Landwirtsehepaar Zapf hört voller Wehmut auf - "Wir wollen nicht umsonst arbeiten" Die letzte Milchkuh wird verkauft

Von Peter Engelbrecht
Renate und Hans Zapf aus Seidwitz verkaufen ihre Milchkühe - der Milchpreis ist im Keller. Foto: Ralf Münch Foto: red

Renate Zapf muss schlucken. "Das ist nicht schön. Da dreht es einem den Magen um, wenn man in den Stall geht", sagt die 53-jährige Milchbäuerin aus Seidwitz. Sie und ihr Mann Hans Zapf verkaufen ihre 50 Kühe, hören mit der Milch auf - es rechnet sich nicht mehr.

 
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Das Ehepaar Zapf hielt 34 Jahre lang Milchkühe - mit Leib und Seele. Doch nun ist Schluss. "Bei den gesunkenen Milcherzeugerpreisen rentiert sich das nicht mehr. Man muss beim Melken ja noch Geld mitbringen", klagt Renate Zapf. Die genossenschaftliche Bayernland-Käserei in Bayreuth zahlte im April aufgrund des Überangebots nur noch einen Erzeugerpreis von 25,2 Cent pro Liter. Notwendig wären aber mindestens 40 Cent pro Liter, um profitabel wirtschaften zu können.  "Wir wollen nicht umsonst arbeiten", sagt Hans Zapf.

Lager statt Kuhstall

Die Eheleute entschlossen sich zum konsequenten Handeln. Am Mittwoch hatten sie im Nordbayerischen Kurier eine kleine Anzeige geschaltet: "Wegen Aufgabe der Milchkuhhaltung: Verkaufen frischmelkende und trächtige Kühe". Den ganzen Vormittag klingelte das Telefon. Wenn alle Kühe verkauft und die Kälber großgezogen sind, wird der Stall leerstehen -  Lagerraum oder Unterstellmöglichkeit, lautet die Option. Neben gesundheitlichen Problemen hat der niedrige Milchpreis die Entscheidung zum Aufhören beschleunigt. Die Eheleute reden offen über das Ende des Familienbetriebes, die drei Töchter hatten kein Interesse an der Landwirtschaft. Wenn die Zapfs mit dem Milchvieh aufgehört haben, wird es im Dorf Seidwitz bei Creußen nur noch einen Milchbauern im Vollerwerb geben.  

Unter den besten Erzeugern in Oberfranken

Dabei war der Betrieb spitze. Mit einer durchschnittlichen Leistung von 9000 Litern Milch pro Kuh und Jahr gehörte die Familie zu den besten Erzeugern in Oberfranken und lag weit über dem bayerischen Durchschnitt. Natürlich nagt das Ende der Milchkühe auch an Hans Zapf. "Wir haben jetzt erst ein paar leere Plätze im Stall. Wie wird es sein, wenn überhaupt nichts mehr drin steht?", fragt er sich nachdenklich. Die Arbeitszeit spielte ihn nie eine Rolle. Wenn es sein musste, wurde nachts bis 22 Uhr gewerkelt. Doch ein bisschen Arbeit bleibt: Die Bauernfamilie will weiter Ackerbau betreiben, Mais, Brotgetreide und Raps will der 59-jährige Hans Zapf bis zur Rente angebauen. Bauer bleibt  Bauer, er kann es nicht lassen.

Jede Kuh hat einen Namen

15 der 50 Kühe bringen keine entsprechende Milchleistung mehr, müssen in den Schlachthof. Einige der Kühe gehen an Berufskollegen in der näheren und weiteren Umgebung oder auf den Zuchtviehmarkt in Bayreuth, werden also weiter Milch produzieren. Und Hans Zapf sagt auch, dass die Tiere quasi Familienanschluss hatten. Jede Kuh hat einen Namen, und das Ehepaar kennt jede Kuh mit Namen. Doch Gudrun, Gilda, Gretel und Berta müssen bald raus.

Einige Interessenten schauten sich gestern Nachmittag um. "Diese Kuh mit guter Leistung passt gut in meinen Stall", freut sich ein Käufer aus dem Landkreis Bayreuth, der sie gleich auf dem Anhänger mitnimmt. Zwei andere Bauern sagen, die Tiere seien bei ihnen gut aufgehoben: "Es wäre doch schade, wenn sie auf dem Schlachthof landen würden".       

Rund 100 Milchbauern haben aufgehört

Wie ist die Situation im Regierungsbezirk? Nach Angaben des Rinderzuchtverbandes Oberfranken haben rund 100 Milchbauern im Jahresvergleich aufgehört. Die Zahl der Milchkühe sei mit rund 90 000 in etwa konstant geblieben, sagt Zuchtleiter Markus Schricker. "Die Milchkrise macht den einen oder anderen Bauern schon nachdenklich, ob er in 15 bis 20 Jahren noch investieren soll." Ein Jahr mit schlechten Milcherzeugerpreisen könne ein durchschnittlicher Betrieb wegstecken, "aber irgendwann geht es an die Substanz". Viele Betriebe leben laut Schricker bereits von der Rücklagen. "Die Zahl der Milchviehhalter wird sich auch in Zukunft nach unten bewegen, die Zahl der Kühe wird konstant bleiben", lautet seine Prognose. Der Stall ist Seidwitz wird nicht der letzte sein, der leergeräumt wird. 

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