Zimmer: Viele junge Leute zu lange in der Orientierungsphase Die OECD würdigt den Meister

Von Elmar Schatz
Die OECD würdigt die berufliche Ausbildung in Deutschland, wie hier bei der Schwede Maschinenbau GmbH Goldkronach. Foto: Archiv/Andreas Harbach Foto: red

Die OECD würdigt endlich die Stärken des deutschen dualen Systems - und schaut nicht nur auf die Akademiker. Oberfrankens Handwerkskammerpräsident Thomas Zimmer freut sich: "Das ist eine wirklich schöne, positive Nachricht und eine Anerkennung der beruflichen Bildung." Aber eines macht ihm Sorge.

 
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Der Handwerkspräsident: „In Deutschland hängen 270 000 junge Leute im Übergang von Schule und Beruf fest. Da frage ich mich, ob das System richtig greift.“

Diese Jugendlichen hätten die Schule schon vor zwei bis drei Jahren verlassen und würden von der Jugendberufshilfe aufgefangen. Von Praktikum zu Praktikum suchten sie nach ihrem Traumberuf. Sehr viele gewöhnten sich nur schwer an die Struktur im Arbeitsleben.

Zimmer fordert von der Politik, mehr Geld für die zur Ausbildung nötige neueste Technik. In Bayreuth müsse zum Beispiel die Berufsschule renoviert und saniert werden.

OECD: Herausragende Stärke des deutschen Bildungssystems

Sehr anerkennend äußert sich jetzt die OECD, die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, über das deutsche duale System der Berufsausbildung. Der reibungslose Übergang von der Ausbildung in den Beruf sei die „im internationalen Vergleich herausragende Stärke des deutschen Bildungssystems“, sagte Andreas Schleicher, Direktor für Bildung bei der OECD, am Donnerstag in Berlin bei der Vorstellung der internationalen Vergleichsstudie „Bildung auf einen Blick“.

So seien nur 8,6 Prozent der 15- bis 29-Jährigen ohne Lehrstelle oder erwerbslos – womit Deutschland eine Spitzenposition unter den Industrieländern einnehme. Nur in Island und den Niederlanden seien es weniger.

In Deutschland mehr Menschen mit höherem Abschluss

Ausdrücklich würdigt die OECD diesmal, dass in Deutschland die Zahl der Menschen mit höherem Abschluss – beispielsweise Handwerksmeister oder Hochschulabschluss – von 22 Prozent im Jahr 2005 auf 30 Prozent im Jahr 2015 gestiegen sei. Damit hinke Deutschland im internationalen Vergleich aber immer noch hinterher. Im OECD-Mittel stieg der Anteil im gleichen Zeitraum von 32 auf 42 Prozent.

Die OECD bemängelt den immer noch hohen Anteil an jungen Menschen in Deutschland, die ohne Schulabschluss und berufliche Bildung dastehen. Bei den 25- bis 34-Jährigen liege er bei 13 Prozent und habe sich in den vergangenen Jahrzehnten kaum verändert.

In vielen anderen Ländern habe der Anteil der Geringqualifizierten in den letzten 30 Jahren hingegen deutlich gesenkt werden können; in Österreich von 23 auf zehn Prozent.

1,9 Millionen Menschen in Deutschland zwischen 20 und 34 Jahren hätten keine Berufsausbildung, erklärt die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW).

IHK-Präsident Trunk: Zahl der gelösten Ausbildungsverträge rückläufig

In Oberfrankens Handwerk hat sich die Quote der aufgelösten Lehrverhältnisse, die sogenannte Lösungsquote, kaum verändert, von 14,2 Prozent im Jahr 2014 auf 14,7 Prozent im Jahr 2015, teilt Handwerkskammer-Hauptgeschäftsführer Thomas Koller mit. Die Hälfte davon erfolge während der viermonatigen Probezeit beziehungsweise im ersten Lehrjahr.

Die Lehre werde aber häufig in einem anderen Betrieb, oft im gleichen Beruf, fortgesetzt. Positiv sei, dass 86,2 Prozent der Auszubildenden im vergangenen Jahr die Abschlussprüfung bestanden hätten, 2014 seien es 85,1 Prozent gewesen, sagt Koller.

Im Bereich der IHK für Oberfranken Bayreuth wurden vergangenes Jahr insgesamt 669 Lehrverträge nach Ausbildungsbeginn wieder gelöst, 2014 waren es noch 912 Fälle. „Insgesamt ist die Zahl der gelösten Ausbildungsverträge rückläufig“, so IHK-Präsident Heribert Trunk, „das ist nicht zuletzt auch darauf zurückzuführen, dass immer mehr Schüler ein Praktikum machen und so frühzeitig feststellen, ob ihnen ein Beruf oder ein bestimmtes Unternehmen liegt.“

Zu Schulabbrechern an Gymnasien und Realschulen erklärt Andreas Ofenbeck, ein Sprecher des bayerischen Kultusministeriums: Schülerinnen und Schüler, die nicht mehr wiederholen dürfen und ihre Schule verlassen müssen, haben die Möglichkeit, den qualifizierenden Abschluss zu machen. 2015 wurden an oberfränkischen Gymnasien sieben und an Realschulen 17 Abgänger registriert.

168 Mittelschüler verließen im Jahr 2014 in Oberfranken die Schule ohne Abschluss, teilt Heike Hampl, Pressesprecherin der Regierung von Oberfranken, mit.

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