Eltern beschweren sich über rabiate Erziehungsmethoden – Leiterin  freigestellt Die "Hölle" im Kindergarten

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Viel Ärger gibt es zurzeit im Pegnitzer Wiesweiherkindergarten. Foto: Trenz Foto: red

„Hölle“ statt Kinderparadies? Es sind heftige Vorwürfe gegen Henrike S., die Leiterin des evangelischen Kindergartens „Zum guten Hirten“ in Pegnitz. Drakonische Strafen und eine Erziehung wie im vorigen Jahrhundert. Und das seit mindestens zehn Jahren. Die Kirche schweigt, spricht von einem „laufenden Verfahren“. Die Leiterin ist seit Mittwoch freigestellt, nach Kurier-Informationen sind zwei neue Mitarbeiterinnen vor Ort.

 
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Mehrere Eltern hatten sich über S. beschwert, gingen sogar zu Polizei. Eine Anzeige aber liegt dort nicht vor, wie die Polizeiinspektion Pegnitz mitteilte. Nach Informationen dieser Zeitung trat der Kirchenvorstand am Dienstagabend zu einer Sitzung zusammen. Am Mittwochmorgen bereits war S. freigestellt. Weder Elternbeiräte noch Mitglieder des Kirchenvorstands wollten sich zu den Vorgängen äußern.

Aber es sei „etwas in Gang“ gebracht, sagt Gerlinde Lauterbach. Sonst sagt die evangelische Pfarrerin nicht viel. „Keine Info.“ Die Frage, ob ein Anwalt eingeschaltet ist, möchte sie nicht beantworten. Auch nicht die Frage, ob die Leiterin mit Konsequenzen zu rechnen habe. Das Wohl der Kinder stehe an allererster Stelle, sagt Lauterbach, „bei allem, was wir tun“.

Dass das Wohl der Kinder in den vergangenen Jahren nicht immer an erster Stelle gestanden habe, sei eine „ketzerische“ Behauptung. Dem Kurier liegen aber Aussagen vor, dass die Pfarrerin bei einer Teambesprechung sehr wohl die Zustände im Kindergarten heftig kritisiert habe. Es sollen auch Gespräche mit ehemaligen Mitarbeiterinnen geführt worden sein. Viele hätten dabei über die psychische Belastung im „guten Hirten“ geklagt. Manche haben, so war zu erfahren, den Lebenstraum Erzieherin sogar ad acta gelegt.

Worum geht es? Angeblich um Methoden, die besser auf einen Kasernenhof passen würden. Kinder der Gruppe der Leiterin durften nach Kurier-Informationen solange beim Essen nicht aufstehen, bis sie fertiggegessen hatten. Auch wenn das Stunden dauerte. Es gab auch andere Strafen: In einem dunklen Zwischenraum mussten Kinder in einer Ecke lange stehend ausharren, wenn sie etwas „angestellt“ hatten. Es gibt Eltern, die berichten, dass die Kinder nach solchen Erlebnissen zu Hause nichts mehr essen wollen.

Dem Kurier liegen Aussagen vor, dass sich Kinder auch weigern, in den Kindergarten zu gehen. Wenn sie es doch tun, soll es vorkommen, dass sie verstört und fast aggressiv nach Hause kommen. Auf Nachfrage habe S. geantwortet: „Das ist nur eine Phase, das wird schon wieder.“ Bei einem Vierjährigen soll das so weit gegangen sein, dass er sich wieder einnässt. In diesem Fall haben die Eltern ein psychologisches Gutachten in Auftrag gegeben.

Wenn das alles so stimmt, hätten in den letzten Jahren alle Beteiligten das Vorgehen im Kindergarten gedeckt: Kirche, Dekanat, Erzieher und Elternbeirat. Weshalb das Schweigen? Der Vorsitzende des Elternbeirates, Andreas Beil, weiß nichts von den Vorwürfen. Am Montag habe es ein Probe-Essen gegeben, mit der Leiterin und dem Dekan. Kein Wort fiel.

S. arbeitet seit 16 Jahren im Kindergarten „Zum guten Hirten“, davor war sie in der Lohe-Siedlung. Viele Pegnitzer Kinder hatte die Endfünfzigerin in ihrer Obhut. In dieser Zeit, betonte sie gegenüber dem Kurier, habe es nie Klagen über sie gegeben. Auch Eltern von Kindern würden ihre Arbeit loben. S. kennt die Vorwürfe nicht, weswegen sie freigestellt worden ist. „Mir ist nichts gesagt worden“, sagte sie, „ich kenne keine Vorwürfe“. Darüber reden möchte sie nicht gern. Ihr bleibt nichts übrig als abzuwarten. „Ich hoffe, dass ich wieder arbeite. Ich bin mir keinerlei Schuld bewusst.“

Dekan Gerhard Schoenauer war gestern für eine Stellungnahme leider nicht erreichbar.

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