt für Simone Birnmeyer nicht mehr lernen, sondern korrigieren.
Dieses Jahr hat sie zum ersten Mal kein schriftliches Abitur korrigiert, sonst gehen für ein Deutsch-Abitur mindestens zwei Stunden drauf. Abi-Zeit bedeutet also vor allem eines: Termindruck und damit Zusatzschichten schieben, auch nachts. Ihre drei Kinder müssen dann zurückstecken, weil zusätzlich der normale Unterricht auch vorbereitet werden muss. Aufgeregt ist sie außerdem.
„Wir fiebern mit den Schülern mit und hoffen, dass das abgeprüft wird, was wir durchgenommen haben. Wir sehen ja vorher die Aufgaben, das ist ein spannender Moment. Die mündlichen Prüfungen bereiten wir selbst vor, aber trotzdem hoffe ich als Lehrerin natürlich, dass der Prüfling sein Wissen abrufen kann und auch die Schwierigkeiten meistert.“
Ein schöner Moment aus Lehrersicht ist für Birnmeyer, wenn die Schüler bestanden haben und die Tage danach lachend durch das Schulhaus laufen. „Bis zur Rede der Abiturienten ist die Anspannung sehr groß. Es wurden in der Vergangenheit dort manchmal Dinge gesagt, die meines Erachtens unter vier Augen hätten geklärt werden müssen“, so Birnmeyer abschließend.